Blutorangen
sagte: »Ich habe gehört, daß Sie Bulle sind.«
Der Kellner kam mit Wasser, und als ich darauf wartete, daß der Kellner seine Arme aus meinem Sichtfeld nahm, sah ich hinter der unschuldigen Miene Rolands anderes Gesicht.
»Ich arbeite nur im gerichtsmedizinischen Labor, das ist alles.«
»Ich habe selbst mal daran gedacht, zur Polizei zu gehen.«
»Ist nicht wahr.«
Patricia sagte: »Hören die Wunder denn gar nicht auf?«
»Entweder das oder die Marine, so lange die Uniform blau ist. Aber Jungs aus Oklahoma treffen nicht immer die besten Entscheidungen.« Und dann warf er auf meine Freundin einen langen Blick und sagte: »Außer, im Moment. Nicht wahr, Schätzchen?«
»Mach mal halblang«, sagte sie, aber sie genoß es. »Wenn du mich nochmal so nennst, dann werde ich dir zeigen, wo es langgeht.«
Er fragte mich: »Ihr wart beide dort, als mein Bruder und ich geschäftlich da zu tun hatten, hm? Das hat Schätzchen gesagt.« Patricias Bein schnellte hoch und Rolands berührte dadurch meines und blieb vier Sekunden da, bis ich mein Bein wegnahm. »Sie hat einen gefährlichen Tritt«, sagte er.
»Die Welt ist klein.«
»Ich denke, daß sie irgendwo einen Freund hat, von dem sie mir nichts sagen will. « Sein Zeigefinger strich über ihren Handrücken wie ein Scheibenwischer. Dann drehte er seinen Kopf langsam zu mir und blinzelte.
Ich sagte: »Ich glaube, ich habe Sie auf dem Parkplatz gesehen.«
»Also, wenn ich zwei hübsche Puppen wie euch gesehen hätte, dann könnte ich mich daran erinnern. Nein, Phil und ich haben unsere Angellizenz abgeholt und sind dann abgehauen.«
»Angellizenz?« sagte Patricia.
»Die bekommst du dort nicht«, sagte ich ihr. Ich lachte Roland an. Wir sind doch eigentlich alle Kumpel hier.
Er nickte mir zu und blinzelte. »Patricia kann man viel erzählen, nicht wahr?« Er zog Patricias Hand an seine Lippen, küßte ihre Fingergelenke und sagte: »Ich sah sie in dieses orangefarbene Franzosenauto steigen und dachte mir, das ist aber ein netter Happen.«
Ein Kellner mit langen schwarzen Haaren, die ihm ins Gesicht fielen, nahm die Getränkewünsche entgegen. Ich sagte, daß ich nichts essen wollte. Patricia sah mich ausdruckslos an, aber ich wußte, daß sie nicht meiner Meinung war. Ich würde noch davon zu hören bekommen.
Ich fragte: »Was arbeitest du, Roland?«
»Was gerade am besten bezahlt wird.«
»Er wird jetzt bald Computerkurse machen.« Patricia lachte.
Roland bewegte seine Gabel zum Rhythmus der Musik gegen das leere Weinglas. Er sagte: »Ich habe als Taucher Unterwasserreparaturen durchgeführt, zum Beispiel an Bohrinseln.«
Ich nickte. Sprich ruhig weiter, mein Junge.
»Mein Job ist nächste Woche hier zu Ende. Dann gehe ich vielleicht nach Hawaii. Will jemand mitkommen?« Er lachte Patricia an und zog an ihren Fingerspitzen. Dann schaute er mich an, als ob er sagen wollte, wir könnten auch einen flotten Dreier daraus machen.
Die Getränke kamen. Ich trank meins in drei Schlucken und kaute an der Frucht, während Patricia davon sprach, mit der Maklerei Geld zu machen und Rolands Augen immer grüner wurden. Sein Knie berührte meins.
Ich sagte, ich müsse gehen. Roland sagte: »Hey, die Organisation der »Mütter gegen Alkohol am Steuer« wird dich einfangen. Du hast den Drink ja nur so runtergekippt.«
»Kümmere dich um deinen Kram, Roland«, sagte Patricia. »Smokey kann auf sich selbst aufpassen.«
»Das glaube ich dir gerne. Aber weißt du was? Ich habe das Gefühl, Smokey — übrigens, das ist ein toller Name, weißt du das?«
»Bis bald.« Ich stand auf und legte einen Fünf-Dollarschein auf den Tisch.
Roland sprach weiter. Er hatte eine Stimme, wie ich es mag. Er sagte: »Ich habe das Gefühl, daß Smokey mich nicht mag. Wie kann das sein, wo ich doch so ein netter Kerl bin.«
Patricias Gesicht wurde aufmerksam, so, als ob ich vielleicht etwas Falsches sagen würde.
Ich sagte, immer noch stehend: »Ich kann es auch gleich sagen, Roland. Ich mag die Tatsache nicht, daß du, kurz nachdem wir euch gesehen hatten, in Patricias Appartementkomplex aufgetaucht bist. Ist das klar genug für dich?«
»Oh, jetzt verstehe ich. Du hast ihr von mir erzählt, Patricia, über meine kleinen Zusammenstöße mit dem Gesetz vor langer Zeit ?« Er fragte sie, schaute mich aber an. »Ich dachte, daß ein Mensch in diesem Land noch eine Chance bekäme. Warum war ich in Vietnam, wenn das nicht so ist?«
Ich schüttelte den Kopf und lachte und sagte:
Weitere Kostenlose Bücher