Blutmond der Templer
hinzugeben. Etwas Fremdes nahm Einfluß auf ihn.
Es war der Würfel!
Der Abbé spürte genau, daß es in ihm ›rumorte‹. Wie ein Seismograph die Wellen eines Erdbebens, so hatte auch er Strömungen aufgefangen und leitete sie weiter.
Er übertrug die Strömungen und Gedanken der nicht sichtbaren Welt in die der sichtbaren.
Doch es waren nicht nur Ströme oder Gedanken, die der Abbé mitbekam. Die Energie, die der Würfel abgab und die der Abbé auffing, wandelte sich in seinem Hirn um und formierte sich dort zu Bildern. Er konnte wieder sehen.
Es war kein normales Schauen wie bei einem nicht blinden Menschen, nein, er blickte hinein in die Vergangenheit und bekam Bilder vorgesetzt, die Tod, Schrecken und Vernichtung zeigten.
Der Abbé erlebte die Kraft der Urbewohner und den verzweifelten Versuch der Malteser, sich dagegen zu stemmen.
Es hatte keinen Sinn, diejenigen, die einen Weg in die Vergangenheit gefunden hatten, wurden ebenso Opfer der Wesen wie die Templer Jahrhunderte zuvor.
Die gefährlichen Opfermessr arbeiteten grausam und präzise. Der Abbé zitterte, als er die furchtbaren Bilder vor seinem geistigen Auge entstehen sah. Es berührte ihn ungemein stark. Sein Inneres wühlten die Ereignisse auf, so daß er es nicht mehr schaffte, sich auf den Beinen zu halten.
Mit dem Rücken rutschte er an der Wand entlang und sank zu Boden. Den Würfel umklammert, blieb er in dieser Haltung sitzen und erlebte noch das blutige Ende mit.
Nur zwei waren entkommen.
Ob bewußt oder unbewußt, darüber konnten ihm die Ereignisse auch keine Auskunft geben. Jedenfalls hatte es Salazar geschafft, in den Turm zu fliehen und dort zu warten, denn als der Blutmond vom Himmel verschwand, war auch die Gefahr gebannt.
Ein Getreuer des Klostervorstehers hatte ebenfalls flüchten können, doch ihn erwischte ein Messer kurz vor dem Eintreffen der Gäste. Jetzt lebte nur noch Salazar.
Über die Wangen des Abbés verliefen breite Tränenstreifen. Er hatte den Schrecken nicht emotionslos hinnehmen können. Das Weinen beruhigte ihn sehr, denn Trauer konnte den Schmerz hinwegspülen. Er wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war, aber ihm kam plötzlich der Gedanke, daß durch die Hallen noch jemand schleichen mußte, der auch den letzten Diener Salazars getötet hatte.
Ein Mensch oder einer aus dem Clan der Urvölker?
Bloch konnte es nicht sagen. Ihm war nur klar, daß auch er sich in einer Gefahr befand. Vor einem Dämon fürchtete er sich nicht so sehr wie vor einem menschlichen Killer.
Daß ihn gerade jetzt der Gedanke daran so heftig überfallen hatte, warnte ihn. Es mußte seinen Grund gehabt haben, und der war leicht zu erraten.
Der Mörder befand sich in seiner Nähe! Vielleicht schon in der Halle. Möglicherweise beobachtete er ihn, um in einem günstigen Augenblick zustechen zu können. Bloch legte den Würfel auf seine Oberschenkel und wischte das Tränenwasser von den Wangen. Er stand noch immer unter einem Schock. Er hatte mit Hilfe des Würfels erlebt, wie die Mönche getötet worden waren. Die Urkräfte der Insel waren längst nicht zerstört worden. Sie existierten nach wie vor in all ihrer Grausamkeit. Es dauerte seine Zeit, bis sich Bloch wieder an die ihn umgebende Stille gewöhnt hatte. Eigentlich gehörte er zu den Menschen, die wenig Angst zeigten, obwohl er vom Schicksal mit Blindheit geschlagen worden war. So allein in der Halle hockend, überkam ihn allerdings so etwas wie eine fürchterliche Ahnung vor irgendwelchen Dingen, die auf ihn zukamen und die er nicht stoppen konnte.
Seit der Blindheit war sein Gehör geschärft worden. Ein nur minimaler Ausgleich für den Verlust des Augenlichts, aber in dieser Zeit des Alleinseins war es sehr wichtig für ihn.
Der Abbé glaubte, ein Geräusch zu vernehmen. Er wußte nicht genau, ob es draußen oder schon im Innern der Halle aufgeklungen war. Jedenfalls hörte es sich an, als würde irgend etwas über den Boden oder die Wand hinwegschleifen.
Schritte vielleicht?
Zwar hatte Bloch auch bisher nicht entspannt gesessen, in diesem Fall jedoch hatte er das Gefühl, unter Strom zu stehen. Er spürte seine Nerven, das Vibrieren ergriff von seinem gesamten Körper Besitz, und gleichzeitig lief es ihm kalt den Rücken hinab.
Bei gewissen Angriffen fühlte sich der Templer wehrlos. Noch wehrloser kam er sich im Sitzen vor. Deshalb stellte ersieh hin. So konnte ersieh auch besser konzentrieren.
Die Wand gab ihm nicht nur den nötigen Halt, auch eine gewisse
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