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Blutnebel

Blutnebel

Titel: Blutnebel Kostenlos Bücher Online Lesen
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die Zeit genommen hast herauszufinden, was du eigentlich fühlst.«
    Sie drückte das Gesicht fester gegen seine Brust. Ihre Augen waren trocken, doch sie brannten.
    Ich will nichts weiter, als dass du nicht vor deinen Gefühlen davonläufst.
    Er hatte ja keine Ahnung, was er da verlangte. Wenn sie einen Weg gefunden hätte, um ohne Gefühle durchs Leben zu kommen, hätte sie ihn im Handumdrehen eingeschlagen.
    Doch das Risiko hier lag nicht in dem Vorschlag, den er ihr machte. Das wusste sie, noch während sie versuchte, ihn abzulehnen.
    Die wahre Gefahr lag darin, wie sehr sie in Versuchung war, ein Leben voller Abwehr hinter sich zu lassen und genau das zu tun, worum er sie bat.
    Trotz der fast völligen Finsternis trottete er mit sicherem Schritt durch den Wald. Kathleen Seberns Habseligkeiten hatte er in seinen Rucksack gestopft. Höchste Zeit, das Zeug loszuwerden, ehe sie jemand fand. Es war nichts als Schlamperei, etwas zu übersehen.
    Das Geräusch neben ihm ließ ihn mit einer fließenden Bewegung das Gewehr anlegen. »Wer ist da?«
    Nur die Laute nachtaktiver Tiere umgaben ihn. Doch er ließ sich nicht narren. Mit einer Hand fasste er nach oben und zog sich die Nachtsichtbrille über den Sehschlitz in der Sturmhaube. Sofort nahm das Waldesinnere einen gespenstischen grünen Schein an. Er sah einen Waschbären unter einem Busch verschwinden und atmete etwas ruhiger. Dennoch blieb er eine ganze Weile reglos stehen. Blickte sich um.
    Er duldete keine Unachtsamkeit. Nicht von anderen. Nicht von sich selbst. Als er nichts Verdächtiges entdeckte, ging er weiter. Doch er war kaum ein paar Schritte weit gekommen, als hinter ihm zischende Worte ertönten.
    »Du bist böse. Du hast sie schreien lassen, und das sag ich.«
    Er wirbelte mit erhobener Waffe herum und musterte seine Umgebung. Es war niemand zu sehen. Nur Sträucher, Bäume und gelbe Augen, die ihn anfunkelten. »Wer ist da?« Er blinzelte in die Zweige über ihm und fragte sich, ob dort oben jemand hockte.
    »Echt wahr. Du bist böse. Böse Männer müssen sterben.«
    Er sah noch einmal hin, diesmal genauer. War das ein Ellbogen, der sich hinter dem Kiefernstamm zeigte? Er wich zurück und ging in Deckung.
    »Du kommst an den schlimmen Ort. Du hast sie totgemacht. Tot is’ tot.«
    Er atmete aus. Es war dieser gestörte Ezra T. Er spähte um den Baum herum. Ja, genau, er versteckte sich hinter dieser Kiefer. So dürr, wie er war, war er dahinter kaum zu erkennen. »Ich weiß nicht, was du meinst, Ezra T. Warum kommst du nicht raus, und wir reden darüber?«
    Langes Schweigen war die Folge. »Hast du Kaugummi?«
    Was für ein Idiot. Warum durfte der eigentlich frei herumlaufen? »Klar hab ich Kaugummi. Juicy Fruit. Magst du Juicy Fruit?«
    »Dubble Bubble. Ich mag gern Dubble Bubble.«
    »Tja, mal sehen.« Er tat so, als schaue er in seinen Taschen nach, während er die Kiefer im Auge behielt. Ezra T. bewegte sich und zeigte den Rand einer Schulter. Nicht genug für einen Schuss. »He, sieh mal hier, ich hab Dubble Bubble. Komm doch rüber, dann kriegst du einen.«
    Der Irre kam tatsächlich näher. Allerdings schneller, als er erwartet hatte, und auf dem Weg zu einem anderen Baum. Doch die Zeit reichte, um die Schrotflinte abzufeuern.
    Ein ohrenbetäubender Schrei sagte ihm, dass er den Irren voll getroffen hatte. Er trat hinter seinem Baum hervor und suchte den Boden ab, um zu sehen, wohin er gefallen war.
    Seine Brille beschlug. Er wischte sie mit einer behandschuhten Hand ab, doch als die Sicht nicht besser wurde, nahm er sie ab und untersuchte sie.
    Auf einmal erkannte er, dass er von Nebel umgeben war. In einer roten Dunstwolke stieg er vom Boden auf, dick, undurchdringlich und erstickend.
    Sein Schreck ging in Panik über. Er versuchte, den Nebel wegzuschieben. Ging ein paar Schritte und versuchte herauszufinden. Doch der Nebel umhüllte ihn. Machte ihn blind für alles auf seinem Weg. Und mit jeder Sekunde wurde er dichter. Die Farbe von Blut.
    Der rote Nebel. Sein Magen wurde zu einem Eisklumpen. Er griff danach, als sich der Nebel um seinen Hals zu schlingen schien und ihm den Atem nahm. Seine Lunge verschloss sich, während er die Hände hob, um hilflos seinen Hals zu betasten.
    Allmächtiger Gott, rette deinen Diener!
    Er vergaß Ezra T. Vergaß, dass er Kathleen Seberns Habseligkeiten entsorgen musste. Er dachte nur noch an Flucht. Er sah nichts. Konnte nicht atmen. Das Blut rauschte ihm in den Ohren. In seinem Brustkorb steckte eine Faust,

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