Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman
Fleischmann junior ein Papier überreicht und im Gegenzug ein Päckchen erhalten.
»Geld«, vermutete Franka.
»Höchstwahrscheinlich. Ich habe Schulte verfolgt und beobachtet, wie er ein Bündel Geldscheine bei seiner Bank eingezahlt hat. Das dürfte ausreichen, um Schulte fristlos kündigen und der Fleischmann-Konditorei per einstweiliger Verfügung untersagen zu können, die Zutatenmischung zu verwenden oder weiterzugeben. Den Rest kannst du im Bericht nachlesen.«
»Ausgezeichnet.« Franka raffte die Fotos zusammen.
Im selben Moment begann das Faxgerät zu rattern.
Vor ihrer Karriere als Anwältin hatte Franka in meinem Detektivbüro gejobbt. Seither waren wir Freunde und gelegentlich, wenn ich bei einem schwierigen Fall nicht weiterkam, half es mir, mit ihr darüber zu reden. Deshalb hatte ich keine Einwände, als sie einen Blick auf das Fax warf.
»Hey, wieso interessierst du dich für meinen Zahnarzt?« Sie kicherte. »Thomas Wolfenrath, das ist ein Richter am Landgericht. Und hier, der stellvertretende Sprecher der Kaufmannschaft. Das ist ja eine illustre Gesellschaft. Feiern die schwarze Messen oder so was?«
»Eher so was.« Ich stellte mich neben sie. »Sie treiben gerne SM-Spiele.«
»Im Ernst?« Frankas Augen glitzerten.
Ich erzählte ihr von meinem neuen Auftrag.
»Du musst mich unbedingt mal in diesen Club Marquis mitnehmen«, verkündete sie anschließend.
»Niemals.«
»Georg, ich hatte mal eine Freundin, die auf SM stand. Ich kenne mich aus. Ich könnte dir wertvolle Tipps geben.«
»Vergiss es! Außerdem würdest du vielleicht einigen deiner Mandanten und Kollegen begegnen.«
»Na und? Ein Vorsitzender Richter im Ledertanga wäre doch ein erhebender Anblick.«
»Wartet nicht dein Mandant auf dich?«
»Wir reden noch darüber«, sagte Franka und ging zur Tür.
Mir fiel ein, dass ich sie um einen Gefallen hatte bitten wollen. »Könntest du deinen Kontaktmann beim Straßenverkehrsamt anrufen?«
»Um wen geht es?«
»Um eine Frau, die Porsche fährt.« Ich gab ihr einen Zettel, auf dem ich das Autokennzeichen notiert hatte. »Ich brauche den Namen und die Adresse.«
»Eine Frau mit Porsche.« Franka verzog anerkennend den Mund. »Anscheinend bessert sich dein Geschmack.«
5
Pia Petry scheut das Feuer
Mein Porsche entwickelt sich zum echten Handicap. Das Auto ist nicht nur viel zu teuer, sondern auch viel zu auffällig. So auffällig, dass der gute Romeo, der zwei Autos vor mir in einem dunkelblauen Audi sitzt, mich natürlich längst bemerkt hat. Alle fünf Sekunden wechselt er die Spur und passiert Ampeln am liebsten, kurz bevor sie auf Rot schalten. Aber ich lasse mich nicht abschütteln. Selbst wenn er quer durch die Grünanlagen brettern sollte.
Doch dann sind es die in Münster allseits präsenten Fahrradfahrer, die mir einen Strich durch die Rechnung machen. Eine ganze Gruppe von ihnen versammelt sich direkt vor meiner Stoßstange und zwingt mich, auf Tempo fünfzehn abzubremsen. Mein Hupen bewirkt gar nichts. Außer dass vor mir fünf Mittelfinger in die Höhe schießen. Und Romeo nutzt seine Chance. Der dunkelblaue Audi verschwindet um die Ecke und im Gewirr der Einbahnstraßen aus meinem Sichtfeld. Das war's. Er ist mir entwischt. Schade eigentlich. Ich hätte mich zu gerne mit dem Mann unterhalten, der vor wenigen Minuten im Krankenhaus seinen Arztkittel und sein Klemmboard in einen Mülleimer geschmissen hat. Das ist nicht gerade das Verhalten, das man von einem seriösen Mediziner erwartet. Der Mann hat Geheimnisse. Und das macht ihn interessant.
Mein Handy klingelt. Sofort fahre ich in die nächste freie Parkbucht und stelle den Motor ab.
Es dauert, bis ich in meiner völlig überfüllten Handtasche das Telefon gefunden habe. Kaum drücke ich die grüne Taste, höre ich die aufgeregte Stimme meines Assistenten Martin Cornfeld.
»Alles in Ordnung bei Ihnen?«
Wie rührend. Er macht sich Sorgen.
»Alles okay!«, sage ich.
»Wie war es denn in diesem SM-Club?«
Aha. Wusste ich es doch. Es ist weniger Sorge als Neugier, die ihn umtreibt. Neugier und wohl auch ein bisschen Eifersucht. Mein Assistent ist zehn Jahre jünger als ich und das, was man einen Frauentyp nennt. Mit seinen halblangen, rötlichen Haaren, seiner schlaksigen Figur und seinem strahlenden Lächeln gehört er zu den attraktivsten Männern, die ich kenne. Dass er gut aussieht, weiß er. Und er nutzt es. Die Zahl seiner Affären, Wochenendlieben und One-Night-Stands ist astronomisch.
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