Blutmond der Templer
abwärts. Wände waren mit Schmier bewachsen, eine dicke Schicht, die klebte und modrig roch. Wasser hatte sich ebenfalls zwischen den Steinen gesammelt und rann an einigen Stellen aus den Ritzen zu Boden.
Die Decke über uns konnte man als ungleich bezeichnen. Sie warf Wellen, mal höher, mal tiefer und kam mir vor wie ein erstarrtes Wasser. Auch an ihr klebte der Dreck, und dazwischen schimmerten die dünnen Fäden von Spinnweben.
Manchmal huschten auch dicke, hornige Käfer davon, wenn das Licht meiner Lampe sie irritierte.
Wir hatten die Treppe hinter uns gelassen. Ich leuchtete einmal in die Runde, sah einige höhlenartige Eingänge und Tunnels, wußte aber nicht mehr weiter.
»Wohin jetzt?« fragte ich den Mörder. »Wo liegen die Leichen der Malteser?«
»Da!« Er deutete schräg nach rechts. »Da müssen wir hin. Es ist nicht weit.«
»Dann geh vor!« erklärte Suko. Er ließ Dragut nicht los, denn trauen durften wir ihm nicht.
Der Gang, in den wir tauchten, bekam Ausmaße, die auf Schlimmes hindeuteten. Sehr niedrig, stockfinster, auch eng war er geworden. Des öfteren schleiften wir mit den Schultern an den Wänden entlang, wobei der Dreck dann an unserer Kleidung klebenblieb.
Aufrecht gehen konnten wir ebenfalls nicht. Jeder von uns mußte den Kopf einziehen.
»Wird es noch schlimmer?« fragte ich.
Salazar gab die Antwort. »Keine Sorge, der Gang bleibt so hoch oder niedrig wie jetzt.«
»Dann bin ich ja beruhigt.«
Obwohl ich mich schon oft durch Tunnels und Stollen bewegt hatte, gewöhnen konnte ich mich daran nie. Diese Enge und die niedrige Decke bereiteten mir ein Gefühl der Platzangst, der drückenden Furcht, denn ich dachte auch daran, daß, durch welchen Umstand auch immer, die Decke einmal einstürzen konnte.
Deshalb achtete ich auf jedes fremde Geräusch, das neben unseren Schritten aufklang.
Es war nichts zu vernehmen. Ich leuchtete vor, während Salazar sich noch bei mir eingehängt hatte.
Der Lichtkegel traf auf Widerstand!
Es war eine Wand. Vielleicht die, von der Dragut gesprochen hatte. Mit dem Lichtfinger tastete ich sie ab. Sehr neu sah sie mir nicht aus. Sie war zwar anders gebaut worden als die Mauern des Schlosses, nicht aus flachen, sondern aus kantigen Steinen, aber ich konnte mir kaum vorstellen, da Dragut sie erbaut hatte.
Deshalb wandte ich mich an ihn. »Das ist doch eine Lüge. Die Leichen liegen nie hinter dieser Wand.«
»Wieso nicht?«
Ich leuchtete ihn an. Er schloß sofort die Augen. Trotzdem konnte er den hinterlistigen und verschlagenen Ausdruck in seinem Gesicht nicht schnell genug verbergen.
Hatte er uns in eine Falle geführt?
»Mach die Augen auf!« fuhr ich ihn an.
»Wieso ich…?«
»Öffnen!«
Er tat es. Ich leuchtete nicht direkt hinein, sondern gegen sein Gesicht, das noch immer glänzte. »Also, Freund wo befinden sich die ermordeten Menschen?«
»Hinter der Wand!«
»Die du gemauert hast?«
»Klar.«
Ich ließ ihn stehen und schaute mir das Hindernis aus der Nähe an. Stein auf Stein war gelegt worden. Dazwischen schimmerte hellerer Mörtel, der inzwischen auch feucht geworden war.
Die hatte er niemals selbst gebaut. Bevor ich mich umdrehte, wollte ich auf Nummer Sicher gehen und begann damit, die Wand an bestimmten Stellen abzuklopfen.
Ich stieß mir nur die Knöchel an den harten Steinen. Irgendeine verborgene Tür entdeckte ich nicht.
Bis es plötzlich hohl klang. Zuerst dachte ich, mich verhört zu haben, aber Suko meldete sich ebenfalls.
»Verdammt, John, da war etwas!«
»Das glaube ich auch.« Noch einmal klopfte ich nach, das Geräusch blieb. Ich hatte mich nicht geirrt. »Stein ist das nicht — oder?« wandte ich mich scharf an Dragut.
Er hob nur die Schultern.
Bisher hatte ich nur einen kleinen Teil abgeklopft. Jetzt ging ich systematisch vor und stellte in der Wand ein Rechteck fest. Ich drückte mit der flachen Hand dagegen. Ein leichter Druck reichte bereits aus, um die Platte bewegen zu können. Sie kippte nach hinten, dann war sie plötzlich verschwunden. Ich hatte noch feststellen können, daß sie aus leichtem Styropor bestand, das einfach in der Farbe der Wand überpinselt worden war.
Ich war auf einem schlimmen Anblick gefaßt und roch auch schon den Moder.
Dann leuchtete ich.
Mein Gesicht wurde starr, es fror förmlich ein. Ich mußte zugeben, daß Dragut recht behalten hatte.
Auch die anderen hatten den Geruch wahrgenommen. Salazar kam zu mir. Seine Schritte schlurften. Er schaute nur kurz hinter die
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