Blutportale
den Gefallen tat.
»Sehr gern.« Sie tänzelte an ihm vorbei und blieb vor dem ersten Glas stehen. »Ein Haar vom Schopf des Herrn, das er seiner geheiligten Metze schenkte, als er Babylon zerstörte.« Sie ging weiter. »Ein Zahn und ein Stück seines Auges, das er im Kampf gegen Baal verlor und zurückließ, auf dass wir sie benutzen, um ihn herbeizurufen.« Sie blieb vor dem Pergament stehen. »Seine Haut, geschnitten aus seiner Brust über dem schwarzen Herzen.« Sie wandte sich Will zu und küsste ihn erneut, ihre Augen funkelten begehrlich. »Zusammen mit dem Schwert aus seinem Horn sind es seine Geschenke an uns. Die Invokation wird gelingen, Geliebter! Wir haben alles zusammen. Dank dir.« Sie schlang die Arme um seinen Nacken und presste sich an ihn. »Ich bin stolz auf dich.«
Will musste sich beherrschen; der Atem seiner Gemahlin war faulig und stank nach Verwesung. Sicherlich hatte sie von dem Eiterpestsekret getrunken. »Ich danke dir.«
Sie wollte ihn küssen, aber er wich ihr aus. »Was ist?«
»Rastani«, sagte er kurzerhand. »Er hat mir gedroht und hält mich für einen Versager.« »Kleine Dämonen sollen ihn in Augen und Ohren ficken, diesen Hurensohn!«, fauchte sie. »Wie kann er es wagen? Er weiß, was er dir zu verdanken hat! Ohne dich wäre die Pest in Venedig nicht ausgebrochen und das letzte Steinchen nicht ins Mosaik eingesetzt worden. Er verdankt dir alles.« Sie löste sich von ihm. »Aber verrate mir eins: Wieso hast du das Schwert an einem anderen Ort verwahrt? Traust du mir nicht?«
Er lachte. »Nein, ich traue dir. Aber Lentolo ist in der Stadt, und deswegen hielt ich es für besser, das letzte Artefakt zu verbergen.« Die Lügen gingen ihm immer leichter über die Lippen.
»Was ist mit den Wandlern? Carlucci hat mir gesagt, man habe ihre Stimmen im Nebel gehört.« Sie schauderte sichtlich. »Überall in Venedig.«
»Mach dir keine Sorgen. Sie sind tot.« Will nahm das Amulett aus der Öffnung, und klickend fuhr der Zylinder wieder in sein Loch zurück. »Lass uns nach oben gehen. Du machst dein Kleid schmutzig.«
Sie ging vor ihm die Stufen hinauf und drehte sich zu ihm um. »Dann reiß es mir vom Leib«, sagte sie verführerisch und lupfte den Rock weit, so dass er ihren nackten Unterkörper sah. In den Leisten erkannte er Pestgeschwüre, und er machte vor Entsetzen und Abscheu einen Schritt zurück.
Wills Fuß trat ins Leere, und er stürzte rücklings ...
Saskia kam bei dem verbeulten Transporter an. Will saß daneben, den Rücken gegen die Wand gelehnt und aus der Nase blutend. Justine kniete vor ihm und kühlte seinen Nacken mit einem Schneeball.
Die Französin sah zu ihr auf, und für den Bruchteil einer Sekunde war das, was Saskia am meisten an ihr auffiel, nicht, dass sie blaue Lippen hatte, dass sie genauso fror wie sie, sondern das Aufflammen von Erleichterung und Freude, die Justine offensichtlich bei ihrem Anblick verspürte. Dann war der Augenblick vorbei - und das Gesicht der Französin nahm den gewohnten, leicht überheblichen Ausdruck an. »Tres bien! Ich wusste, dass du es schaffst!«, sagte sie und zeigte durch ein Nicken an, dass sie das Schwert bemerkt hatte. »Die Fähre ist auf Grund gelaufen. Ich habe es mit Müh und Not an Land geschafft, bevor die Riesenwelle hereinschwappte.« Sie wischte sich das Wasser aus den Augen. »Das war deine Gabe, n'est-ce pas?«
Will lächelte Saskia zu und stand auf. »Es tut gut, dich zu sehen. Dafür werde ich Kali ewig dankbar sein«, sagte er. Sie hatte das Gefühl, dass in seinen Worten mehr mitschwang als bloße Erleichterung - doch es störte sie nicht. »Was ist mit dem Mönch, von dem Justine erzählt hat? Ist das Buch da von ihm?«
Saskia spürte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete. »Ich ... ich musste ihn zurücklassen, sonst wäre ich ...« Das Zittern ließ sich nicht länger eindämmen.
»Du kannst nicht jeden retten«, sagte Justine ernst. »Es scheint dir im Moment vielleicht unerträglich zu sein, dass du ihn geopfert hast, aber glaub mir, es war die richtige Entscheidung.« Sie deutete auf die Straße. »Und nun müssen wir weiter. Jemand wird uns schon mitnehmen. Wenn wir länger in der Kälte bleiben, holen wir uns eine Lungenentzündung.« Sie zerrte einen Arbeitskittel aus der Fahrerkabine und reichte ihn Saskia. »Wickel das Schwert darin ein. Na los, vite, vite.«
Sie kletterten den Abhang hinauf und wurden tatsächlich von einem freundlichen Autofahrer mitgenommen. Er drehte für
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