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Blutnebel

Blutnebel

Titel: Blutnebel Kostenlos Bücher Online Lesen
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das Licht der Scheinwerfer übers Fenster strich. Mit dem Bericht in der Hand stand sie auf, trat ans Fenster und zog den Vorhang ein Stück zur Seite. Selbst in der Dunkelheit erkannte sie Matthews in einer der beiden Gestalten, die aus einem Auto stiegen und auf einen Bungalow zwei Türen weiter zugingen.
    Sie kam sich vor wie eine Voyeurin, als sie den Vorhang wieder fallen ließ und zu ihrem Stuhl zurückkehrte. Der Agent hatte nicht lange gebraucht, um eine Bekanntschaft zu machen. Vermutlich wohnte Powell direkt neben ihr, was hieß, dass der Jüngere den Bungalow neben seinem hatte. Sie fragte sich, was der ältere Beamte wohl von den außerplanmäßigen Aktivitäten seines Kollegen hielt, doch sie kannte ihn nicht gut genug für eine konkrete Vermutung.
    Sie studierte weiter den Bericht, ehe etwas darin sie aufschreckte. Sie beugte sich vor, griff nach den Fotos, die der Rechtsmediziner gemacht hatte, und schaute sie durch, bis sie die gesuchten fand.
    Die Tote war mit dem Gesicht nach unten im Wasser liegend gefunden worden. Ein Unterschenkel hatte vom Fuß bis zum Knie herausgeragt und so die Aufmerksamkeit der Teenager erregt. Und hinten am Knöchel hatte der Rechtsmediziner eine Substanz entdeckt, die er identifizieren konnte.
    Bleichlauge.
    »Ich finde, die Identifizierung des Opfers sollte Vorrang haben«, erklärte Ramsey entschieden. »Wenn wir erst einmal wissen, wer sie ist und woher sie kam, können wir unsere Suche nach ihrem Mörder eingrenzen.«
    »Einverstanden, aber wir haben in diesem Fall jede Menge verschiedene Ermittlungsstränge, und wir müssen allen davon nachgehen.« Powell nippte an einem Glas Milch, das er sich an der Motelrezeption geholt haben musste. »Angefangen damit, dass wir die Aussagen sämtlicher Zeugen genau überprüfen müssen.«
    »Der Sheriff hat mir versichert, dass die Jugendlichen für die Tatzeit ein Alibi haben.«
    »Wir haben noch nicht mit jedem gesprochen, der behauptet, sie an dem Abend gesehen zu haben. Und ein paar von denen, mit denen wir zu reden versucht haben, waren nicht besonders entgegenkommend. Wir müssen außerdem jeden Anwohner der Straße zum Wald ansprechen. Vielleicht kann uns jemand was über ein Fahrzeug sagen, das er an dem Abend gesehen hat.«
    »Wir könnten einen Polizeizeichner ein Bild des Opfers anfertigen lassen«, schlug Ramsey vor. Matthews hatte noch kein Wort gesagt. Er saß am Tisch und verputzte gerade seinen zweiten Donut, begleitet von einem Becher Kaffee. Falls er irgendwie unter den Nachwirkungen seiner langen Nacht litt, so zeigte er es zumindest nicht. »Und es in den Nachbarorten herumreichen.«
    »Niemand hat die Frau als vermisst gemeldet.« Der jüngere Polizist meldete sich schließlich zu Wort, ehe er den nächsten Bissen von seinem Donut nahm. »Es kam immer wieder in den Nachrichten, und in keinem der Anrufe, die bisher beim Sheriff eingegangen sind, war die Rede von einer Frau, die auf die Beschreibung unseres Opfers passt.«
    »Umso mehr Grund, ihr Porträt zu verbreiten«, beharrte Ramsey. »Vielleicht weiß noch gar niemand, dass sie vermisst wird. Sie könnte eine Ausreißerin sein. Oder obdachlos. Oder eine Frau, die so isoliert gelebt hat, dass ihre Angehörigen noch nicht einmal wissen, dass sie verschwunden ist.« Männer, die ihre Frauen oder Freundinnen schlugen, sorgten meistens dafür, dass diese den Kontakt zu ihren Familien verloren. Ihre Unbekannte könnte von einem Ehemann oder Lebensgefährten getötet worden sein und von den Menschen, denen sie am Herzen lag, noch gar nicht vermisst werden.
    »Ich gebe ihr Bild nicht an die Presse«, erklärte Powell entschlossen. Er trug denselben Anzug wie am Vortag, in irgendeiner undefinierbaren dunklen Farbe, und dazu ein frisches weißes Hemd. Nur die Krawatte war anders. »Jeffries dreht mir den Hals um, wenn ich den Medien noch etwas zum Fraß vorwerfe, das ihr Interesse weiter anfacht. Meine Aufgabe ist es, sie, so gut es geht, im Zaum zu halten.«
    Ehe sie zu einer Entscheidung gelangt waren, klopfte es an der Tür. Als Powell öffnete, stand ein Mann mittleren Alters in einer Hilfssheriffuniform draußen. »Morgen.« Nach der obligatorischen Begrüßung trat er ein. Seine Miene war ernst. »Ich bin Chief Deputy Phil Stratton. Sheriff Rollins hat mich gebeten, auf dem Nachhauseweg von der Arbeit hier vorbeizuschauen. Bei ihm im Büro sitzt ein verzweifeltes Elternpaar.« Sein Blick wanderte von einem Gesicht zum anderen. »Leute von hier namens Jim und

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