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Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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wegwünschen. Und ...« Sie stockte. »Und ich würde mir wünschen, dass ich Patrick nicht mit zu deinem Fest gebracht hätte. Dass er noch lebt.«
    »Wart ihr ... zusammen?«, fragte Will vorsichtig.
    Saskia schüttelte den Kopf. »Das wäre nichts für uns gewesen. Aber wir waren Freunde, Will.« Ihre Augen brannten, Tränen kündigten sich an.
    »Willst du darüber reden?«
    »Nein«, sagte sie mit fester Stimme. »Fang mit der Recherche an. Ich muss noch etwas erledigen.« Sie nahm ihr Handy, rief im Bon Goût an und erklärte ihrer aufgeregten Mitarbeiterin, dass das Restaurant wegen eines Trauerfalls auf unbestimmte Zeit geschlossen werden musste. Während sie sprach, sah sie Patricks Leiche vor sich, die vermutlich noch immer unter dem Mantel in der Kammer lag. Zerstückelt, allein. Sie merkte, dass ihre Stimme immer dünner wurde.
    Will musste warten, bis das System des Rechners hochgefahren war, und betrachtete die telefonierende Saskia. Das Gefühl, das sich in ihm ausbreitete, wenn er sie länger anschaute, verstärkte sich. Er spürte, dass aus der Sympathie für sie mehr wurde. Es bahnte sich etwas zwischen ihnen an, und obwohl ihm dies ein warmes Gefühl bescherte, irritierte es ihn auch; lag es vielleicht daran, dass sie sich gemeinsam in dieser Zwangslage befanden? Hieß das nicht Stockholm-Syndrom? Wie jeder wusste, schweißten extreme Situationen die fremdesten Menschen zusammen. Er wollte gerne an mehr glauben, denn eine Beziehung aus einer solchen Lage heraus würde wenig Bestand haben; und zu seiner Überraschung stellte Will bei diesem Gedanken fest, dass er sich wirklich eine echte Beziehung zu Saskia wünschte. Etwas, was er lange nicht für möglich gehalten hatte.
    Sie war vom Typ her nicht sein Fall, auch wenn sie nicht schlecht aussah. Er mochte mehr die dunkelhaarigen, südländischen Frauen mit großer Oberweite. Das alles war Saskia nicht. Und dennoch war es ihm bei ihr gleich.
    Will zwang seinen Blick auf den Bildschirm und ging online. Es schien ihm einfacher zu sein, auf die Suche nach einem Gegenstand zu gehen, der nach rationalen Maßstäben gar nicht existieren durfte, als sich mit seinen eigenen Gefühlen auseinanderzusetzen.
    Er tippte die Suchbegriffe Baikalsee und Kloster ein - und bekam neuntausenddreihundertvierzig Treffer.
    Er fluchte leise und klickte sich durch die besten Ergebnisse.
    Es gab einige Klöster rund um den See oder etwas weiter davon entfernt; dem Namen Ivolginsk begegnete er sehr oft, auch vom Gandan-Kloster las er ständig in Reiseangeboten. Doch sobald er sich die Bilder dazu herunterlud und sie eingehend betrachtete, wusste er instinktiv, dass es nicht der Ort war, an dem sich das Schwert befand.
    Will schloss die Augen und versuchte, sich an den Moment in seiner Vision zu erinnern, in dem er die russischen Gesänge vernommen hatte. Es war eine Liturgie, so vermutete er, und zusammen mit der Kirchenglocke passte das zu einem orthodoxen Kloster. Somit schieden westliche und buddhistische oder sonstige Glaubenseinrichtungen aus. Er gab den veränderten Suchbegriff ein, doch auch hier ergab sich nichts, was ihm weiterhalf.
    Wieder horchte er in sich hinein. Einzelne Bilder tauchten erneut vor seinem inneren Auge auf. Er bekam den Eindruck, dass es sich um ein sehr altes Kloster handelte. Demnach müsste es heute entweder eine echte Attraktion sein - oder längst vergessen. Will entschied sich zuerst für die einfachere Suche. Er variierte die Vorgehensweise, wühlte sich durch die Angebote der Reiseveranstalter, durchforstete Rundreiseangebote und stieß bei einem Anbieter, der sich an Ornithologen richtete und das Selenga-Delta als Vogelparadies pries, auf eine Ausflugsroute rund um das Kloster von Posolsk.
    Als er das Bild dazu abrief, glaubte er es auf Anhieb zu erkennen. »Das ist es!«, sagte er. »Das ist das Kloster aus meiner Vision.« Ein Gefühl sagte ihm, dass alles passte. Richtig sicher würde er sich jedoch erst sein, wenn er die Glocke schlagen hörte.
    Saskia stellte sich neben ihn und beugte sich herab, um besser auf den Monitor sehen zu können. Ihre Haarsträhnen kitzelten seinen Hals und Nacken; er roch ihren Duft. Sie hatte etwas sehr Anziehendes, und Will ertappte sich dabei, dass er den Kopf leicht in ihre Richtung drehte, um mehr von ihr zu riechen. Ihr Hals war nicht mehr als eine Fingerlänge von seinem Gesicht entfernt.
    »Das ging schnell«, sagte sie überrascht und erleichtert zugleich. »Das Kloster von Posolsk?« »Ja«,

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