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Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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piepste, er las die eingegangene Nachricht und nickte. »Sie wurden bestätigt.« Er sah sie noch einmal prüfend an. Das war ein deutlicher Verstoß gegen das Protokoll; die Einlasskontrolle sollte nichts weiter tun, als Unbefugten den Eintritt zu verwehren; selbst die Handys, mit denen sie arbeiteten, gehörten dem Komitee, damit niemand die Möglichkeit hatte, später einen Beweis vorzulegen, wer zu einer Zusammenkunft erschienen war.
    »Sonst noch was?«, fragte Saskia patzig.
    »Verzeihung«, beeilte er sich zu sagen. »Ich bin nur ...«
    »Überrascht?«, vollendete Saskia nun breit lächelnd, dankbar, von Groening abgelenkt zu werden. Es war nicht das erste Mal, dass ihr Aussehen jemanden überraschte, der vorher andere Teilnehmer an sich vorbeigehen gesehen hatte.
    »So in etwa«, gab er zu und zeigte auf ihr Gesicht. »Sie haben grünes Zeug zwischen den Zähnen«, meinte er amüsiert.
    Rasch schloss Saskia den Mund. »Mist!« Sie lutschte und bewegte die Lippen, bis sie das Stückchen erwischt hatte und es schluckte. »Schnittlauch«, befand sie. »Ich musste Frankfurter Soße abschmecken.«
    Er öffnete die Tür für sie, und sie huschte hinein. Im Vorbeigehen tippte sie an den Schirm ihrer Mütze, und der Mann grinste sie schief an. Wahrscheinlich hielt er sie für ein besseres Opferlamm.
    Sie folgte den aufgestellten Teelichtern am Boden und marschierte den Gang entlang, dabei warf sie den Silberknopf hoch, bis er fast die Decke berührte, fing ihn geschickt wieder auf und ließ ihn erneut in die Höhe schnellen. Das tat sie jedes Mal, wenn sie auf dem Weg zur Umkleide war. Es beruhigte sie und half ihr, die Gedanken auf das Kommende zu fokussieren. Das Menü des Abends verblasste, Groenings nerviges Gesicht verschwand, die Einkaufsliste für den morgigen Tag wurde nach hinten gedrängt, während sich eine Spannung in ihr ausbreitete, die nichts mit der gemein hatte, die sie an einem hektischen Abend am Herd des Bon Goût befiel.
    Dieser Abend heute war etwas Besonderes.
    Sie würde den Kampf bekommen, nach dem sie sich schon lange gesehnt hatte: gegen den ungeschlagenen Maitre der Planche, der - wie man sich berichtete - seit dreißig Jahren der union des lames angehörte, gleich bei seinem ersten Kampf gewonnen und seitdem niemals mehr verloren hatte. Das war nahezu unmöglich. Und darum genau die Herausforderung, der sie nicht widerstehen konnte! Saskia hatte ein ähnliches Wunder vollbracht und sich in kurzer Zeit an die zweite Stelle des weltweiten Rankings gekämpft, ohne nennenswerte Gegentreffer erhalten zu haben. Eine tour deforce für eine junge Frau wie sie, anstrengend, aber ungemein lohnenswert. Deswegen war es aus ihrer Sicht dringend nötig, dass die Vereinigung eine neue Ranglistenführende benötigte. Die erste Maitresse ihrer langen Geschichte.
    Die Spur aus Teelichtern lotste sie zu einer Tür, auf der ein Klebstreifen mit der Aufschrift Garderobe haftete. Glamour brauchte die union nicht, die Schauplätze der Duelle wurden kurz vorher festgelegt. Es zählte nur die Qualität der Kämpfe.
    Sie betrat den kleinen Raum, in dem sich ein Kleiderhaken an der Wand befand sowie ein Spind für ihre Sachen. Auf einem kleinen Tisch standen eine Schüssel mit Obst und drei Flaschen Mineralwasser, eine Kanne mit Tee und das passende Gedeck samt Milchkännchen und Zuckerschale. In der linken Ecke befand sich eine Dusche ohne Vorhang, gleich daneben lag die Tür, auf die jemand mit Klebstreifen und Edding den Hinweis salle d'armes geschrieben hatte.
    Sie steckte den Silberknopf in die Jacke zurück, zog ihre Kleidung bis auf den Slip aus und öffnete die Sporttasche.
    Zuerst legte sie den weißen Sport-BH an, danach schlüpfte sie in die engen weißen Fechthosen, in die gleichfarbigen Socken und knöchelhohen Schnürstiefel. Schließlich nahm sie das Springseil hervor und hüpfte auf der Stelle, um sich warm zu machen. Anschließend dehnte sie sich und wischte den Schweiß mit dem Handtuch von Gesicht und Oberkörper. 21.45 Uhr. Noch fünfzehn Minuten.
    In dem Augenblick klopfte es.
    Saskia legte das Handtuch in den Nacken und bat den Besucher herein. Ein älterer Mann mit einem langen Schmiss auf der linken Wange trat ein. Die metallene Fassung seiner runden Brille blitzte im Lampenlicht auf, sein rundlicher Körper steckte in einem Arztkittel, und in der Rechten hielt er eine braune Schweinsledertasche, die zum Bersten gefüllt war. »Guten Abend, Rapier«, grüßte er sie lächelnd. Seine

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