Blutportale
den Hahn ihrer Waffe zurück. Zwei ihrer Leute kamen zu ihr, um ihr gegen den widerstrebenden Museumsangestellten zu helfen, der Rest behielt die Besucher im Auge.
Smyle erhob sich langsam, doch selbst diese einfache Bewegung verströmte eine merkwürdige Autorität. Trotz des einfachen, dezenten Anzugs, den er trug, wirkte er wie ein mittelalterlicher Herrscher, dem es nie in den Sinn kommen würde, dass gegen ihn aufbegehrt werden konnte. »Ihr verschwindet und behaltet euer wertloses Leben«, entgegnete er bedrohlich. »Kein Dieb ist jemals mit der Harfe entkommen. So war es, und so wird es bleiben.«
»Traditionen sind dazu da, um gebrochen zu werden.« Die Anführerin schoss Smyle zweimal durch die Brust. Das Klirren der leeren Patronenhülsen auf dem Steinboden klang überlaut. Der Mann fiel rückwärts, die Beine blieben auf dem Podest liegen, sein Oberkörper schlug auf den Fliesen auf.
Saskia staunte, wie gelassen die Zuhörer angesichts dieses Mordes blieben. »Wir müssen etwas tun«, raunte Will ihr zu. »Wenn wir nicht handeln, bekommen sie das Haar!« Saskia wusste, dass sie mit ihren Messern nichts gegen diese Übermacht ausrichten konnte. Ihre wahre Waffe war die Gabe, die sie nicht immer zu einhundert Prozent kontrollierte, die ihr Schmerzen zufügte, die sie glauben machte, am Wachs in ihrer Luftröhre ersticken zu müssen. Die Gabe, die sie größenwahnsinnig werden ließ.
»Ich kann nicht, Will!«, flüsterte sie zurück.
Er sah sie so wütend an, dass sie einen Schreck bekam; einen solchen Ausdruck hatte sie noch nie in seinen sonst so sanften Augen gesehen. Obwohl er kein Wort sprach, verstand sie, was er sagen wollte: Du musst! Ihr Blick richtete sich auf die Mas kierten. Sie hasste, was man ihr aufgebürdet hatte. Alles an dieser Mission hing von ihr ab. Die Narben würde sie ewig in ihrer Haut tragen und jeden Tag daran erinnert werden. Die vermummte Frau zog einen Seitenschneider aus der Beintasche und steckte die Pistole unter den Gürtel, dann trat sie einen Schritt vor, um die erste Saite zu entfernen.
Urplötzlich und fauchend sprang Smyle in die Höhe und schlug nach ihr! Seine ausgestreckten Finger stießen in die sanfte Vertiefung, wo Hals und Brustbein aufeinandertrafen; mit einem würgenden Geräusch fiel sie auf die Knie.
Saskia zuckte zusammen. Sie hatte sich doch nicht getäuscht: Er war etwas Besonderes! Smyle zerschmetterte einem der Männer das Gesicht mit einem brutalen Faustschlag. Will sah, wie sich die Züge des Opfers komplett verformten und die Nase mit einem ekelerregenden Knirschen nach innen geschoben wurde. Der zweite Mann schoss nach Smyle, aber der wich mit übermenschlicher Geschwindigkeit aus, riss ihm die Pistole aus der Hand und rammte sie ihm mit dem Lauf voran durch die Brust ins Herz. Sterbend fiel der Mann nieder. Vollkommen ruhig und im erstaunlichen Gegensatz zu seinen rasenden Bewegungen sagte Smyle ein Wort in einer unverständlichen Sprache - und seine gerade noch so passiv auf ihren Stühlen sitzenden Zuhörer warfen sich auf die sieben verbliebenen Maskierten. Er selbst beugte sich zu der Frau hinab und zog ihr die Strumpfmaske vom Gesicht.
Will sah mit an, wie die wild um sich schießenden Dämonendiener einer nach dem anderen niedergerissen wurden. Sie wurden von den Angreifern wahllos in Arme, Hälse oder die Brust gebissen. Laut hallten ihre Schreie durch den Raum. »Sind das ... Vampire?«
»Egal. Los, komm!«, befahl Saskia und rannte geduckt in den Schatten zur Harfe. »Wir müssen das Durcheinander nutzen!«
Will hetzte ihr hinterher und zog seine Messer. Jetzt wünschte er sich sehnlichst, das Schwert tragen zu dürfen.
Von rechts tauchte Justine zwischen zwei Vitrinen auf und hielt auf das Podest zu. »Die Anführerin! Das ist die Frau, die Schmitti erledigt hat«, zischte sie. »Ich habe sie gleich erkannt.«
Smyle sah das Trio auf sich zukommen und begab sich mit einem schnellen Schritt schützend vor die Harfe - um von einer Sekunde auf die nächste zu verschwinden.
Gleich darauf schien Will gegen eine unsichtbare Wand zu rennen. Er prallte zurück und ging zu Boden. Saskia erhielt einen Schlag gegen die rechte Wange, der sie von den Füßen holte und gegen eine Vitrine schleuderte. Sie rutschte an dem dicken Glas herab und hob benommen den Kopf.
Justine war stehen geblieben, hatte die Arme vom Körper abgespreizt und drehte sie suchend nach rechts und links. Durch das Schreien der Maskierten hindurch hörten sie Smyles
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