Blutlinien - Koeln Krimi
schreckte zurück, ließ den Ausweis fallen und riss instinktiv ihre Pistole aus dem Holster.
Lachend hob Michel die Hände. »Hey, ich bin’s! Kein Grund zur Panik.«
»Bleib stehen!«, schrie Maline, richtete die Waffe auf Michel, den Zeigefinger am Abzug. »Keinen Schritt weiter.«
»Ganz ruhig, Maline, okay? Ich habe ein Geräusch gehört, mir das Messer geschnappt und wollte nur nach dem Rechten sehen.« Er machte einen Schritt auf sie zu.
Maline hielt die Pistole mit beiden Händen und zielte weiterhin auf Michel. »Bleib stehen. Ich schieße. Wirklich.«
Er zeigte sich unbeeindruckt und kam näher. »Hier stinkt doch irgendwas total zum Himmel.«
»Das denke ich auch.« Maline deutete mit dem Kinn auf den Schuhkarton mit den Ausweisen.
Michel blieb stehen. »Die Sachen sind aus Clemens’ Garage.«
Maline glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. »Clemens? Du meinst Lous Freund?«
Michel nickte.
»Du spinnst doch!«
»Ich weiß ja auch nicht, was das zu bedeuten hat«, sagte Michel. »Ich habe sie zufällig entdeckt, als Wilson und ich die Vespa für Frieda abgestellt haben. Ich hab eine Zange gesucht.«
»Und warum hast du nichts gesagt? Solche Sachen übergibt man ja wohl der Polizei, oder nicht?«
»Ich wollte Clemens Gelegenheit geben, sich dazu zu äußern.«
»Du lügst doch! Keine Ahnung, was in deinem kranken Hirn vorgeht, aber du legst das Messer jetzt auf den Boden. Sofort!«
Michel gehorchte, er wirkte ängstlich. »Ich verstehe dich nicht. Was ist denn los mit dir? Warum sollte ich lügen? In Clemens’ Garage sind noch mehr Sachen. Brieftaschen. Handys. Pumps, eine Mülltüte mit Frauenklamotten und auch noch mehr Ausweise. Sie liegen zusammen mit Schlössern in alten Bikersatteltaschen. Ich glaube, Clemens hat sie von der Brücke am Dom entfernt, weißt du … diese Liebesschlösser. Fahr doch hin, wenn du mir nicht glaubst.«
Maline stutzte. Die Sache mit den Ausweisen war inzwischen von der Presse breitgetreten worden, aber von Frauenschuhen, Handys oder Geldbörsen war nie die Rede gewesen, geschweige denn von den gestohlenen Schlössern. Niemand aus der MK »Messer« hatte bisher einen Zusammenhang zwischen den Morden und den Schlössern hergestellt, folglich war dazu auch nichts in die Öffentlichkeit gegangen. Entweder sagte Michel die Wahrheit, oder hier stand der Täter.
»Ich lüge nicht«, beteuerte er erneut.
»Gib mir dein Handy!« Maline streckte die linke Hand aus, ohne die Pistole zu senken. »Und denk daran, eine falsche Bewegung, und ich schieße.«
Köln-Bilderstöckchen, Escher Straße
Blaulicht. Überhöhte Geschwindigkeit. Mit irrsinnigem Tempo folgte Ben einem Funkstreifenwagen über den Parkgürtel Richtung Ehrenfeld. Ein weiteres Fahrzeug klebte fast an ihrer hinteren Stoßstange. Lou saß neben Maline auf dem Rücksitz.
»Ich finde es unverantwortlich, dass du aus dem Krankenhaus abgehauen bist«, wetterte Maline. »Du bist doch gar nicht richtig einsatzfähig!«
»Fang bitte nicht wieder damit an«, sagte Lou und klang genervt.
»Wirklich, du solltest nicht in diesem Auto sitzen.« Ben drehte sich zu ihr um. »Mir wäre auch wohler, wenn dich die Kollegen in die Klinik zurückgebracht hätten.«
Lou verschränkte die Arme vor der Brust und starrte aus dem Fenster. Die letzten Stunden hatte sie wie in Trance erlebt. Einiges deutete darauf hin, dass Clemens der Serientäter war, nach dem sie suchten. In Gedanken ging sie Situationen durch, die sie gemeinsam erlebt hatten, suchte nach Hinweisen, die Clemens entlasteten. Sie fand Ungereimtheiten, denen sie sich nicht verschließen konnte. Geheimniskrämereien, aber auch handfeste Lügen, und außerdem waren sie zu keinem der Zeitpunkte zusammen gewesen, an denen die schrecklichen Taten verübt worden waren, was nicht bedeutete, dass er kein Alibi hatte. Aber sie konnte ihm keins geben.
»Du bleibst auf jeden Fall gleich im Auto«, befahl Ben.
»Aber …«
Er drehte sich zu Lou um. »Keine Widerrede. Ansonsten halte ich direkt an und schmeiße dich raus.«
»Ist ja gut.« Lou holte Luft. »Ich bin wirklich fassungslos. Clemens hat mich ganz offensichtlich belogen, und er ist in gewisser Weise undurchsichtig, aber ein Serientäter … ich kann mich doch nicht dermaßen getäuscht haben.«
Maline legte eine Hand auf Lous Arm. »Michels Angaben waren sehr detailliert und lassen sich leicht überprüfen. Und ich finde es auch plausibel, dass er unsicher war, weil er die Sachen aus Clemens’ Garage
Weitere Kostenlose Bücher