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Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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versank. Langweilig wurde ihr dabei sicher nicht. Sie sog die Schönheit der Metropole in sich auf und wusste, dass ihr damit ein ungeheures Geschenk gemacht worden war. Ein letzter Moment der Ruhe vor dem Aufbruch ins Unbekannte.
    Justine versuchte, sich auszumalen, was nach Levantins Tod mit ihnen geschah: Würde Saskia ihre Macht verlieren? Dann säßen sie gemeinsam in der Vergangenheit fest. Nun, damit würde sie sich arrangieren können. Behielt Saskia ihre Gabe, konnte sie ihnen ein Portal in die Gegenwart öffnen. Möglicherweise mussten sie dort erneut den Kampf mit den Dämonendienern aufnehmen, aber auch das schreckte Justine nicht. Blieb die Möglichkeit, dass durch Levantins Tod die Geschichte neu geschrieben wurde - das würde Will in seinen Blumenladen und Saskia in ihre Küche zurückbringen ... und sie in die wenig verlockende Umarmung von Malsinamsös.
    Sie grübelte und grübelte, ging verschiedene weitere Szenarien durch, um letztlich zu einem sehr französischen Schluss zu gelangen: on verra - man würde sehen. Sie bewegten sich außerhalb der normalen Regeln von Zeit und Raum. Ihre Tat würde Ereignisse über Jahrhunderte hinweg revidieren und gleichzeitig neue auslösen. Justine wusste nicht einmal, ob sie die Gegenwart überhaupt noch erkennen würde. An welchen entscheidenden Stellen der menschlichen Geschichte mochte Levantin eine Rolle gespielt haben? Sie waren im Begriff, ein sehr spannendes Experiment vorzunehmen. Aber letztendlich war Justine alles recht, solange Belua nicht erschien und die Schwesternschaft überlebte.
    In der Nacht schlichen sie sich zurück an die Mauer, hinter der Levantins Palast stand. Sie überwanden das Hindernis mit einiger Anstrengung und eilten über den schmalen Wehrgang bis zu einer Treppe, die sie nach unten in den Hof führte.
    Der Palast konnte sich sehen lassen: Er war in der klassischen viereckigen Form errichtet und wies viele beleuchtete Fenster auf. Hinter einigen erklangen lautes Lachen, Musik oder Unterhaltung.
    Vor dem Eingang in den Palast standen zwei Legionäre Wache, ansonsten verzichtete Levantin auf Schutz. Die Mauer diente eher repräsentativen Zwecken als der Abwehr; die Menschen hier begegneten ihm wohl ausschließlich mit Bewunderung.
    Im Hof war ein großzügiger Garten angelegt worden, in dem Palmen, Sträucher und Blumen wuchsen. Ein Brunnen, von dem aus sternförmig Bewässerungsrinnen verliefen, versorgte die Pflanzen mit Wasser. Dazwischen fanden sich Statuetten und ein nacktes Ebenbild von Levantin - in Marmor.
    »Ich muss würgen, wenn ich das sehe«, raunte Saskia.
    Justine hatte dazu eine etwas andere Meinung, schämte sich sofort dafür und schaute demonstrativ in eine andere Richtung. Dann hörten sie beide ein Geräusch, das ihnen deutlich machte, wohin sie gehen mussten: Schwerterklirren!
    »Es kommt aus dem Erdgeschoss«, flüsterte Justine und zeigte auf den Eingang. »Gehen wir nachsehen, was er mit den Beduinen macht.«
    Saskia nickte und lief los, hielt sich im Schatten der Mauer und nutzte die Pflanzen als Deckung. Die Fenster waren geöffnet, und die beiden Frauen konnten sich problemlos hineinstehlen.
    Sie standen in einem Saal, in dem Liegebänke um tiefe Tische gestellt waren, auf denen sich noch die Reste eines üppigen Mahls fanden. Es hatte Früchte, Fleisch und Gemüse gegeben; als Beilage dienten Brot und Getreidebrei. Laternen und Kerzen brannten und verbreiteten sanftes warmes Licht.
    »Ich habe Hunger«, flüsterte Justine und bediente sich am Essen. »Es schmeckt hervorragend!«, sagte sie leise und winkte Saskia zu sich. »Du musst etwas essen, ehe du in den Kampf ziehst.« Saskia nahm sich ein paar Bissen Brot, kostete von dem Braten und hoffte, dass er nicht aus der Schlachterei stammte, in der sie heute den Kampf bestritten hatte. Die Gewürze erkannte sie zum Teil, bemerkte aber auch Fenchel- und Anisartiges in der Zubereitung. Es schmeckte nicht schlecht. Ungewöhnlich, aber nicht schlecht.
    Dazu schenkte ihnen Justine Wein ein, den Saskia stehen ließ. Stattdessen griff sie zum Wasser. Sie hatte darauf geachtet, nicht zu viel zu essen. Das war vor einem Kampf niemals gut. Sie versuchte zu ergründen, wie es mit ihrer Gabe stand. Sie konnte es nicht mit Sicherheit sagen, doch sie fühlte, dass sie genug Erholung gehabt hatte. Ob es ausreichte, im Notfall sofort ein neues Portal zu öffnen, durch das sie zurück in die Gegenwart gelangten, würde sie sehen. Saskia schob den Gedanken zur Seite. Erst

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