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Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Sänfte, auf der im Schutz eines Baldachins ein Mann im Schneidersitz saß. Der Wind brachte die Vorhänge an den Querstangen zum Wehen und verdeckte sein Gesicht. Er trug eine dunkle Tunika mit einem roten Rand, an den Füßen saßen Sandalen. In seinen kurzen blonden Haaren steckte ein geflochtener Kranz aus Goldranken; sogar die Blätter waren aus Gold. Um den Mann herum saßen mehrere berauschend schöne Frauen und sahen gelangweilt drein.
    Zehn Legionäre hatten sich um die Sänfte verteilt, davor und dahinter liefen zwanzig Bedienstete, deren Kleidung im Vergleich zu den anderen Sklaven auf der Agora prächtig zu nennen war.
    »Zwei Dutzend Träger? Da kommt der König der Angeber«, sagte sie leise, und Justine trat neugierig neben sie. Beide spähten hinaus. »Das ist bestimmt der römische Statthalter.« Die Sänfte hielt auf den Befehl eines Bewaffneten, die Sklaven setzten sie ab, und zwei, die besonders kräftig wirkten, kauerten sich davor, um dem Hochgestellten eine lebende Trittstufe zu sein.
    Der Mann stieg aus, und die Menge auf dem riesigen Platz fiel auf die Knie oder senkte das Haupt vor ihm. Die Gespräche verstummten. Ein Ausrufer, den sie nicht verstanden, hatte seine Stimme erhoben und verkündete lautstark etwas. Dann wandte sich der Mann in der dunklen Tunika um, so dass auch sie nun sein Gesicht sahen. »Merde«, entfuhr es Justine.
    Sie hatten den Maitre gefunden.

III. Buch
REVANCHE
XXI. KAPITEL
148 nach Christus
Syrien, Palmyra 
    Justine erinnerte sich daran, was Levantin ihr gegenüber angedeutet hatte. Nun machte das alles Sinn. Wenn das Datum, das Saskia angenommen hatte, auch nur annähernd stimmte, war Levantin das älteste Geschöpf, dem sie jemals begegnet war.
    Levantin hob die Arme. Die Menge jubelte augenblicklich. Er drehte und wendete sich, als wollte er in dem Lärm baden, doch dann genügte eine knappe Geste, um die Menschen wieder zum Schweigen zu bringen. In die eintretende Ruhe hinein hielt er eine Rede. »Ich war in der Schule nie besonders gut darin, aber es ist Latein«, bemerkte Justine. »Die Nonnen benutzen die Sprache, wenn sie nicht von jedem verstanden werden wollen.« »Um was geht es?«
    »Aucune idée. Aber seinen Namen habe ich verstanden: Levantinus.« Sie verfolgte durch den Spalt im Vorhang, wie der Mann, den sie mehr als jeden anderen töten wollte, seine Rede hielt und von allen bewundert wurde. Und obwohl sie ihn aufrichtig hasste, spürte Justine sie wieder, diese Aura der vollkommenen Macht, der sie sich nicht entziehen konnte. Sie erinnerte sich an die gemeinsame Stunde mit ihm - und in ihrem Unterleib wurde es warm. Dafür hasste sie ihn noch mehr: Er beherrschte sie.
    Als er seine Rede beendet hatte, spendeten die Leute auf der Agora erneut Beifall, und er begab sich zurück in seine Sänfte. Gleich darauf marschierten die Sklaven los und trugen ihn samt seiner Gespielinnen zurück.
    »Ich folge ihm.« Saskia wollte hinaus und dem Tross folgen. »Und dann sorge ich dafür, dass mir nichts von dem zustößt, was mir zugestoßen ist.«
    »Was?« Justine hielt sie am Arm fest.
    Saskia zeigte auf Levantin. »Wenn ich ihn jetzt umbringe, wird er mich in der Zukunft nicht zeichnen können. Ohne die Gabe ...«
    »... entkomme ich nicht aus der Hölle!«, fiel ihr Justine aufgeregt ins Wort. »Das darfst du nicht! Womöglich werde ich in dem Moment, in dem der Maitre stirbt, in die Zukunft zurückgeschleudert und geradewegs wieder in die Verdammnis!« Sie schüttelte den Kopf. »Nur über meine Leiche. Oder«, sie schlug einen bedrohlichen Unterton an, »über deine.« Saskia sah die Französin entsetzt an. »Ich weiß, dass du eine Egoistin bist, aber kannst du dir ausmalen, was wir alles an Morden und Todesfällen verhindern, wenn wir den Maitre jetzt vernichten? Vor allem werde ich die Kammer nicht öffnen können, und diese ganze Scheiße mit Dämonen, die zurückkehren wollen, und alles, was damit zusammenhängt, hat sich erledigt!« Sie zog das Schwert.
    »Woher willst du das wissen?« In Justine stieg nackte Angst auf.
    »Weil ich inzwischen auch nicht mehr an Zufälle glaube. Wahrscheinlich sind wir in der Vergangenheit gelandet, damit wir hier eine Katastrophe für die Gegenwart verhindern.« »Was ist denn, wenn die Dämonenanbeter in der Gegenwart einen anderen Weg finden, diese Kammer zu öffnen und an das Artefakt zu gelangen, und Will dabei draufgeht?«, mahnte Justine. »Ist das besser?«
    »Du hast selbst gesagt, dass Unschuldige sterben,

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