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Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1

Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1

Titel: Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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so etwas nur ungehorsame Kinder, von ihren Eltern dazu genötigt. Urok fühlte trotzdem keine Scham, als er fortfuhr: »Ich hätte dein Leben gern geschont, aber
mir sind die Hände gebunden. Unsere Gesetze lassen keine Ausnahmen zu.«
    Das stimmte natürlich nicht ganz. In Wirklichkeit waren die Gesetze der Blutorks biegsamer als die Äste eines jungen Baums. Doch Urok mochte nicht offen eingestehen, dass er in der Hierarchie viel zu weit unten stand, um seinen Willen so ohne weiteres durchzusetzen.
    »Schon gut, ich habe nichts anderes erwartet.« Ragmar warf den Federkiel zur Seite und faltete das Blatt zusammen, bevor er sich aufrichtete. Der gehetzte Ausdruck in seinen Augen war auf einmal verschwunden. Stattdessen wirkte er vollkommen ruhig und gefasst. »Ich bitte dich weiterhin nur um eins«, fuhr er fort. »Bring meiner Familie diesen Geldbeutel, damit mein Tod nicht völlig umsonst sein wird.«
    Ohne auf den roten Strom zu achten, der ihm den nackten Arm herabrann, griff er nach dem Lederband um seinen Hals. Urok trat rasch näher, um die Übergabe mit seinem massigen Körper zu decken, aber das wäre nicht nötig gewesen. Um sie herum waren alle Krieger mit sich selbst und dem bevorstehenden Aufbruch der Horde beschäftigt.
    Rasch nahm er den prall gefüllten Beutel an sich und ließ ihn hinter seinem breiten Gürtel verschwinden. »Diese Münzen werden deine Leute erreichen«, versprach er rau. »Darauf hast du mein Wort.«
    »Ich weiß.« Ragmar sah zu ihm in die Höhe, die Augen nun doch gerötet und von einem feucht glänzenden Schimmer überzogen. Doch er riss sich zusammen. Seine eben noch schwankende Stimme klang wieder fest und entschlossen, als er hinzufügte: »Hier, das ist für dich. Wie versprochen.«
    Überrascht starrte Urok auf den klein gefalteten Fetzen, der plötzlich in seiner offenen Hand lag. Eine Unzahl roter Striche zeichnete sich auf dem Papier ab. Er wusste nicht, was er damit anfangen sollte.
    »Nimm es an dich«, forderte Ragmar. »Rasch!«
    Urok schloss die Finger, obwohl es nur Rowan war, der sich ihnen
von der Seite her näherte. »Wir müssen los«, verkündete der Scharbruder. »Die anderen warten schon.«
    Urok nickte stumm, während sich Ragmar gehorsam hinter dem Magister einreihte. Die Schultern gestrafft, den Kopf erhoben. Auf einmal schien der Tod für ihn jeden Schrecken verloren zu haben.
    Rowan starrte neugierig auf Uroks geschlossene Faust mit dem Papierfetzen, stellte aber keine Fragen. »Der Hellhäuter hat sich die Wunde am Arm selber beigebracht«, erklärte er stattdessen. »Ich konnte ihn nicht daran hindern.« Da er keine Antwort erhielt, zuckte er nur mit den Schultern, wandte sich den Gefangenen zu und führte sie fort.
    Urok hingegen rührte sich nicht. Geduldig wartete er ab, bis sich die Horde langsam von der Lichtung entfernte. Vorher wagte er es nicht, den Zettel in seiner Hand zu entfalten. Der linken Kante nach zu urteilen, die keineswegs gerade verlief, sondern unregelmäßig ausfaserte, handelte es sich um eine Seite, die Ragmar unbemerkt aus dem ledernen Buch gerissen hatte. Ursprünglich blütenweiß, war sie nun von beiden Seiten mit roten Zeichen bedeckt.
    Urok spürte einen scharfen Schmerz in der Brust, als er endlich begriff, was er da in Händen hielt. Es handelte sich um eine Handvoll detaillierter Zeichnungen, die Schritt für Schritt erklärten, wie sich aus zwei halbrund geschnitzten Holzteilen, einigen Sparren und einem Metallband ein leichtes, aber äußerst belastbares Speichenrad herstellen ließ.
    Dafür also hatte Ragmar den angespitzten Federkiel ein ums andere Mal in die offene Wunde getunkt – er hatte mit seinem eigenen Blut gezeichnet. Je länger Urok auf die einzelnen Abbildungen mit den dazugehörigen Anmerkungen starrte, desto heißer wurde ihm. So etwas hatte es noch nie zuvor in Arakia gegeben: dass ein Mensch solch eine Anleitung für einen Ork malte, und das freiwillig und mit seinem eigenen Blut.
    Eine Zeichnung aus Menschenblut! Das war wirklich unglaublich. Wie sollte er da in Ragmar weiterhin einen schwächlichen Hellhäuter sehen? Wie, wenn er sich doch so edel wie ein Ork benahm?

    Beschämt sah Urok von der Zeichnung auf, doch er stand längst allein auf der Lichtung; alle anderen waren bereits zum Dorf der Madak-Sippe aufgebrochen. Verwirrt faltete er den Zettel zusammen, steckte ihn in die Tasche seines Wehrrocks, in der schon Orgurs Dolch ruhte, und eilte der Horde nach.

10
    D as Dorf der Madak lag auf

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