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Blutmale

Blutmale

Titel: Blutmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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resezierte Organe. Schon war die Lunge draußen, die Maura in eine Stahlschüssel gleiten ließ. Ein Blick auf die rosige Oberfläche der schwammigen Masse, ein paar Schnitte in jeden der beiden Flügel, und sie wusste, dass es sich um die gesunde Lunge einer Nichtraucherin handelte, die ihrer Besitzerin noch bis ins hohe Alter gute Dienste geleistet hätte. Als Nächstes wandte Maura sich der Bauchhöhle zu. Ihre behandschuhten Hände tauchten in das Abdomen ein, um Magen, Bauchspeicheldrüse und Leber herauszuschneiden. Eve Kassowitz' Bauch war beneidenswert flach gewe sen, zweifellos der Lohn für viele Stunden schweißtreibender Sit-ups. Wie schnell doch das Skalpell das Resultat all dieser Mühen auf ein paar Hautfetzen und durchtrenntes Muskelgewebe reduzieren konnte. Nach und nach füllte sich die Schüssel mit Organen. Die Schleifen des Dünndarms glitzerten wie ineinander verschlungene Aale, Leber und Milz glitten zu einem blutigen Haufen ineinander. Alles gesund, kerngesund. Sie eröffnete das Retroperitoneum und trennte die samtig-glatten Nieren heraus, schnitt kleine Stücke davon ab und ließ sie in einen Probenbehälter fallen. Sie tauchten im Formalin ab und zogen blutige Schlieren hinter sich her.
    Maura richtete sich auf und sah Yoshima an. »Können Sie jetzt bitte die Schädelaufnahmen aufhängen? Mal sehen, was wir da haben.«
    Er nahm die Röntgenbilder des Rumpfs ab und hängte einen neuen Satz auf, den sie noch nicht in Augenschein genommen hatte. Nun schimmerten die Umrisse des Schädels am Leuchtkasten. Sie konzentrierte sich auf die Knochenplatte direkt unterhalb der Platzwunde am Kopf und suchte die Konturen des Schädels nach verräterischen Bruchlinien oder Vertiefungen ab, die sie nicht hatte tasten können, doch sie fand keine. Auch ohne dass es zu einer Fraktur gekommen war, würde der Schlag wohl ausgereicht haben, um das Opfer zu betäuben und so lange außer Gefecht zu setzen, bis der Täter ihre Jacke aufgerissen und den Pullover hochgeschoben hatte.
    Um ihr die Klinge ins Herz zu stoßen.
    Zunächst war es der Schädel, dem Mauras Aufmerksamkeit galt. Dann wandte sie sich einer Seitenansicht zu und konzentrierte sich auf den Hals. Ihr Blick blieb am Zungenbein haften. Dahinter war ein kegelförmiger Schatten zu erkennen, den sie beim besten Willen nicht einordnen konnte. Stirnrunzelnd trat sie näher an den Leuchtkasten und starrte die Anomalie an. In der Frontalansicht war sie durch die dichtere Masse der Halswirbel kaum auszumachen. Doch in der Seitenansicht war sie deutlich zu erkennen, und es war eindeutig kein Teil des Skeletts.
    »Was um alles in der Welt ist das?«, murmelte sie.
    Jane trat neben sie. »Was hast du da gefunden?«
    »Dieses Ding hier. Es ist kein Knochen, kein normaler Bestandteil des Halses.«
    »Steckt da was in ihrem Schlund?«
    Maura wandte sich zum Tisch um und sagte zu Yoshima: »Würden Sie mir bitte das Laryngoskop holen?«
    Sie stellte sich ans Kopfende des Tisches und bog den Kopf der Leiche nach hinten. Mit einem Laryngoskop hatte sie zum ersten Mal als Medizinstudentin im vierten Studien jahr zu tun gehabt, als sie einen Patienten mit Atemstillstand intubieren sollte. Es ging hektisch zu, das Herz des Mannes hatte ausgesetzt. Der Assistenzarzt, dem sie unterstellt war, gestand Maura nur einen Versuch zu. »Sie haben zehn Sekunden Zeit«, sagte er, »und wenn Sie es nicht schaffen, übernehme ich.« Sie hatte das Laryngoskop hineingeschoben und in den Rachen des Patienten gespäht, nach den Stimmbändern gesucht, doch alles, was sie sehen konnte, waren die Zunge und die Rachenschleimhaut. Während die Sekunden tickten, während die Schwester den Brustkorb des Patienten rhythmisch niederdrückte und das OP-Team um sie herumstand und zusah, kämpfte Maura mit dem Instrument. Sie wusste, dass mit jeder Sekunde, die der Patient nicht mit Sauerstoff versorgt wurde, mehr Hirnzellen absterben konnten. Schließlich hatte der Assistenzarzt ihr das Instrument aus der Hand gerissen und sie beiseitegestoßen, um es selbst zu machen. Es war eine demütigende Demonstration ihrer Inkompetenz gewesen.
    Doch bei einer Leiche kam es nicht auf die Sekunde an. Als sie jetzt den Spatel des Laryngoskops in den Mund der Toten schob, piepste kein Herzmonitor im Hintergrund, kein OP-Team starrte sie an, kein Menschenleben war in akuter Gefahr. Eve Kassowitz spürte nichts, als Maura den Spatel drehte, um die Zunge aus dem Weg zu hebeln. Sie bückte sich, um einen Blick in

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