Blutnächte - 2
Vampir.
Ein Blutsauger.
Ein kaltes, totes Wesen, das eigentlich gar nicht mehr existieren durfte.
Verdammt noch mal!
Sie sprang von der Couch auf ihre Füße. Es gab keine andere Möglichkeit, als ihrer Unruhe ein Ende zu bereiten. Alles andere würde sie nur weiter in den Wahnsinn treiben. Sie bemühte sich bei ihrem Vorhaben allerdings nicht darum, leise zu sein. Sie stampfte regelrecht durch ihre Wohnung, so dass jeder ihrer Schritte laut und deutlich zu hören war. Voller Aufregung und mit wildem Blick stand sie schließlich in der Tür zu ihrem Schlafzimmer. Pascal lag regungslos im Bett. Er machte nicht die geringsten Anstalten, sich rühren zu wollen. Dabei war die Nacht noch nicht gänzlich vorbei. Unmöglich, dass er bereits schlief!
Isabella widerstand dem Impuls, einen Fluch auszustoßen oder ihn wach zu rütteln. Mit zusammengebissenen Zähnen tat sie das, was Pascal allem Anschein nach von ihr erwartete. Sie zog die Vorhänge zu. Darüber hinaus kontrollierte sie akribisch jede Ritze, durch die auch nur ein winziger Strahl Sonnenlicht hätte hereinscheinen können.
Als sie damit fertig war und inne hielt, spürte sie förmlich die Dunkelheit um sich herum. Sie musste sich eingestehen, dass ihr diese Situation noch viel weniger gefiel. Pascal – die Verführung höchstpersönlich – lieferte sich ihr aus. In ihrem Schlafzimmer – direkt auf ihrem Bett. Aber lieferte er sich tatsächlich aus, oder war das nur einer seiner vampirischer Tricks? Sie verstand seine Gründe nicht. Sie verstand nur, dass es sie in seiner Gegenwart permanent heiß und kalt durchfuhr, ohne dass sie etwas dagegen ausrichten konnte. Warum musste sie es bei ihm auch ausgerechnet mit einem Vampir zu tun haben?
Noch eine Weile blieb sie dort vor ihrem Bett stehen. Schweigend wartete sie ab, bis ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, und sie Pascal deutlicher erkannte. Er lag auf dem Rücken. Die blonden langen Haare breiteten sich wild um seinen Kopf aus. Eine Strähne hing ihm frech ins Gesicht. Sein Hemd – von blutroter Farbe – war wie zufällig bis zur Hälfte aufgeknöpft. Ihr Blick blieb auf dem freiliegenden Teil seines gut gebauten Oberkörpers hängen. In ihre Kehle schlich sich ein Kribbeln. Erst durch diesen Reiz fiel ihr auf, dass sie mit offenem Mund die Luft schon viel zu lange anhielt. Halb schwindelig wandte sie sich von dem Anblick des Vampirs ab. Sie ließ ihn wieder allein.
„Meine Güte“, entfuhr es ihr flüsternd, nachdem sie die Tür zum Schlafzimmer geschlossen hatte. Er sah tatsächlich verboten gut aus.
Mit einem albernen Lächeln auf den Lippen kehrte Isabella zurück zu ihrer Couch. Erneut streckte sie sich darauf aus. Dieses Mal jedoch beruhigter und mit wesentlich genussvolleren Gedanken.
~~~
Unausgeschlafen und vollkommen verkatert stand Isabella am Morgen im Badezimmer und betrachtete ihre ausgeprägten Augenringe im Spiegel. Sie versuchte sich selbst zuzulächeln. Angeblich sollte das die Laune heben. Aber sie scheiterte kläglich.
Einen kurzen Sprung unter die Dusche und drei Tassen Kaffee später machte sie sich auf den Weg zur Universität. Natürlich hatte sie mit dem Gedanken gespielt, an diesem Tag zu Hause zu bleiben und ihren vampirischen Gast zu bewachen. Wer hätte ihr auch mit Gewissheit sagen können, dass er sich tatsächlich tief in seinem Traumreich versunken befand und nicht aufwachen könnte? Ganz abgesehen von der Frage, ob Vampire überhaupt fähig waren zu träumen.
Ihr Schädel brummte ungeheuerlich. Dieser Zustand verschlechterte sich umso mehr, als sie die Metro in Richtung Universität bestieg. Unzählige Pendler machten sich stets in den morgendlichen Stunden auf den Weg. Isabella wollte sich die Ohren zuhalten, um die Stimmen der Menschen auszuschalten. Und um ihre eigenen Gedanken auszuschalten. Aber sie wusste, dass das nicht funktionieren würde. Sie ließ sich auf einem der Sitze nieder, lehnte sich zurück und schloss – wenigstens für einen kurzen Moment – die Augen.
Erst, als sie ausstieg, warf sie einen Blick auf die Uhr. Dabei stellte sie fest, dass sie zum einen viel zu spät dran war und zum anderen mitten in eine Vorlesung platzen würde. Für gewöhnlich traf sie sich mit Louisa morgens am Eingang oder in der Bibliothek. An diesem Tag jedoch schlich sie allein durch die ruhigen Gänge des Gebäudes.
Sie öffnete die Tür zum Hörsaal und spähte in die Menge. Sie musste nicht lange suchen, bis sie Louisa entdeckte. Ihre
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