Blutnächte - 2
jemand hätte sich seiner erbarmt und würde ihn aus dieser unwirklichen Welt hinausführen. Aber schon brannte sich der Schmerz in sein Fleisch. Die Realität forderte einen grausamen Preis. Klauengleiche Finger brachten ihm tiefe Wunden bei. Das Blut rann an seinem Oberkörper hinunter. Wie glühende Lava bahnte es sich den Weg auf seiner Haut entlang. Erst da bemerkte Pascal, dass er halbnackt sein musste.
Durch den Schmerz krümmte er sich zusammen. Ächzend beugte er sich immer weiter vor. Die Klauenhand presste ihn immer weiter in Richtung Boden. Eine widerwärtige Feuchte schlug ihm ins Gesicht. Der Duft von Verwesung lag darin.
Er roch Blut.
Blut, das den Boden, auf dem er lag, bedeckte. Das sich überall ausbreitete und in die winzigen Ritzen der glatten quadratischen Steine gesickert war.
Pascal wollte seine zitternden Hände ausstrecken, um sich abzustützen. Doch genau in diesem Augenblick zurrte sich ein rauer Strick um seine Handgelenke fest und riss ihn mit einem gewaltigen Ruck vorwärts. Vergeblich suchte er nach Halt. Er war viel zu schwach. Mit dem flachen Bauch kam er am Boden auf. Sein Gesicht presste sich seitlich auf die kühle und klebrige Steinfläche. Der widerwärtige Geruch verursachte ihm eine Übelkeit, von der er geglaubt hatte, sie in der ganzen Ewigkeit niemals empfinden zu müssen.
Zwei weitere Male bemühte er sich um Halt. Seine kraftlosen Arme konnten ihn jedoch nicht abstützen. Er brach endgültig zusammen und blieb winselnd liegen. Wie ein Hund, kurz vor dem Gnadenschuss, kam er sich vor. Seine Glieder verkrampften sich. Er zog die Knie an und wollte sie mit den Armen umfassen. Doch sogleich wurde er an Händen und Füßen gepackt, als würde man ihn strecken wollen. Er verlor den Boden unter sich. Jemand oder etwas hob ihn in die Luft. Für einen Moment glaubte er zu schweben, bis er erneut mit einem wuchtigen Aufprall auf einer Steinfläche landete. Sie war ebenso klebrig und roch nach Blut, wie schon der Boden zuvor.
Mit ausgestreckten Gliedmaßen blieb er auf dem Rücken liegen. Seine Hände und Füße befanden sich nach wie vor im eisernen Griff der fremden Macht. Stricke zurrten sich überall um seinen Körper fest. Sie banden ihn an den Stein.
Dann wurde es ruhig.
„Wie fühlt sich das an – so vollkommen hilflos zu sein?“
Lachen.
Gleich mehrere Vampire mussten um Pascal herumstehen und sich über ihn amüsieren. Er öffnete die Augen einen Spalt weit. Verschwommene Umrisse zeichneten ein merkwürdiges Bild. Düstere Gestalten in einer düsteren Umgebung. Sie mussten sich in den Kellergewölben des Clubs befinden. Pascal war sich nicht sicher. Er war zu schwach, um sich ein klares Bild zu verschaffen.
„Das ist alles. Ihr könnt gehen“, dröhnte eine befehlende Stimme in seinem Kopf. Natürlich handelte es sich bei dem Sprecher um Pierre. Übelkeit und Beherrschung kämpften in Pascals Innerem um die Oberhand. Er wusste nicht, wie er sich gegen den anderen Vampir zur Wehr setzen sollte. Er lag nur da – gefesselt und in kläglicher Verfassung. Ausgeliefert. Zum ersten Mal in seinem langen Dasein kam er sich komplett hilflos vor. Und er hasste diesen Zustand mehr als alles andere.
„Es ist grausam, nicht wahr?“ Pierre packte Pascal bei seinem langen blonden Haar. Brutal zwang er seinen Kopf in den Nacken.
„Sieh mich an, wenn ich mit dir rede!“, forderte er und lachte erneut auf. Er ergriff Pascals Kinn, hielt ihn fest, so dass er die Augen weit aufriss und seinem Peiniger direkt ins Gesicht blickte.
Ein eindeutig weibliches Kichern mischte sich unter die kehligen Laute von Pierre. Schmale, lange Finger legten sich in Pascals gefesselte Hände. Kreisend fuhren die scharfen Nägel über seine Haut. Pascal zuckte. Er wollte, dass sie aufhörte. Aber sie amüsierte sich nur und machte weiter. Sie quälte ihn eine ganze Zeit lang auf diese sanfte Weise. Dann richtete sie sich über ihm auf.
Pascal wurde sich allmählich seiner Lage bewusst. Die Vampire hatten ihn an den Steinalter gebunden. Als wäre er ihr nächstes Opfer.
War er ihr nächstes Opfer?
Erneut unternahm er einen Versuch, an seinen Fesseln zu zerren. Aber er hatte weder die Bewegungsfreiheit noch die Kraft dazu, sich selbst zu helfen.
Pierres Griff löste sich.
Pascal fragte sich, was das zu bedeuten hatte. Sollte er eine Opfergabe an die Vampirin sein, und wurde er nun ihrer alleinigen Willkür überlassen?
Doch nur Sekunden später erblickte er Pierre erneut aus dem
Weitere Kostenlose Bücher