Blutnacht
Atemzug. »Nada. Und Petra hat rausgefunden, dass der Drummond im Pornobusiness nicht Kevin ist, sondern sein Daddy. Franklin D. hat mehr als ein Dutzend Produzenten von Pornofilmen vertreten. Das Valley ist eine Pornozentrale, also ist es durchaus sinnvoll, ein Sprachrohr in Encino zu haben.«
»Verfassungsrechtliche Sachen?«
»Ganz alltägliche Zivilsachen: überfällige Rechnungen, Vertragsangelegenheiten, arbeitsrechtliche Probleme. Frank wirkt wie der klassische, hart arbeitende Einzelanwalt. Ich schätze, er wird nicht leicht rot. Angesichts all dieser nicht ganz jugendfreien Typen, die in der Kanzlei ein und aus gehen, kann ich verstehen, dass sich seine Sekretärin fragt, ob Kevin sich nasse Füße geholt hat. Sozusagen.«
»Aber kein Indiz dafür, dass Kevin etwas damit zu tun hat?«
»Bis jetzt nicht. Die Sitte wusste von Frank, hatte aber von Kevin noch nie gehört. Sie haben für mich alle einschlägigen Firmeneintragungen überprüft. Erneut nada.«
»Was ist mit Terry?«, fragte ich.
»Nichts. Aber selbst angenommen, Mommy hat ein paar Pornos gemacht – vielleicht haben sie und Frank sich sogar dabei kennen gelernt –, was bringt das, wenn Kevin nicht ins Familienunternehmen eingestiegen ist?«
»Das Familienunternehmen könnte zu Kevins sexueller Verwirrung beigetragen haben«, sagte ich. »Für sich genommen bedeutet es nichts, aber wenn du es auf den großen Haufen wirfst, hilft es dabei, Kevin etwas besser zu definieren. Ich kann verstehen, dass er sich davon distanzieren will. Besessen wird von der Kunst um der Kunst willen. Wütend wird auf Leute, die sich seiner Ansicht nach verkaufen – sich prostituieren. Aber in seinen eigenen vier Wänden sammelt er schmutzige Bilder.«
»Sexuelle Verwirrung«, sagte er. »Netter Euphemismus. Er ist schwul, Alex.«
»Für mich ist es kein Euphemismus. Er könnte hetero sein und gleichzeitig verwirrt sein.«
»Vermutlich. Okay: Die Drummonds sind äußerst verkorkst. Aber wie zum Teufel finde ich Kevin, bevor er seine Verwirrung dazu einsetzt, noch einen armen, ahnungslosen Künstler auszulöschen?«
Darauf hatte ich keine Antwort.
Er sagte: »Wir haben den Erna-Murphy-Aspekt noch nicht ad acta gelegt. Auf den Verdacht hin, dass Frank und Terry sie entgegen ihrer Aussage doch kennen, oder in der vagen Hoffnung, dass Ernas kluger, kunstinteressierter Cousin wirklich existiert. Stahl arbeitet im Internet, durchforscht den Stammbaum der Familie, indem er den Namen der herben Tante benutzt – Trueblood. Es hat sich rausgestellt, dass sie wirklich im Geld schwimmt. Sie hat einen Haushaltsgeräte-Magnaten geheiratet, wohnt in einem großen Haus in Pasadena.«
»Eine Nachbarin von Everett Kipper«, sagte ich.
Eine kleine Pause entstand. »Daran hab ich nicht gedacht … Nun gut, mal sehen, was Stahl rauskriegt. Währenddessen haben Petra und ich uns für die Showbusiness-Methode entschieden: Hast du keine Ideen, veranstalte ein Meeting. Das nächste ist heute Abend, einundzwanzig Uhr, ihr Revier: Gino’s auf dem Boulevard. Du bist herzlich eingeladen, aber ich kann dir keine Spannung versprechen.«
»Du solltest dich schämen«, erwiderte ich. »Keinen Rosengarten, und jetzt auch noch das.«
39
Allison hatte eine Pause zwischen ihrem letzten Hausbesuch des Tages und einem an Muskelatrophie sterbenden Mann, den sie im Hospiz besuchte. Ich kaufte ein paar Leckereien in einem Deli und holte sie auf der Montana Avenue vor ihrer Praxis ab, und wir fuhren nach Ocean Park und aßen, während wir den Sonnenuntergang betrachteten. Ein paar Windsurfer lungerten, von unverbesserlichem Optimismus beseelt, am Strand herum. Pelikane schlugen mit den Flügeln und suchten das Wasser nach ihrem Abendessen ab.
Allison attackierte ihr Sandwich, wischte sich den Mund ab und beobachtete die Vögel. »Ich liebe sie. Sind sie nicht herrlich?«
Pelikane sind immer Lieblingstiere von mir gewesen. Unbeholfene Flieger, aber effektive Fresser. Das sagte ich ihr, legte den Arm um sie und trank mein Bier aus. »Meine Idee von herrlich ist eher wie du.«
»Schamloser Schmeichler.«
»Manchmal wirkt’s.«
Sie legte ihren Kopf an meine Schulter.
»Du hast eine harte Nacht vor dir?«, fragte ich. Sie hatte ein paar Mal mit mir über den im Sterben liegenden Patienten gesprochen. Ein guter Mann, ein freundlicher Mann, er würde die fünfzig nie erreichen. Sie betreute ihn seit vier Monaten. Und während er nun dahinschwand, war mit Allisons Gefühl, nützlich zu sein, das
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