Blutportale
Wohin ist er verschwunden?«
»Sie müssen sich nicht mehr vor dem Geist fürchten. Wir müssen davon ausgehen, dass er seine Kraft verloren hat.«
»Und das Schwert? Was ist so Besonderes daran, dass man es beschützen muss? Bitte, Sir, Sie müssen es mir sagen!«
Der Mann räusperte sich. »Sie sind entlassen.«
»Aber ...«
»Sie werden mein Haus nie wieder betreten, haben wir uns verstanden?«, fiel ihm der Sir missfällig ins Wort. Jedes seiner Worte traf Will wie eine Ohrfeige, und er merkte, wie er unwillkürlich den Kopf einzog. »Ihre Sachen lasse ich in den Laden bringen. Seien Sie stolz: Sie haben dem Bösen das gegeben, wonach es seit mehr als einhundert Jahren trachtete. Leben Sie w...«
Saskia wollte Will nicht zum alleinigen Sündenbock machen. »Halt! Warten Sie!«, schrie sie. »Ich bin diejenige, die die Kammer geöffnet hat. Was geht hier vor? Sie schulden mir die Wahrheit!«
Stille.
»Hallo? Hallo! Sie müssen mit mir reden!«, rief sie aufgebracht. »Ich habe es nicht mit Absicht getan!« Jedenfalls hoffte Saskia dies inständig.
Nach einer weiteren quälenden Ewigkeit räusperte sich der Sir; offenbar hatte er über die neuen Entwicklungen nachdenken müssen. »Es ist gut, das zu wissen«, sagte er, und sie fand, dass er erleichtert klang. »Und solange Sie am Leben sind, haben wir die Möglichkeit, das Schlimmste zu verhindern. Und damit meine ich das Schlimmste!«
»Mo« Dieu! Den Untergang der Welt?«, kam es spöttisch von Justine.
»Das ist doch ...«, donnerte es fassungslos aus dem Lautsprecher. »Wer ist noch bei Ihnen?«, verlangte der Sir zu wissen.
»Es tut mir leid, Sir«, erklärte Will matt. »Ich ... ich wusste nicht, was ich tun sollte. Wir sind zu dritt. Unsere Freundin ist...« Er sah, dass Justine eine seltsame Grimasse zog, die wohl an einen Wolf erinnern sollte, und dann heftig den Kopf schüttelte. Vielleicht hatte sie recht. »... eine dritte Überlebende und gerade noch rechtzeitig der Hölle entkommen.« Damit log er zumindest nicht. »Bitte, Sir, Sie müssen uns sagen, worauf wir uns gefasst machen müssen.« »Mit dem Ende der Welt, Gul«, tönte es ihm dumpf entgegen. »Zumindest mit dem Ende unserer Zivilisation und dem Leben, das die Menschheit bisher führen durfte. Aber noch können wir dieses Schicksal abwenden. Mit Hilfe Ihrer Freundin wäre es vielleicht möglich, alle Artefakte in der kurzen Zeit zu finden und sie im Marianengraben zu versenken, dem einzigen Ort, an dem sie endgültig und für alle Zeiten vor Zugriff bewahrt sein werden. Nur so können Sie verhindern, dass die Blutportale geöffnet werden.«
»Wäre es nicht einfacher, diese Dinger zu vernichten? Was versteckt wird, kann auch gefunden werden«, wollte Justine wissen. »Das ist eine Erfahrung, die ich schon mehrmals und sicherlich nicht als Einzige machen durfte.«
»Nein«, kam es sofort barsch aus dem Hörer. »Jeder Versuch führt zu schrecklichen Katastrophen!«
»Demnach wurde es schon versucht«, hakte Justine sofort nach und sah die anderen beiden an, als wollte sie sagen: Der Kerl spielt falsch. »Was ist geschehen ... Sir?« Sie sprach die formale Anrede mit so viel Ironie aus, dass Will zusammenzuckte. Saskia konnte sich trotz der angespannten Situation ein Lächeln nicht verkneifen.
Der so Angesprochene schnaufte. »Ja, es stimmt. Man konnte nicht immer verhindern, dass die Artefakte dem Gegner in die Hände fielen. Viele tapfere Männer und Frauen haben ihr Leben lassen müssen, um zu verhindern, dass sie zusammengefügt werden. Immer wieder hat es darum den Versuch gegeben, die Stücke zu vernichten, doch dies hatte schreckliche Folgen: Explosionen ungeahnter Ausmaße, verheerende Erdbeben und andere Naturkatastrophen. Denken Sie an Pompeji, an den großen Brand von London oder das, was Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts in Tunguska passierte.«
»Das Schwert ist also nur eines von weiteren magischen ... Dingen?« Saskia sah zu Will, der sich einen Block und einen Stift genommen hatte und bereits Notizen machte. »Wo finden wir sie?«
»Ich besitze lediglich Hinweise aus den Unterlagen meiner Vorfahren, und die sind sehr vage«, sagte der Sir. »Es sind insgesamt fünf Artefakte, die weit verstreut sind. Ich bin gerade dabei, eine Spur zu verfolgen, die nach Berlin führt, wo ...«
»Das Monokel?« Auf einmal wusste Saskia, was Wills jüngste Visionen zu bedeuten gehabt hatten. Als sie ihn anschaute, erkannte sie in seinen Augen, wie sehr sich ihre Gedanken
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