Blutportale
deinen Freund.« »Der arme Schmitti«, sagte Will und schaute niedergeschlagen zu Boden. »Wenn ich ihn nicht...« »Du kannst nichts dafür. Es war sein Karma, wie ihr in Indien sagt. Es waren diese Dämonendiener, da bin ich sicher. Diese Belualiten. Sie haben jetzt die Informationen der handgeschriebenen Seiten und des Bildes ...« »Na wunderbar!«, stieß Will ironisch bitter hervor.
»... aber wir haben dich und deine Visionen. Einen echten Finder-Inder.« Justine grinste ihn breit an und deutete auf den Bildschirm. »Trotzdem ist es wichtig, dass wir rasch aufbrechen. Wo ist das noch gleich?«
»Am Baikalsee in Russland«, sagte Saskia. »Wir haben auch den Ort ausgemacht, den Will in seiner Vision sah. Es ist ein Kloster.«
Justine klatschte in die Hände. »Formidable!« Sie nahm Wills Handy und warf es ihm hin. »Bitte sehr. Wir warten jetzt noch auf die Ausweise, und dann kann es losgehen. Soll ich mich um die Route kümmern?«
Will stieß die Luft aus. »Die muss sehr gut sein. Ich schätze mal, dass die Polizei nach mir fahndet. Und nach Saskia vielleicht auch. Wir sind inzwischen mehr als nur wichtige Zeugen. Wenn uns Kapler in die Finger bekommt, wird er uns garantiert in Untersuchungshaft nehmen.« Justine stand auf und setzte sich vor den PC, ihre Finger hackten auf die Tastatur ein, diverse Browserfenster öffneten sich. » C'est vrai. Bon, wir könnten mit dem Zug oder dem Auto nach Polen und dort ein Flugzeug nehmen. Das senkt das Risiko, von Flies abgefangen zu werden. Die überwachen am Anfang immer nur die Flughäfen.«
»Oder ich frage, was die union für uns tun kann«, warf Saskia ein.
»Ist das ratsam?« Will erhob sich und setzte neuen Kaffee auf. »Je weniger Menschen von unserer Route wissen, desto besser. Ich meine, der Maitre hat dich gezeichnet und dich mit dem Fluch belegt. Er hat sicherlich ein Interesse daran, zu wissen, wo du bist. Vielleicht stecken er und diese Belualiten doch unter einer Decke? Der Professor kann uns hier schützen, aber wenn er noch mehr Räder innerhalb der union in Bewegung setzt, wird es bestimmt bis zum Maitre vordringen. Vielleicht ist das auch schon geschehen.«
»Possible«, nuschelte Justine, spielte mit ihrem leeren Becher herum und betrachtete dabei die Bilder des Sees und des Klosters in einer verschneiten Umgebung. »Das sieht sehr kalt aus.« »Derzeit wird es dort noch erträglich sein. Der Winter hat noch nicht richtig angefangen«, erklärte Will.
Saskia hob ihr Handy. »Ich muss ein Foto von dir machen. Für den Ausweis«, erklärte sie. »So, fertig.« Sie sandte die Aufnahmen an die Nummer des Professors. Schweigen senkte sich auf das Zimmer; das Brodeln der Kaffeemaschine und das Summen des Rechners erzeugten eine einschläfernde Stimmung. Will unterdrückte ein Gähnen und rieb sich die geröteten Augen. »Wenn niemand was dagegen hat, lege ich mich schlafen«, sagte Saskia und stand auf. »Ihr könnt beide schlafen«, erwiderte Justine. »Ich passe auf und zaubere ein Frühstück, wenn ihr wach werdet. Ein original französisches.«
Will nickte dankbar, und er machte Anstalten, sich auf das zweite Sofa zu legen. Saskia deutete auf das Schlafzimmer. »Das Bett ist groß genug für zwei.«
Er zögerte, auch wenn ihm der Gedanke, ihr ganz nahe zu sein, sehr gefiel; allerdings hatte er den Eindruck, dass ihr Angebot nicht ganz aufrichtig gemeint war. »Nein«, lehnte er schließlich ab. »Das Sofa ist besser. Wer weiß, was ich träume, wenn du mich aus Versehen berührst.« Es hatte ein Witz sein sollen, aber sie lachte nicht. Schweigend verschwand sie im Zimmer. \ Er nahm seinen Schlüsselbund heraus, an dem sich das Medaillon mit Shivas Abbild befand. Er betete zu dem Gott, damit er ihm beistand, auch wenn er gerade nichts besaß, was er als Opfer anbieten konnte. Anschließend legte er sich hin und deckte sich zu. »Gute Nacht.«
»Gute Nacht.« Justine schenkte sich Kaffee ein und betrachtete das Bild des Klosters. Es war wohl so etwas wie eine kleine Berühmtheit; jedenfalls hatte Will einiges dazu im Internet gefunden. Justine wusste aus ihrer Zeit bei der Schwesternschaft, dass über vielen der magischen Knotenpunkte, die es auf der Welt gab, inzwischen christliche Klöster und Kirchen standen. Aber was hatten Wills Visionen vom alten Venedig mit der ganzen Sache zu tun? Justine blies gedankenverloren über ihren Kaffee. Der Anblick des Klosters brachte ihr schöne Erinnerungen an Genzano di Roma, an die Nonnen und das
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