Blutnächte - 2
entgegentreten. Zumindest ließ er Isabella in dem Glauben.
Zu ihrem Leidwesen konnte sie auch keine Wärme in seinen Zügen sehen. In diesem Moment war sie sich beinahe sicher, dass Vampire niemals Zuneigung – oder zumindest etwas in der Art – empfanden.
„Du könntest mich also vernichten. Wenn du es willst. Mein Schicksal liegt in deinen Händen.“
„Einfach so?“
„Einfach so“, bestätigte er.
~~~
Isabella verstand nicht, was da gerade geschehen war. Der Vampir, einem geschlagenen Krieger gleich, kehrte ihr den Rücken zu. Er verließ das Badezimmer. Ungewöhnlich langsam zog er die Tür auf und hielt sich einen elendig langen Moment am Rand fest. Gerade so, als drohe ihm ein Zusammenbruch.
Kurz überlegte Isabella, ob sie einfach sitzen bleiben und abwarten sollte. Sie verwarf den Gedanken jedoch, rappelte sich stattdessen auf. Neugierig folgte sie Pascal in ihr Schlafzimmer. Sie beobachtete, wie er sich Schuhe und Jackett auszog. Dann setzte er sich auf das Bett. Seine Miene zeigte keine Regung. Er wirkte wie versteinert.
Zu gerne hätte Isabella gewusst, was genau in diesem Vampir vorging. Was er sich überhaupt dachte! Sie wurde aus seinem Verhalten nicht schlau. Andererseits wollte sie ihn erst recht nicht nach seinen Gründen fragen. Die Verständnisvolle spielen. Das wäre ja noch schöner! Mit verschränkten Armen blieb sie im Türrahmen stehen. Sie sah dabei zu, wie Pascal es sich in ihrem Bett gemütlich machte. Ihr Blick fiel auf die Fenster. Die langen, blauen Vorhänge waren zur Seite gezogen. Sobald die Sonne aufging, könnte sie Pascal ungehindert ins Gesicht scheinen. Aber das störte den Vampir offenbar nicht im Geringsten.
„Was ist mit der Sonne?“, fragte Isabella irritiert.
„Was soll damit sein?“ Ganz gemächlich schüttelte Pascal das Kopfkissen auf und legte sich schließlich zurück. In vollkommener Ruhe beschäftigte er sich damit, die Decke anzustarren.
„Sie wird aufgehen. Am Morgen. Ich meine …“, sie stockte.
In gewisser Weise kam sich Isabella unglaublich lächerlich vor. Es hätte ihr egal sein können, ob Pascal zu Staub zerfiel. Aber das war es nicht.
„Ich meine, du wirst dann direkt im Sonnenlicht liegen. Und du wirst nicht aufwachen und fliehen können. Oder etwa doch?“
Sie gestand sich ein, dass sie sich darüber in keiner Weise im Klaren war. Nie zuvor hatte sie gesehen, wie ein Vampir auf Sonneneinwirkung reagierte. Die Annahme, es würde ihn töten, konnte sie lediglich auf diverse Bücher und Filme zurückführen. Und Pascal machte nicht den Eindruck, als würde er sich um die Sonne scheren. Er lag entspannt da, sah Isabella nicht an. Nicht einmal, als er nun zu ihr sprach.
„Du könntest die Vorhänge zuziehen.“
Sie schnappte nach Luft. Seinen Hochmut hatte er ganz sicher nicht verloren.
„Du könntest sie selbst zuziehen!“
Pascal drehte sich einfach auf die Seite und tat so, als wäre er bereits eingeschlafen.
Was bildete sich dieser Vampir eigentlich ein! Isabella stieg die Röte ins Gesicht. Sie wandte sich ebenfalls ab. Sollte er doch da in ihrem Bett liegen bleiben und von der Sonne gar gebrutzelt werden! Sie scherte sich nicht darum. In wenigen Stunden würde der Morgen anbrechen. Spätestens dann wäre sie auf die eine oder andere Weise von Pascals Anwesenheit befreit. Dessen war sie sich sicher. Nur dieses drängende Gefühl in ihrer Magengegend machte ihr Sorgen. Aber vermutlich lag das an den vielen Cocktails. Isabella fühlte sich noch immer leicht benommen. Auch sie sollte endlich zu ihrem Schlaf finden.
Die Couch in ihrem Wohnzimmer hatte nie gemütlicher ausgesehen. Isabella bettete ihren müden Körper darauf. Sie schloss die Augen und wollte alles um sich herum ausschalten. Ihren dröhnenden Kopf und die Art, wie der Raum sich um sie zu drehen begann, nachdem sie nun ruhig da lag. Ihre schmerzende Brust, in der ihr Herz so heftig pochte, nur weil sie die Anwesenheit des Vampirs mit jeder Faser ihres Seins spürte. Sie warf sich herum, drückte sich das Kissen ins Gesicht, bis sie kaum mehr atmen konnte.
Verführerische Finsternis
Sein dichtes, dunkles Gefieder schimmerte im Mondschein bläulich. Er hatte die Gestalt eines gewaltigen und stolzen Raubvogels angenommen. Das machte es ihm leichter, sein Ziel zu erreichen. Er flog dicht über dem Wasser. Der Düstere liebte das Meer, auch wenn es ihm niemals sein Spiegelbild zeigte.
Wie ein Wesen aus einer fremden Welt durchbrach er nicht nur die Lüfte,
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