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Blutmale

Blutmale

Titel: Blutmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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denn in dem Dressing?«
    »Keine Ahnung. Den hat Gabriel gemacht.«
    »Du bist ein richtiger Glückspilz, Janie. Du hast einen Mann, der kochen kann.«
    »Lass Dad einfach mal ein paar Tage hungern, dann lernt er es auch.«
    »Vergiss es. Der würde die ganze Zeit nur mit knurren dem Magen am Tisch sitzen und warten, dass ihm das Essen von selbst in den Mund geflogen kommt.« Angela nahm den Topf vom Herd und schüttete die Gnocchi in ein Sieb. Als der Dampf sich verzog, sah Jane Angelas schwitzendes Gesicht, umrahmt von feuchten Haarsträhnen. Draußen fegte der Wind über eisglatte Straßen, aber hier in der Küche ihrer Mutter trieb die Hitze ihnen die Röte ins Gesicht und ließ die Fensterscheiben beschlagen.
    »Da ist Mommy«, sagte Gabriel, der mit einer hellwachen Regina auf dem Arm in die Küche kam. »Schaut mal, wer da schon mit ihrem Nickerchen fertig ist.«
    »Sie hat aber nicht lange geschlafen«, meinte Jane.
    »Mit diesem Footballspiel im Hintergrund?« Er lachte. »Unsere Tochter ist eindeutig ein Patriots-Fan. Hättest mal hören sollen, wie sie geheult hat, als die Dolphins gepunktet haben.«
    »Lass mich sie nehmen.« Jane breitete die Arme aus und drückte die zappelnde Regina an ihre Brust. Erst vier Monate alt , dachte sie, und schon versucht mein Baby, sich von mir loszuwinden . Die wilde Regina hatte schon die Fäuste geschwungen, als sie zur Welt gekommen war, das Gesichtchen vom Schreien hochrot. Kannst du es so wenig erwar ten, erwachsen zu werden? , fragte sich Jane, während sie ihre Tochter im Arm wiegte. Willst du nicht noch eine Weile ein Baby bleiben und mir die Freude lassen, dich zu halten? Du wirst früh genug groß sein und deinen Eltern den Rücken kehren.
    Regina grabschte nach Janes Haaren und zog so kräftig daran, dass ihrer Mutter die Tränen in die Augen traten. Sie befreite sich mühsam von den hartnäckigen kleinen Fingern und starrte auf die Hand ihrer Tochter hinab. Und plötzlich musste sie an eine andere Hand denken, eine kalte, leblose Hand. An die Tochter einer anderen Frau, die jetzt zerstü ckelt im Leichenschauhaus lag. Mein Gott, es ist Weihnach ten. Da sollte ich vielleicht ausnahmsweise mal nicht an tote Frauen denken müssen. Aber während sie Reginas seidiges Haar küsste, während sie den Duft von Seife und Babyshampoo einatmete, wollte es ihr nicht gelingen, die Erinnerung an eine andere Küche zu verdrängen und an das, was dort auf den Fliesen gelegen und zu ihr hinaufgestarrt hatte.
    »Hey, Ma, es ist Halbzeit. Wann gibt's denn was zu essen?«
    Jane blickte auf, als ihr älterer Bruder Frankie in die Küche gestapft kam. Das letzte Mal hatte Jane ihn vor einem Jahr gesehen, als er zu Weihnachten von Kalifornien nach Hause geflogen war. Seitdem waren seine Schultern noch massiger geworden. Jedes Jahr schien Frankie noch ein bisschen kräftiger zu werden, und seine Arme waren inzwischen so mit Muskeln bepackt, dass sie nicht mehr gerade herabhingen, sondern schwangen wie bei einem Gorilla. All die Stunden
    im Kraftraum , dachte sie, und was hat er jetzt davon? Kräf tiger ist er wohl, aber mit Sicherheit keinen Deut schlauer.
    Mit stillem Wohlgefallen beobachtete sie Gabriel, der gerade eine Flasche Chianti öffnete . Größer und schlanker als Frank, hatte er mehr von einem Rennpferd als von einem Zugpferd. Wenn man etwas im Kopf hat , dachte sie, braucht man eben keine Muskelberge.
    »In zehn Minuten steht das Essen auf dem Tisch«, sagte Angela.
    »Dann sind wir aber zum dritten Viertel noch nicht fertig«, erwiderte Frankie.
    »Warum schaltet ihr die Glotze nicht einfach aus?«, fragte Jane. »Es ist schließlich unser Weihnachtsessen.«
    »Na klar, und wir hätten alle viel früher essen können, wenn du pünktlich hier gewesen wärst.«
    »Frankie!«, sagte Angela streng. »Deine Schwester hat die ganze Nacht gearbeitet. Und wie du siehst, ist sie hier in der Küche und hilft mir. Also hack gefälligst nicht auf ihr rum.«
    Es war plötzlich mucksmäuschenstill in der Küche, während Bruder und Schwester Angela nur verblüfft anstarrten. Hat Mom tatsächlich auch einmal für mich Partei ergriffen?
    »Tolle Weihnachten, echt«, brummte Frankie und stürmte aus der Küche.
    Angela schüttete die abgetropften Gnocchi aus dem Sieb in eine Schüssel und goss mit der Schöpfkelle dampfende Kalbfleischsoße darüber. »Die wissen doch überhaupt nicht zu schätzen, was wir Frauen alles leisten«, murmelte sie.
    Jane lachte. »Ist dir das auch schon

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