Blutnächte - 2
Schultern und versuchte sie aufzurütteln.
„Von wem sprichst du?“
„Von …“ Isabella biss sich auf die Unterlippe. Beinahe hätte sie Pascals Namen erwähnt. Aber das durfte sie nicht! Auf gar keinen Fall durfte sie Louisa von den Vampiren, insbesondere von Pascal, erzählen. Das war ihr Geheimnis, und sie wollte es wie einen kostbaren Schatz hüten. Niemand sollte davon erfahren.
Als sie zu Louisa aufblickte, wurde ihr bewusst, wie feige sie sich verhielt. Es gab nur einen Grund, warum sie der Freundin nichts von den Vampiren erzählen wollte. Sie empfand tatsächlich etwas für Pascal. Sie fühlte sich zu ihm hingezogen. Der Trieb, den der Professor angesprochen hatte, wollte sich endlich von ihrer grauenhaften Vernunft entfernen.
„Der Professor“, log sie. „Ich habe mich von ihm irritieren lassen. Das ist alles.“ Sie machte eine wegwerfende Handbewegung.
Für Louisa hatte sich das Thema allerdings nicht so schnell erledigt. Sie setzte sich neben Isabella auf die Bank und machte ein nachdenkliches Gesicht. Nach einer Weile des Schweigens holte sie tief Luft, um das Gespräch noch einmal aufzunehmen.
„Warum hast du dich von dem Professor irritieren lassen? Das war doch ein ganz normaler Vortrag. Oder hast du in letzter Zeit männliche Bekanntschaften gemacht, von denen ich noch nichts weiß?“
Isabella antwortete nicht.
„Also hast du.“
„Nein, das ist nicht so, wie du denkst“, wehrte sich Isabella. „Das ist kompliziert.“
„Das ist es immer.“ Ernüchtert betrachtete Louisa ihre Freundin von der Seite. „Ist dir denn nicht klar, dass zwischenmenschliche Beziehungen überhaupt das Komplizierteste sind, was es gibt?“
Isabella wollte hinausschreien, dass es sich bei Pascal nicht um einen Menschen handelte, und somit alle Theorien in keiner Weise mit dieser Situation vergleichbar waren. Es war alles viel komplizierter, als Louisa es sich womöglich vorstellen konnte. Isabella selbst wusste so gut wie nichts über ein Wesen wie Pascal. Es gab lediglich Legenden, Geschichten und Filme. Noch mehr Theorien.
Trotzdem seufzte sie und antwortete: „Ja, ich weiß.“
„Und wer ist es?“ Louisa hatte nicht vor, locker zu lassen.
Isabella schüttelte den Kopf. „Niemand.“
„Kenne ich ihn denn?“
„Nein.“
„Hm“, machte Louisa, „so komme ich bei dir wohl nicht weiter.“ Sie lächelte ihrer Freundin zu, aber Isabella ließ sich davon nicht anstecken.
„Gut, ich sehe ein, dass es mich nichts angeht. Oder zumindest, dass du im Moment nicht über diesen geheimnisvollen Unbekannten sprechen möchtest. Aber wenn du doch irgendwann einmal jemanden zum Reden brauchst, dann bin ich da.“ Mit diesen Worten erhob sie sich von der Bank.
Isabella beobachtete sie – immer noch schweigend. Am liebsten hätte sie sich alles von der Seele geredet. Zu gerne hätte sie Louisa gefragt, was sie an ihrer Stelle tun würde. Ob sie ihrem Verlangen nachgegeben und einen Vampir in ihr Leben gelassen hätte. Würde daraus nicht zwangsläufig eine vollkommen unmögliche Situation entstehen?
In Isabellas Innerem tobte ein schrecklicher Kampf. Ihre Lippen hingegen blieben verschlossen. Sie konnte ihre Freundin einfach nur ansehen ohne dabei die geringste Gefühlsregung zu zeigen. Doch gerade als Louisa gehen wollte, richtete Isabella sich auf.
„Louisa!“
Die Freundin hielt überrascht inne.
„Danke“, sagte Isabella.
Und das genügte Louisa für den Augenblick.
~~~
Isabella zog die Beine an. Sie umschlang die Knie mit den Armen. So verharrte sie eine ganze Weile in Gedanken versunken.
Unter dem Saum ihres Hemdärmels schob sich glitzernd ihr liebstes Schmuckstück hervor. Ein Erinnerungsstück an ihre Eltern, die sie nie kennengelernt hatte. Es betrübte sie ungemein, dass die einzigen Hinterlassenschaften dieser beiden Menschen an sie ein Schmuckstuck und ein gefülltes Konto bei der Bank waren. Ansonsten wusste sie nichts von ihnen. Abgesehen von den Worten ihrer damaligen Heimbetreuerin. Man ginge davon aus, dass Isabella Vasaris Eltern nicht mehr am Leben seien.
Der Kontrast, den der schwarze Baumwollstoff mit dem Gold des Armbandes bildete, lenkte sie von ihren Gedanken ab. Sie vermisste das Funkeln in den grünen Katzenaugen. Bisher war ihr nie aufgefallen, dass sich der Glanz der Schmucksteine veränderte. Sie schob diesen Effekt jedoch auf ihre eigene melancholische Stimmung. Tief seufzend zwang sie sich zum Aufstehen.
Sie verließ das Universitätsgebäude und nahm
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