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Blutmusik

Blutmusik

Titel: Blutmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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das? Ganz entschieden nicht. »Mir geht es gut«,
sagte er.
    »Kultur!« sagte Vergil mit erhobener Stimme und steckte
den Kopf in die Küche. Edward verabschiedete sich und legte
schnell auf. »Sie schwimmen ständig in einem Bad von
Informationen. Tragen selbst dazu bei. Es ist eine Art
Gestaltphänomen. Die Hierarchie ist absolut. Sie schicken
maßgeschneiderte Phagen aus, die Jagd auf unvollkommene Zellen
machen, welche nicht richtig zusammenwirken. Viren sind spezifisch
für Individuen oder Gruppen. Es gibt kein Entkommen. Man wird
von einem Virus durchbohrt, die Zelle wird wie aufgepumpt, platzt und
löst sich auf. Aber es ist nicht bloß eine Diktatur. Ich
glaube, sie haben im Grunde mehr Freiheit als wir. Sie variieren so
sehr – das heißt, von Individuum zu Individuum, wenn es
Individuen gibt. Sie variieren in anderer Weise als wir. Ergibt das
einen Sinn?«
    »Nein«, sagte Edward leise und rieb sich die
Schläfen. »Vergil, du treibst mich zum
Äußersten. Ich halte dies nicht mehr lange aus. Ich
verstehe nicht, und ich bin nicht sicher, daß ich glaube, was
du…«
    »Nicht einmal jetzt?«
    »Gut, sagen wir, du gibst mir die richtige Interpretation.
Gibst sie mir nach bestem Wissen, und die ganze Geschichte ist wahr.
Hast du dir die Mühe gemacht, über die Konsequenzen
nachzudenken?«
    Vergil musterte ihn argwöhnisch. »Meine Mutter«,
sagte er.
    »Was ist mit ihr?«
    »Jeder, der eine Toilette saubermachen kann.«
    »Bitte drück dich verständlich aus!«
Überdruß und Erschöpfung ließen Edwards Stimme
fast zu einem Winseln werden.
    »Darin bin ich nie sehr gut gewesen«, murmelte Vergil.
»Auszudenken, wohin etwas führen kann.«
    »Fürchtest du dich nicht?«
    »Und ob ich mich fürchte«, sagte Vergil. Sein
Grinsen nahm einen Ausdruck von Besessenheit an. »Und erheitert
bin ich. Begeistert!« Er kniete neben Edwards Sessel nieder.
»Zuerst wollte ich sie beherrschen, aber sie sind fähiger
als ich. Wer bin ich, ein tolpatschiger Dummkopf, daß ich
versuchen sollte, sie zu enttäuschen? Sie haben etwas sehr
Wichtiges vor.«
    »Und wenn sie dich töten?«
    Vergil streckte sich auf den Boden und breitete Arme und Beine
aus. »Toter Hund«, sagte er. Edward hätte ihn am
liebsten getreten. »Sieh mal, ich möchte nicht, daß
du denkst, ich hinterginge dich, aber gestern besuchte ich Michael
Bernard. Er nahm mich mit in seine Privatklinik, nahm ein ganzes
Spektrum von Proben. Biopsien. Du kannst nicht sehen, wo er
Hautproben, Proben von Muskelgewebe oder sonst etwas entnahm. Es ist
alles verheilt. Er sagte, es bestätige meine Theorie. Und er
ersuchte mich, niemandem etwas zu sagen.« Sein Gesichtsausdruck
wurde wieder verträumt. »Städte von Zellen«,
sagte er. »Edward, sie treiben fadenartige Röhren durch das
Gewebe, breiten sich und ihre Informationen aus, wandeln andere Arten
von Zellen um…«
    »Hör auf!« rief Edward mit überschnappender
Stimme. »Was bestätigen die Proben und Namen?«
    »Wie Bernard es ausdrückt, habe ich ›ernstlich
vergrößerte‹ Lymphozyten. Das übrige
Datenmaterial liegt noch nicht vor. Ich meine, es war erst gestern.
Also handelt es sich nicht bloß um unsere gemeinsame
Selbsttäuschung.«
    »Was hat er vor?«
    »Er will Genetron davon überzeugen, daß sie mich
wieder einstellen sollen. Daß mein Labor wieder geöffnet
wird.«
    »Ist es das, was du willst?«
    »Es ist nicht bloß die Wiedereröffnung des Labors.
Laß dir zeigen. Seit ich die Bestrahlungen eingestellt habe,
hat meine Haut sich wieder verändert.« Ohne vom Boden
aufzustehen, schlug er den Bademantel auseinander.
    Am ganzen Körper war die Haut kreuz und quer von weißen
Streifen überzogen. Er wälzte sich herum, zog einen Arm aus
dem Ärmel. Auf seinem Rücken begannen die Streifen
schwielige Verdickungen zu bilden.
    »Mein Gott«, sagte Edward.
    »Ich werde außerhalb des Labors zu nicht viel
taugen«, sagte Vergil. »Ich werde mich in der
Öffentlichkeit nicht blicken lassen können.«
    »Du… du kannst mit ihnen reden, ihnen sagen, daß
sie langsamer machen sollen.« Die Worte waren ihm kaum über
die Lippen gegangen, da war ihm bereits bewußt, wie
lächerlich das klang.
    »Ja, das kann ich wirklich, aber es bedeutet nicht, daß
sie auf mich hören.«
    »Ich dachte, du seist ihr Gott.«
    »Diejenigen, die sich an meine Neuronen angeschlossen haben,
sind nicht die großen Tiere. Sie sind Forscher, oder dienen
dieser Funktion. Sie wissen, daß ich hier bin, was ich bin,
aber das heißt

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