Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman
erklärte Cornfeld. »Es muss etwas passiert sein. Ich verlange ...«
»Hören Sie damit auf!«, drohte Stürzenbecher. »Oder ich lasse Sie in Handschellen abführen.«
Vor der Villa hatte ein Zivilwagen gestoppt. Durch die geöffnete Eingangstür konnten wir verfolgen, wie Kommissarin Brünstrup eine auf unsicheren Beinen tapsende Renate Averbeck in unsere Richtung manövrierte. Abgesehen von dem Schock, den die Nachricht vom Tod ihres Mannes ausgelöst haben musste, tippte ich auf Alkohol oder starke Beruhigungsmittel oder eine Kombination von beidem.
Als die Witwe die Eingangshalle betrat, konnte man an ihrem Atem riechen, dass Alkohol auf jeden Fall im Spiel war. Und trotz der massiv aufgetragenen Schminke war auch die Schwellung an ihrer Oberlippe nicht zu übersehen.
Stürzenbecher holte Luft. »Mein Beileid, Frau Averbeck.«
»Danke«, erwiderte Renate mit tonloser Valium-Stimme.
»Möchten Sie zu Ihrem Mann?«, erkundigte sich Brünstrup.
Statt einer Antwort ließ sich Renate in einen der dekorativen, aber unbequem aussehenden Polstersessel fallen, die in der Eingangshalle standen.
»Wir hatten Streit«, begann sie unvermittelt. »Aber ich konnte ja nicht ahnen, dass ...«
»Er hat sich nicht selbst getötet«, sagte Stürzenbecher. »Er ist ermordet worden.«
»Was?«
»Haben Sie eine Ahnung, wer das getan haben könnte?«
Renate schaute mit glasigem Blick auf den Boden. Ob sie nachdachte oder ihr Gehirn auf Stand-by geschaltet hatte, war nicht auszumachen.
»War Pia bei Ihnen?«, fragte Cornfeld.
»Halten Sie den Mund!«, zischte Stürzenbecher.
Cornfeld blieb unbeirrt: »Wo ist Pia, Frau Averbeck?«
Renate hob den Kopf. Ein abwesendes Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Sie müssen Cornfeld sein. Pia hat Sie beschrieben. Ihre komische Brille ...«
»Ja. Beantworten Sie bitte meine Frage!«
»Pia hat mich weggebracht.«
»Und dann?«
»Dann ...« Sie versuchte, sich zu konzentrieren.
»Hatte sie ihre Handtasche dabei?«
Renate Averbeck griff sich in die schwarz glänzenden Haare. »Ich glaube schon.«
»Denken Sie nach!«
»Warten Sie! Ja, ja. Ihr Handy hat geklingelt. Ich habe es aus ihrer Tasche genommen.«
»Sie ist zurückgekommen«, wandte sich Cornfeld an Stürzenbecher. »Und dabei muss sie dem Mörder begegnet sein ...«
»Schluss jetzt!«, entschied Stürzenbecher. »Brünstrup, nehmen Sie die vorläufigen Aussagen der zwei Superdetektive auf. Und zwar draußen. Das Haus ist für die beiden tabu.«
»Aber ...«
Ich zog Cornfeld am Arm nach draußen. »Seien Sie verdammt nochmal still! Beantworten Sie brav alle Fragen und unterlassen Sie dumme Kommentare!«
Brünstrup winkte uns zu einem Polizeitransporter, der auf der gekiesten Auffahrt stand.
»Soll ich zusehen, wie diese sturen deutschen Beamten ihren Dienst nach Vorschrift abspulen, während Pia umgebracht wird?«
»Wenn wir hier stundenlang festsitzen, können wir gar nichts unternehmen.«
»Sagen Sie bloß, Sie haben eine Idee?«
Ich schaute ihn an. »Wollen Sie sie hören?«
»Natürlich.«
»Dann machen Sie, was ich Ihnen gesagt habe!«
Die nächste Stunde verbrachten wir in dem stickigen Polizeiwagen. Brünstrup notierte akribisch unsere Aussagen und nahm die Personalien von Cornfeld und Pia Petry auf. Schließlich erkundigte sie sich nach einem Foto.
»Ich habe kein Foto dabei«, sagte Cornfeld. »Sie ist meine Chefin, nicht meine Freundin.«
So nah standen sie sich also offenbar nicht.
»Ohne ein aktuelles Foto gestaltet sich die Suche etwas schwierig«, bemerkte Brünstrup spitz.
»Ich werde eins besorgen«, antwortete er giftig. »Per Fax, E-Mail oder wie auch immer. Sie werden auf jeden Fall ein Foto bekommen.«
»Gut. Sobald Sie es haben, geben Sie es bitte bei der Mordkommission im Polizeipräsidium ab. Morgen früh um neun erwarte ich Sie beide zur Unterzeichnung des Protokolls.«
Und dann durften wir endlich gehen.
Cornfeld konnte es kaum abwarten, bis wir in meinem Wagen saßen. »Schießen Sie los!«
Ich bog auf die Straße, die nach Hiltrup führte. »Ich habe Ihnen doch von den Fotos erzählt, die mir Wegener zugespielt hat. Averbecks SM-Nummer mit der Verkäuferin.«
»Und?«
»Pia hat Wegener ein paar Stunden nach dem Mord in seinem Haus gesehen, mit einer Kiste in den Händen. Und ich glaube nicht, dass er versucht hat, den Mord zu vertuschen.«
In Cornfelds Kopf arbeitete es. »Er wollte belastendes Material beiseite schaffen.«
»Richtig. Ich wette, dass in der
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