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Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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außenliegenden Strahler außer Gefecht, damit sie nicht an der Mauer zu sehen waren, und begannen den Aufstieg. Das Klettern fiel Justine leicht, Will und Saskia dagegen mussten sich sehr anstrengen; die beiden waren zwar sportlich, aber schon allein die komplexen Bewegungsabläufe waren etwas, womit man weder als Köchin, noch als Florist täglich konfrontiert wurde. Danach schlichen sie sich über die Wehrgänge auf das Dach des Touristenzentrums. Justine öffnete die Luke mit einem Bolzenschneider und einer Brechstange und glitt als Erste hinein. Saskia und Will folgten.
    Saskia hatte es nicht über sich gebracht, das Schwert im Zimmer zu lassen; sie trug es in einer improvisierten Scheide auf dem Rücken, so dass sie es jederzeit ziehen konnte. Außerdem hatten sie Messer mitgenommen. Sicher war sicher.
    Die Gänge wurden nur durch schwaches Stromsparlicht erhellt. Die Überwachungskameras verfügten trotzdem über keine Nachtsichtfunktion, wie die Schwesternschaft für sie herausgefunden hatte. Aufgrund der anderen Informationen, die Justine bekam, hatten sie sich für eine sehr direkte Vorgehensweise entschieden. Keine aufwendige Überbrückung der Sicherheitsanlage. Sie würden die Vitrine mit dem Glasschneider öffnen und würden mit den Saiten verschwunden sein, ehe die Polizei auftauchte. Sie kamen voran, ohne gestört zu werden oder unvermittelt im Strahl einer Taschenlampe zu stehen. Raum um Raum näherten sie sich ihrem Ziel. Die Reibungslosigkeit ließ ein ungutes Gefühl in Saskia aufkommen. Sie wussten von den Nonnen, dass es nur ein kleines Sicherheitsteam in der Burg gab - aber es schien fast so, als gäbe es gar keins.
    Auf einmal hörten sie zarte Harfentöne, die durch das Touristenzentrum wehten. Die drei erstarrten. Justine konnte den Schreck zuerst abschütteln, schlich weiter vor und spähte durch die spaltbreit geöffnete Tür, unter der Licht hindurchschimmerte. »Da gibt jemand ein Konzert«, stellte sie flüsternd fest.
    »Um diese Zeit?« Saskia schüttelte den Kopf.
    Justine deutete nach vorn. »Ich sehe deutlich etwa zwanzig Leute bei Kerzenschein um ein Podest sitzen. Und ratet, wer die Harfe spielt.«
    »Mister Smyle.« Saskia hatte es schon gewusst, bevor Justine zu Ende sprechen konnte. Will kaute vor Anspannung auf der Unterlippe. »Was machen wir jetzt?«
    »Warten, bis das Konzert zu Ende ist. Mit etwas Glück ergibt sich so noch eine einfachere Gelegenheit, bei der wir die Saiten stehlen können.« Saskia schob sich an Justine vorbei, um selbst einen Eindruck von der Szenerie zu bekommen. »Ich will wissen, was hier vor sich geht.« Bevor Will sich dagegen aussprechen konnte, pirschte sie in den Raum und lief geduckt hinter den Vitrinen entlang. Justine folgte ihr, ohne zu zögern. Nur er blieb stehen, machte sich Gedanken - und große Sorgen.
    Was keine der Frauen ahnte: Sein Rücken und die alte Wunde schmerzten stark. Er hatte die heiße, pochende Wunde tagsüber mehrfach im Spiegel betrachtet und festgestellt, dass sie rot war und stark nässte. Eigentlich hätte sie schon verheilt sein müssen. Nach dem Aufenthalt in Limerick würde er einen Arzt aufsuchen, damit sie sich nicht noch mehr entzündete. Will war sich nicht sicher, ob seine Nervenbahnen nicht doch durch den Schlag, der ihm in der Villa zugefügt worden war, Schaden genommen hatten. Seit zwei Tagen fühlten sich seine Füße taub an, und das lähmende Kitzeln breitete sich langsam die Unterschenkel hinauf nach oben aus. Bei horizontalen Drehungen des Oberkörpers musste er die Zähne zusammenbeißen, um nicht laut zu stöhnen. Um einen Besuch im Kernspin kam er nicht herum.
    Doch der Schaden, den seine Gesundheit genommen hatte, war im Moment ein zweitrangiges Problem. Viel mehr Sorgen bereitete ihm die Faszination für die Waffe, die Saskia bei sich trug; sie wuchs von Tag zu Tag. Manchmal hatte er das Gefühl, dass sie ihm gehöre, vermutlich weil er in seinen Visionen ständig mit ihr zu tun hatte. Wann immer sich die Möglichkeit bot, berührte er sie sachte. Es machte ihn glücklich - ließ ihn aber auch immer mehr zu der beunruhigenden Erkenntnis kommen, dass nur er derjenige war, der das Schwert führen sollte. Und jetzt gerade, in der Nähe der Harfe, begann seine Wunde, noch stärker zu brennen. Saskia schaute aus ihrem Versteck zu ihm zurück und winkte. Will hob den Arm und gab zu verstehen, dass er noch warten wollte.
    Was hatte diese nächtliche Zusammenkunft zu bedeuten? Will grübelte - und fand

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