Blutmond der Templer
wehten fort, als hätte sie der Wind hinweggetragen. Hector de Valois drehte sich um. Er nickte mir gleichzeitig zu. Ein Zeichen, daß wir zu gehen hatten und dieser Ausflug beendet war.
Einiges hatten wir erfahren, allerdings nicht genug. Zum Glück wußte ich nun, wer die Urbewohner der Insel gewesen waren und wo wir ihre Spur aufnehmen konnten.
In den alten Totengräbern auf der Insel!
Wir verließen den Mannschaftsraum. Auch jetzt war ich sehr vorsichtig. Bisher hatte ich von der alten Rasse nur gehört, sie aber nicht auf dem Schiff gesehen.
Ich dachte an das bleiche Skelett, das aus dem Meer getaucht war. Hatte dieses Wesen zu den Atlantern gehört?
Bestimmt. Das Fleisch mußte ihnen von den Knochen gefallen sein, doch die Gerippe selbst hatten die lange Zeit überdauert. Nur wollten sie nicht, daß man ihr Geheimnis lüftete.
Das allerdings sah ich anders.
Wieder auf Deck, verschwand der alte Geruch von Moder und Tod. Ich hoffte, daß Suko und der Abbé die Zeit unserer Abwesenheit gut überstanden hatten.
Das Boot sah ich, aber auch den roten Kreis direkt darunter. Im gleichen Augenblick begann er sich zu drehen und bildete einen tödlichen Strudel, der das Boot in die Tiefe zerren wollte.
Mein Warnruf erreichte die beiden nicht mehr…
***
Suko und der Abbé hatten voller Sorge auf die Rückkehr der beiden anderen gewartet. Sie waren auf das Schiff geklettert und unter Deck verschwunden.
Der Motor tuckerte im Leerlauf. Suko steuerte nur gegen, wenn die anlaufenden Wellen das Boot zu weit vom Schiff wegtreiben wollte. Der Abbé hockte zusammengesunken auf einer Bank. Er hatte den Kopf gebeugt, die Hände gefaltet und murmelte Worte, die Suko nicht verstehen konnte. Wahrscheinlich waren es Gebete. Das Meer war ruhig. Kein Sturm schlug die Wellen hoch. Der Schein des roten Mondes verlor sich auf der weiten Flache, als würde er von der Schwärze verschluckt.
»Sie waren schon damals stark«, sagte der Abbé plötzlich, »und ich glaube nicht, daß sie schwächer geworden sind.«
»Sprichst du von den Templern?« fragte Suko.
Der Abbé schüttelte den Kopf. »Nein, überhaupt nicht. Es sind die Ureinwohner, der Vergessenen, die nie Wiedergefundenen. Aber ihre Magie hat überlebt, und sie existiert heute noch. Sie ist von Atlantis her gekommen, und der Blutmond hat sie mitgebracht. So sehe ich es, Suko.«
»Dann sind die Templer Opfer gewesen?«
»Ja. Hector de Valois ist nicht ohne Grund mit auf das Schiff gegangen. Er wird mit vielen Erfahrungen zurückkehren, denn das Schiff hat den Templern gehört.«
»Existiert es nun auf zwei Ebenen?« wollte Suko wissen.
»Ja, es kann das Jenseits verlassen und ins Diesseits hineingleiten, wenn der rote Mond am Himmel steht und er die Grenzen durch seinen Schein fließend macht.«
»Da bin ich wirklich gespannt.« Suko gefiel es überhaupt nicht, daß John und sein Begleiter so lang auf dem Schiff blieben. Am liebsten wäre er ihnen nachgeklettert, nur konnte er den Abbé auf keinen Fall allein lassen.
Auch der Abbé zeigte Unruhe. Er selbst saß zwar still, seine Hände aber befanden sich in Bewegung.
Da ihm das Augenlicht genommen worden war, hatten sich die anderen Sinne verstärkt.
Er spürte gewisse Ereignisse, die noch geschehen würden, viel früher und besaß gleichzeitig auch den sechsten Sinn, ohne dabei den Würfel unbedingt besitzen zu müssen.
»Stimmt etwas nicht?« fragte Suko.
Der Abbé hob die Schultern. »Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, daß die beiden Kontakt haben. Die Schwingungen sind anders geworden, die mich erreichen. Auf dem Schiff tut sich etwas.«
»Eine Gefahr?«
»Nein, Suko. Von den Templern kann ihnen keine Gefahr drohen. Sie sind ebenso überrascht worden wie andere. Atlantis ist einfach schrecklich gewesen.«
»Nicht alles.«
Der Abbé nickte und drehte sich gleichzeitig um, wobei er seine Schultern hob, als würde er sich unbehaglich fühlen. »Wenn der Blutmond leuchtet, ist die alte Kraft nicht weit«, flüsterte er Suko zu.
»Vielleicht solltest du sie zurückrufen.«
»Warum?« Der Inspektor schaute sich um. »Ich kann nichts feststellen.«
»Aber ich.«
»Müssen wir mit einem Angriff rechnen?«
»Möglich ist alles — wirklich. Etwas ist dabei, uns einzukreisen. Schau dir den Mond an, Suko. Schau ihn dir genau an. Hat er sich verändert? Leuchtet er noch immer so rot?«
»Natürlich.«
»Nicht intensiver? Hat er seine Strahlung nicht verstärkt? Ich habe den Eindruck…« Der Abbé
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