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Blutnetz

Blutnetz

Titel: Blutnetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Justin Scott
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bestand seine zweite Arbeitsschicht aus einem amerikanischen Vorarbeiter, Bob Hall, und einer Truppe, die Hall als die typische Bande von Ausländern betrachtete - vier Ungarn und ein mürrischer Deutscher als Ersatz für den fünften - fehlenden - Ungarn. Soweit Bob Hall aus ihrem Gebrabbel entnehmen konnte, war ihr abwesender Kumpel entweder in irgendeinen Brunnen oder Schacht gefallen oder von einer Lokomotive überfahren worden - er konnte es sich aussuchen.
    Der Deutsche hörte auf den Namen Hans. Er behauptete, in den Krupp-Werken im Ruhrgebiet gearbeitet zu haben. Das war Bob Hall, dem Vorarbeiter, nur recht. Hans war stark, kannte sich mit seiner Arbeit anscheinend bestens aus und verstand außerdem mehr Englisch als alle vier Ungarn zusammen. Außerdem wäre es Mr Gordon vollkommen egal gewesen, wenn der Deutsche direkt aus der Hölle gekommen wäre, solange er hart arbeitete.
    Die Schicht ging in ihre achte Stunde, als sich im oberen Teil des Hochofens eine Träne aus teilweise verfestigtem Eisen bildete. Sie drohte den Abzugkanal zu verschließen, durch den heiße brennbare Gichtgase abgeleitet wurden. Vorarbeiter Hall riet dazu, die Träne zu entfernen, ehe sie noch größer wurde. Chad Gordon fiel ihm barsch ins Wort. »Ich sagte doch: ›mehr Kalk‹.«
    Auf eine solche Gelegenheit hatte der Deutsche gewartet.
    Eilig stieg er die Leiter zur Gicht des Hochofens hinauf, wo Karren mit frischem Schüttgut bereitstanden. Jede enthielt ungefähr zwölfhundert Pfund Eisenerz oder Koks oder kalkhaltigen Dolomit mit einem besonders hohen Anteil an Magnesium, von dem sich Chad Gordon eine zusätzliche Härtung des Metalls erhoffte.
    Der Deutsche stemmte sich gegen eine Karre mit Kalk und schob den zweirädrigen Wagen zur Einfüllöffnung des Hochofens.
    »Warte, bis es kocht!«, brüllte der Vorarbeiter von der Basis des Hochofens, wo geschmolzene Verunreinigungen aus dem Schlackenloch Sickerten. Das geschmolzene Eisen und die Schlacke im unteren Teil des Hochofens siedeten mit sechzehnhundert Grad Celsius. Doch das Erz und der Koks am oberen Ende hatten kaum vierhundert Grad erreicht.
    Hans hörte ihn offenbar nicht, während er den Kalk in den Hochofen kippte und die Leiter dann eilig herabkletterte. »Du bist wohl wahnsinnig!«, tobte der Vorarbeiter. »Es ist nicht heiß genug! Du hast den Gichtkanal verstopft!«
    Hans drängte den Vorarbeiter aus dem Weg.
    »Mach dir keine Sorge wegen der Eisenträne«, rief Chad Gordon, ohne nach oben zu blicken. »Sie sackt jeden Moment herunter.«
    Der Vorarbeiter wusste es besser. Der feste Erzklumpen verhinderte den Abzug brennbarer Gase aus dem Hochofen. Hans' zusätzliche Ladung Kalk hatte die Lage noch verschlimmert. Und zwar enorm. Er gab den Ungarn ein Zeichen. »Los, seht zu, dass ihr nach oben kommt und den Gichtkanal frei macht!«
    Die Ungarn zögerten. Auch wenn sie nicht allzu viel Englisch verstanden, so kannten sie doch immerhin die Gefahr, die von den entflammbaren Gasen ausging, die sich über dem Möller sammelten. Halls geballte Faust und wütende Gesten in Richtung der Leiter ließen sie hastig, bewaffnet mit Stangen und Hacken, zur Gicht des Hochofens hinaufkraxeln. Doch als sie kaum damit begonnen hatten, den Erzklumpen mit ihren Werkzeugen zu bearbeiten und zu lockern, sackte er aus eigener Kraft in einem Stück abwärts. Genauso wie Mr Gordon es prophezeit hatte. Nur dass die Schubkarrenladung Kalk auf der kalten Kuppe des Möllers weiterhin den Gichtkanal verschloss. Als die Eisenträne einige Meter abrutschte, entzündete der plötzlich in den Hochofen einströmende Schwall frischer Außenluft kombiniert mit der Hitze darunter die komprimierten Gichtgase.
    Sie explodierten mit lautem Donnern und einer Wucht, die das Dach von der Halle sprengte und auf eine Bessemerbirne in fünfzig Metern Entfernung schleuderte. Die Explosion riss den Ungarn die Schuhe und die Kleidung vom Leib und verbrannte ihre nackten Körper in Sekundenschnelle. Tonnen glühenden Schutts quollen über den Gichtrand des Hochofens. Wie ein brennender Wasserfall ergoss sich der Hochofeninhalt auf den Vorarbeiter und Chad Gordon und deckte beide Männer mit lodernden Flammen zu.
    Der Deutsche rannte, wobei er von dem Gestank verbrannten Fleisches würgen musste. In seinen weit aufgerissenen Augen flackerte das nackte Grauen über das, was er in Gang gesetzt hatte, sowie die Angst, das siedende Eisen könne ihn ebenfalls einholen. Niemand bemerkte die einzelne rennende Gestalt,

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