Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
entdeckte er den Schlafenden. »Sie ist nebenan. Soll ich sie wecken?«
    »Nein, lassen Sie den armen Kerl schlafen«, sagte er und nickte in Wills Richtung, den im Moment wohl nur ein lauter Knall geweckt hätte. Er stellte die Tasche ab, öffnete sie und nahm einen Umschlag hervor, den er Justine reichte. »Bitte sehr. Sie sind ab heute Valerie Montagne, eine ehrbare Staatsbürgerin der Grande Nation mit reinweißer Weste.«
    Sie holte einen französischen Reisepass heraus, in dem sich bereits Stempel aus mehreren europäischen Ländern befanden. Der Einband war abgegriffen; kein Zöllner würde ihn für neu und gefälscht halten. Zwei weitere kamen zum Vorschein, die ebenso authentisch wirkten: ein britischer für Will und ein deutscher für Saskia, die von nun an als Anil Smith und Ulrike Langhans auftraten. »Gute Arbeit, Monsieur le professeur. Kann man der union beitreten?« »Ich denke nicht, dass Sie gut genug fechten können.« Er lächelte bedauernd. »Habe ich Ihre Stimme doch richtig erkannt.« Saskia stand im Bademantel in der Tür. »Es hat etwas gedauert, aber es war machbar. Für Sie beide habe ich auch Pässe anfertigen lassen. Sicher ist sicher. Was haben Sie nun vor? Kann ich Ihnen noch irgendwie helfen, Frau Lange?«
    Sie öffnete den Mund und trug einen Teil der Wahrheit bereits auf der Zunge. »Nein, danke«, entgegnete Justine an ihrer Stelle und bemühte sich, dabei sehr freundlich zu klingen. »Sie haben schon sehr viel getan. Dürfen wir Ihre Auslagen bezahlen?« »Nur wenn es keine Umstände macht.«
    »Aber nicht doch.«
    »Nun, wenn Sie darauf bestehen ... Viertausend Euro haben mich die Pässe gekostet.« »Das ist günstig.« Justine nahm den Koffer, öffnete ihn, holte fünftausend heraus und reichte sie dem Mann. »Voila. Pour le Service.«
    Er blickte überrascht auf das Geld, fragte aber nicht nach der Herkunft. »Soll ich Ihnen vielleicht noch den Flug buchen?«
    »Non, merci. Wir bekommen das so hin«, sagte Justine entschieden.
    »Vielen Dank, Professor«, bedankte sich Saskia. »Für alles.«
    Er verstand den Wink, dass es Zeit war, sich zu verabschieden, und ging langsam in Richtung Tür. »Sobald ich mehr über den Maitre erfahre, rufe ich Sie an, Frau Lange«, versprach er. »Sie wissen, dass Sie mich jederzeit kontaktieren und um Beistand bitten können.« Er sah ihr in die Augen. »Ich hoffe sehr, dass Sie die Sache, in der Sie und Herr Gul da stecken, unbeschadet überstehen.«
    »Danke. Ich weiß Ihre Anteilnahme zu schätzen.« Saskia schenkte ihm ein ehrliches Lächeln, das er erwiderte. Bevor sie es verhindern konnte, streichelte er ihr väterlich über die Wange; dann ging er. Saskia atmete auf, erleichtert, dass sich ihre Kräfte diesmal nicht geregt hatten. Wer wusste schon, was sie dem hilfsbereiten Mann ansonsten angetan hätte? Ihn explodieren lassen? Wobei, nein, darauf hätte sie sich wohl konzentrieren müssen. Warum hatte sie Will dann aber die letzten Visionen angehängt?
    Justine saß schon wieder am Computer und rief die Website eines polnischen Flughafens auf, von dem aus sie zum Baikalsee gelangen konnten. »Hier. Ein Flug nach Moskau und von da weiter nach Irkutsk«, meldete sie zufrieden. »Sieht gut aus. Wenn wir«, sie sah auf die Uhr, »morgen Nachmittag dort sind, können wir in zwei Tagen am Baikalsee ankommen und nach dem Schwert suchen.« Sie lachte. »Ich habe nur Handgepäck: Euroscheine. Aber keine Sorge, Hilfe ist auf dem Weg. Ich sage rasch Bescheid.«
    »Den Nonnen aus dem Museum?« Saskia schaute ungläubig. »Was können die gegen Pistolen ausrichten?«
    »Oh, glaub mir, sie haben auch Waffen. Ich hoffe nur, dass sie in den letzten fünf Jahren nicht abgebaut haben.« Justine überprüfte ihre Mails; noch keine Nachricht von der Schwesternschaft.
    »Tja.« Saskia blickte zum schlafenden Will. »Dann geht es wohl am besten gleich los. Willst du zuerst ins Bad, um dich noch mal frisch zu machen?« Sie setzte sich in den Sessel neben dem Fenster und wartete, bis Justine in der Toilette verschwunden war. Sie wollte ein Experiment wagen, und es sollte unbemerkt vonstattengehen.
    Saskia schaute auf die geschlossene Zigarettenschachtel auf dem Tisch. Die Mediatrice, die Öffnerin, musste lernen, ihre Kräfte zu kontrollieren. Besser zu kontrollieren. Waren starke Gefühle wirklich immer notwendig oder nur bei sehr großen Aufgaben?
    Sie konzentrierte sich auf die Klappe an der Schachtel und stellte sich gleichzeitig den ekelhaften Geschmack,

Weitere Kostenlose Bücher