Blutportale
Können. Im Gegenteil - die Ausdehnung beschleunigte sich sogar! Es blitzte und knisterte.
Ein erstes Wesen kam durch das Portal herausgesprungen, pferdegroß und mit drei Armen; anstelle von Augen hatte es schlangenhafte Fühler. Es stieß einen Ton aus, ein Vibrieren und Klicken gleichermaßen, dann rannte es an Levantin vorbei, genau auf sie zu.
»Das Ding ist für mich«, verkündete Justine und verwandelte sich vor ihren Augen in eine Halbbestie. Zähnefletschend rannte sie der Kreatur aus einer anderen Dimension entgegen, die Arme zum Schlag erhoben. »Schnappt euch das Schwert! Macht irgendwas!«
Saskia und der Professor warteten, bis sich Justine und ihr Feind ineinander verkeilt hatten, dann rannten sie an den Kämpfenden vorüber.
»Wie gelangen wir an dem Portal vorbei?«, fragte der Professor. »Wenn wir durchlaufen, landen wir doch in dieser Dämonensphäre, oder?«
Saskia versuchte noch immer, das Portal zum Innehalten zu zwingen, aber es widersetzte sich ... Nein, es bot ihr nicht einmal eine Angriffsfläche! Es war, als langte sie mit ihrer Gabe in Luft. Durch die Bittermandel hindurch bemerkte sie intensiven Zitronenduft. Belua roch für einen Dämon, dessen Spezialität das Verbreiten der Pest war, unpassend frisch und rein. Levantin sah sie kommen und wandte sich ihnen zu. Da sprang ein zweites Wesen aus dem Portal und warf sich auf ihn, riss ihn zu Boden und biss in seinen Nacken, seinen Rücken, seinen Schädel. Levantin schrie.
Immer schneller flogen Dämonenwesen durch das Portal, landeten und rannten auf den Professor und Saskia zu. Justine war kaum noch mehr als ein flirrender Schatten, während sie wie eine Berserkerin auf die Angreifer einschlug. Lange würde es ihr nicht gelingen, die schreckliche Übermacht zurückzuhalten.
»Mein Gott«, sagte der Professor und hob den Stock zur Abwehr. »Wer hätte das jemals geglaubt?«
In dem milchig goldenen Durchgang wurde eine Fratze von zwei Metern Größe sichtbar, doch noch konnte es nicht in ihre Welt gelangen, wirkte wie ein Abdruck. Belua schien sich von seiner Seite des Portals gegen den Durchgang zu pressen, der noch nicht seine volle Ausdehnung erreicht hatte. Sobald dies geschehen war, da war sich Saskia sicher, würde der Dämon sich die Erde Untertan machen. Jeder Widerstand wäre dann aussichtslos!
Mit einem schrillen Schrei fiel Justine zu Boden. Ihr Kopf war unnatürlich weit nach hinten geklappt und starrte Saskia voller Angst an, Blut schoss aus ihren zahlreichen klaffenden Wunden. Röchelnd griff sie sich an ihren tätowierten Arm, berührte das Zeichen, mit dem der Dämon sie zu seinem Eigentum gemacht hatte - und verschwand in einem Lichtblitz. In diesem Moment wusste Saskia: Sie hatte verloren.
Es war vorbei.
Sie hatten das Ende der Welt nicht aufhalten können, hier und jetzt würden sie sterben. Wie eine kalte Welle spülte die Verzweiflung über sie hinweg.
Die Dämonenwesen hatten sie fast erreicht!
»Weg«, schrie Saskia. Sie wandte sich um und hetzte die Treppe zum Dach hinauf. Es war ihr gleich, ob der Professor ihr folgte oder nicht. In ihrer Todesangst war sie sich selbst die Nächste.
Sie erreichte das Dach, schloss die Stahltür hinter sich - und sah die Ränder des rotglimmenden Portals. Es erinnerte sie an ein gigantisches Riesenrad. Ein elektrisches Surren und Knistern lag in der Luft, der Zitronengeruch reizte sie mehr als ihre Essigbittermandeln.
Das Hochhaus war von der Energie in der Mitte durchgeschnitten worden, die andere Gebäudehälfte brach auseinander und fiel auf die Straßen von Damaskus nieder, wo sie Fahrzeuge, Tiere und Menschen unter sich begrub.
»Nein, das ...« Saskia versuchte schluchzend, gegen das Portal anzukämpfen, aber ihre Gabe ließ sie im Stich. Es war, als würde man mit einem Tennisschläger Wasser aufhalten wollen. Sie sah über den Rand des Dachs: Feurige Schatten sprangen aus den Fenstern, hetzten die Straßen entlang, gingen in der Stadt auf Jagd und verbissen sich in flüchtende Männer und Frauen. Fliegende Wesen schwangen sich in den Abendhimmel und ließen Damaskus hinter sich. Niemand konnte sie aufhalten.
Saskia sank unter Tränen in den Kies und musste mit ansehen, wie Belua durch das Portal trat. Eine feste Gestalt besaß er nicht, er bestand aus Konturen, die gespenstisch aufflackerten und Teile seines Körpers sichtbar werden ließen. Er ragte vierzig Meter in die Höhe, der Asphalt kochte unter seiner Berührung. Schläge seines Dreifachschweifs
Weitere Kostenlose Bücher