Blutportale
setzten ihm zu; schließlich warf er die Waffen weg und sank auf die Knie. Levantin war mit einem Satz bei ihm und schlug zu. Seine Faust traf das Kinn des Nubiers, der Kopf schnappte weit nach hinten; der Nubier fiel in den Sand. Saskia vermutete, dass der Schlag ihm das Genick gebrochen hatte.
Das bekannte Prozedere begann von neuem: Der leblose Körper wurde an den Rand des Saals gezerrt und neuer Sand gestreut. Diesmal eilten aber auch noch zwei Sklavinnen herbei und wuschen die Blutspritzer des Feindes von der weißen, makellosen Haut auf Levantins muskelglattem Oberkörper. Die Schnittwunden waren bereits dabei, sich zu schließen. Mit einem überaus zufriedenen Gesichtsausdruck schritt er dann dorthin, wo die Massagebänke standen und sich eine Frau in einem hellgrünen, durchsichtigen Kleid, das bis an die Knöchel reichte, erhob.
Saskia schätzte sie auf Mitte dreißig, was für die Zeit, in der sie sich befand, alles andere als jung war. Trotzdem würde sie jeden Mann wahnsinnig machen, zumal das Kleid wenig Raum für Phantasie ließ. Intimrasur schien bei den römischen Frauen in Mode zu sein, auch den Schädel hatte sie sich kahlgeschoren, darauf saß eine Haube aus leise klingelnden Gold- und Silberplättchen in Form eines Schlangenornaments.
Justine sprach aus, was Saskia durch den Kopf geschossen war. »Ich wette, dass das diese Schlangen-Wandlerin ist.«
Saskia wunderte sich nicht über diese Konstellation. Spannender war die Frage, wie es die Frau geschafft hatte, zu dieser Zeit aus Südamerika nach Palmyra zu gelangen ...
Sie goss Öl in ihre Hand, Levantin legte sich mit dem Gesicht nach unten auf die Bank, und sie massierte seinen Rücken.
»Du hast gesagt, dass sie dich schon einmal angegriffen hat?«, fragte Saskia leise. »Hat sie. Aber mach dir keine Gedanken, mit der werde ich fertig. Du gehst rein und stellst ihn zum Zweikampf, während ich die Legionäre und anderen Gestalten in Schach halte«, flüsterte Justine in ihr Ohr. »Ich werde wohl eine Kugel opfern müssen, um sie zu beeindrucken.« »Und danach verschwinden wir.« Saskia atmete tief durch und spürte die Anspannung der Kämpferin erwachen, wie vor jedem Duell, das sie in der union ausgefochten hatte. Die Finger der rechten Hand schlossen sich um das Hornschwert.
»Bist du bereit?«
»Alles ist bereit: meine Hand, mein Schwert, meine Gabe.« Sie sagte es absichtlich mit fester Stimme, damit sie ihre eigenen Zweifel übertönte.
Justine zog die Pistole und verhüllte ihr Gesicht. »Moi aussi, ma chere.«
Die Schlangenfrau ließ von Levantins Körper ab, er erhob sich kraftvoll, nahm die beiden Schwerter auf und rief etwas. Sofort trat ein neuer Gegner auf den sandigen Boden, der sich für einen langen Speer entschieden hatte.
»Los!« Saskia stieß die Tür auf und schlug dem Legionär den Griff ihres Schwertes in den Nacken, er sackte ächzend zu Boden. Alle Köpfe ruckten zu ihr herum. Damit jeder verstand, was sie wollte, richtete sie ihre Waffe am ausgestreckten Arm genau auf Levantin, mit der freien Hand zeigte sie immer wieder auf sich. Dann schwang sie das Schwert und ging auf ihn zu.
Einer der Legionäre hob seinen Wurfspeer, doch Justine schrie ihm ein »Non« ins Gesicht - und feuerte eine Kugel direkt hinterher. Die Menschen im Saal schraken zusammen, einige duckten sich, andere warfen sich zu Boden, wieder andere starrten ungläubig auf den gefallenen Soldaten, dem das laute Krachen den Tod gebracht hatte.
Justine schwenkte den Lauf, aus dem Rauch kräuselte, und vollführte eine abwehrend-warnende Bewegung zu den Menschen um sich herum. Da sich niemand rührte, nahm sie an, dass sie begriffen hatten.
Levantins Gesichtsausdruck wirkte ebenso überrascht wie neugierig. Er musterte blitzschnell das Schwert, die Pistole, das Gesicht der Angreiferin, sog alles in sich auf, als wollte er es in seine Erinnerung einschließen. Die Schlangenwandlerin sprach rasch und eindringlich zu ihm, und er hörte aufmerksam zu, nickte kaum merklich und lächelte schließlich. Dann sagte er laut etwas, damit es jeder im Saal vernahm.
Saskia vermutete, dass die Wandlerin ihm gerade vom Zusammentreffen mit ihr und Justine berichtet hatte. Sie machte mit einer Geste deutlich, was sie erwartete, und nahm die klassische Fechtstellung ein.
Neugierig musterte Levantin sie und richtete sich auf, seine Augenbrauen hoben sich. Er sah wie ein kleines Kind aus, in dem immense Vorfreude raste, und er schien es für ein Spiel zu halten.
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