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Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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schnell und abrupt erfolgten die Bewegungen und Schläge.
    Auch der Unbekannte wurde getroffen, was Smolska mit einem höhnischen Auflachen kommentierte: Die Klinge riss einen Schlitz in den Rücken des Kostüms, so dass man blanke Haut sah.
    Smolska erkannte etwas darauf ... und stutzte. Das Brennen in der Schulter nahm immer weiter zu, als stünde sie in Flammen. »Haben Sie Gift benutzt?« Er startete eine blitzartige Mehrfachfinte, um schließlich einen geraden, eruptiven Stoß gegen die linke Körpermitte folgen zu lassen. Seine beste Taktik! Er sah die Spitze bereits im Herzen des Gegners stecken und setzte zum Jubel an.
    »Nein. Kein Gift.« Der andere parierte im wirklich allerletzten Moment, umlief ihn - und stach ihm seitlich unter die Achsel und von dort quer durch den Oberkörper. Er trieb die Klinge mit so viel Gewalt in den Körper, bis das geschliffene Ende auf der anderen Seite heraustrat. »Das brauche ich auch nicht, wie Sie bemerken.« Rasch zog er den Degen wieder zurück, wich einen halben Schritt zur Seite und führte die Waffe wie eine Peitsche einmal über den Kopf, bevor er einen Hieb gegen den Hals des röchelnden, zusammenbrechenden Smolska setzte. Die Spitze schlitzte ihm die Kehle auf, und ein Strom von Blut ergoss sich über die Bühnenbretter.
    Jetzt hallte ein kollektiver Schrei durch das Mariinski-Theater. Die Darsteller wichen bis an die Ränder der Bühne zurück.
    »Du hättest die Erhöhung nicht verdient.« Der Unbekannte beugte sich zu dem Sterbenden hinab und hielt seinen Waffenarm mit der feuchtschimmernden Klinge drohend in die Höhe gereckt. »Es war mir keine Ehre, doch ein Vergnügen, Feigling!«, sagte er in Smolskas Ohr, dann sprang er in den Orchestergraben.
    Es knallte laut, als er auf den Boden traf, und die Musiker stoben auseinander wie ein Rudel panischer Rehe vor einem Bären. Der Mann verschwand unbehelligt durch den Zugang, die Fernzündung für die Bomben ließ er achtlos fallen. Die LEDs an den Bomben erloschen. Es schien ihm egal zu sein, was mit seinen Leuten und den Sprengsätzen geschah, aber weitere Opfer sollte es keine geben. Eins hatte ihm genügt.
    Smolska röchelte, seine mehrfach perforierte Lunge fiel in sich zusammen und konnte ihm keinen Sauerstoff mehr verschaffen. Dazu quoll sein kostbarer Lebenssaft aus ihm heraus und tünchte die Bretter, die ihm alles bedeutet hatten. Sein Königreich wurde mit seinem Blut getränkt. Die Hände scharrten über den Boden, die Fingerkuppen rissen auf und hinterließen rote Striche auf dem harten Holzboden.
    Zwei der Statisten eilten zu ihm und versuchten, die Blutung zu stillen. Keiner hatte daran gedacht, den Bühnenvorhang herabzulassen, um den Zuschauern diesen Anblick zu ersparen. Und keiner besaß in dem Schrecken die Abgebrühtheit, auf Details zu achten. So entging den Helfern, dass Smolskas rechter Zeigefinger versuchte, ein Zeichen in die stetig größer werdende Blutlache zu malen. Doch das nachdrängende Rot schloss sich wieder um die Linie und verschlang die Anfänge des Symbols, ehe der Sänger es zu Ende führen konnte. Bis die Sanitäter auf der Bühne eingetroffen waren, hatte Andreji Smolska sein junges Leben ausgehaucht.
     
II. KAPITEL
31. Oktober
Deutschland, Hamburg, Speicherstadt 
    Saskia Lange stieg aus ihrem verbeulten, angerosteten VW Passat Kombi, ging ans Heck und öffnete den Kofferraum, in dem sie eine überlange, sehr voluminöse Sporttasche in Dunkelgrau verstaut hatte.
    Im Auto roch es nach vielen verschiedenen Kräutern und Gewürzen, in erster Linie nach solchen aus der Provence, von denen sie heute Morgen einige Kilo gekauft und in ihr Restaurant gebracht hatte. Die Salzwiesenlammkeule, die sie mit zwei Handvoll getrocknetem Thymian, Rosmarin, Majoran, unterschiedlichen Blüten sowie bestem Öl eingerieben halle, würde dadurch ein wunderbares Aroma erhalten. Sie war der Renner auf der Speisekarte des Bon Goût, seit Saskia dort nicht nur die Inhaberin war, sondern auch als Köchin arbeitete. Doch heute hatte sie frei, ausnahmsweise. Ihr Souschef Patrick würde den Abend ohne sie bewältigen müssen. Saskia atmete den Duft von Regen und Diesel ein. Eine Schiffssirene gab einen langen, lauten Ton von sich, eine zweite antwortete ihr, dann sah Saskia nicht weit von sich ein RundfahrtenBoot auf einem Kanal vorbeiziehen. Auf dem Wasser war um diese fortgeschrittene Uhrzeit immer noch was los.
    Saskia schulterte die schwere Tasche, schloss die Klappe und wollte den VW mit einem

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