Blutmale
trennen.«
»Ich bin nicht diejenige, die ständig seinen Namen aufs Tapet bringt. Bleiben wir doch bitte beim Thema, okay? Joyce
P. O'Donnell und die Frage, warum der Mörder gerade sie an
gerufen hat.«
»Wir können nicht sicher sein, dass es der Täter war .«
»Mit O'Donnell zu reden ist für diese Perversen doch zehnmal besser als jeder Telefonsex. Sie können ihr ihre abartigsten Fantasien erzählen, und sie lauscht ihnen begierig und bettelt um mehr, während sie sich ihre Notizen macht. Deswegen dürfte er sie angerufen haben. Um mit seiner Hel dentat anzugeben. Wenn es ihm darum ging, ein offenes Ohr zu finden, musste seine Wahl zwangsläufig auf sie fallen. Auf Dr. Mord.« Mit einer ungehaltenen Handbewegung drehte sie den Schlüssel um. Kalte Luft strömte aus dem Gebläse. »Deswegen hat er sie angerufen. Um zu prahlen. Um sich in ihrer Auf merksamkeit zu aalen.«
»Warum sollte sie uns in diesem Punkt anlügen?«
»Warum wollte sie uns nicht sagen, wo sie letzte Nacht war? Da fragt man sich doch, mit wem sie sich eigentlich getroffen hat. Und ob dieser Anruf nicht vielleicht eine Einladung war.«
Frost sah sie fragend an. »Hab ich das richtig verstanden, was du da gerade gesagt hast?«
»Irgendwann vor Mitternacht macht unser Täter sich daran, Lori-Ann Tucker fachgerecht zu zerlegen. Dann ruft er O'Donnell an. Sie behauptet, sie sei nicht zu Hause gewe sen - ihr Anrufbeantworter habe den Anruf angenommen. Aber wenn sie nun doch zu Hause war? Wenn sie tatsächlich mit ihm gesprochen hat?«
»Wir haben sie um zwei Uhr zu Hause angerufen. Da ist sie auch nicht drangegangen.«
»Weil sie da schon nicht mehr zu Hause war. Sie sagte, sie habe sich mit Freunden getroffen.« Jane sah Frost an. »Was, wenn es nur ein Freund war? Ein ganz spezieller, funkelnagelneuer Freund?«
»Ach, hör schon auf. Glaubst du ernsthaft, dass sie diesen Täter schützen würde?«
»Der Frau traue ich alles zu.« Jane löste die Handbremse und fuhr vom Bordstein weg. »Alles.«
5
»Das ist doch keine Art, den Weihnachtstag zu verbrin gen«, sagte Angela Rizzoli. Sie blickte vom Herd auf und sah ihre Tochter an. Aus den vier Töpfen, die mit klappernden Deckeln auf den Kochplatten standen, stiegen Dampfkringel auf und umwaberten Angelas schweißnasses Haar. Sie hob ei nen der Deckel an und ließ ein Brett voll selbst gemachter Gnocchi in das kochende Wasser gleiten. Das plumpsende Geräusch, mit dem sie versanken, kündigte an, dass das Essen nun jeden Moment fertig sein würde. Jane blickte sich in der Küche um, ließ den Blick über die zahllosen Platten und Schüsseln voller Speisen schweifen. Angela Rizzolis größte Angst war, dass eines Tages irgendjemand ihr Haus hungrig verlassen könnte.
Heute würde das jedenfalls nicht passieren.
Auf der Anrichte stand eine gebratene Lammkeule, die nach Oregano und Knoblauch duftete, und daneben eine Schüssel Bratkartoffeln mit Rosmarin. Jane sah Ciabatta-Brot und einen Tomaten-Mozzarella-Salat. Ein grüner Bohnensalat war Janes und Gabriels einziger Beitrag zu dem Festmahl. Die Gerichte, die auf dem Herd vor sich hin köchelten, strömten noch andere verführerische Düfte aus, und im kochenden Wasser tanzten und kreisten die zarten Gnocchi.
»Was kann ich hier noch machen, Mom?«, fragte Jane.
»Nichts. Du hast heute gearbeitet. Setz dich da hin.«
»Soll ich den Käse reiben?«
»Nein, nein. Du bist sicher müde. Gabriel sagt, du warst die ganze Nacht auf.« Angela rührte die Gnocchi kurz mit einem Holzlöffel um. »Ich verstehe nicht, wieso du heute arbeiten musstest. Das ist doch eine Zumutung.«
»Das ist nun mal mein Job, da muss ich durch.«
»Aber es ist Weihnachten.«
»Sag das mal den Verbrechern.« Jane nahm die Käsereibe aus der Schublade und begann, ein Stück Parmesan zu raspeln. In dieser Küche konnte sie einfach nicht still sitzen. »Wieso helfen Mike und Frankie dir eigentlich nicht beim Ko chen? Du bist doch sicher schon den ganzen Vormittag hier zugange.«
»Ach, du kennst doch deine Brüder.«
»Allerdings.« Sie schnaubte verächtlich. Leider.
Im Nebenzimmer lief wie üblich in voller Lautstärke Football im Fernsehen. Die Rufe der Männer mischten sich mit dem Gebrüll der Zuschauer im Stadion, und alle zusammen feuerten sie irgendeinen Kerl mit einem knackigen Arsch und einem Schweinslederball in den Händen an.
Angela trat an den Tisch und begutachtete neugierig den grünen Bohnensalat. »Oh, der sieht aber lecker aus! Was ist
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