Blutportale
wer seine Widersacherin war, die sein Erscheinen verhinderte. Jetzt erkannte sie Wut in den Pupillen, dann verschwand das Auge.
Plötzlich fiel es ihr leichter, das Loch zu manipulieren. Hatte der Dämon aufgegeben? Eine vage, vorsichtige Erleichterung stellte sich ein. Sie hatte Belua zurückgeschlagen!
In dem Moment rauschten lange schwarze Flammen aus dem Portal und hielten genau auf sie zu.
Saskia wurde davon überrascht und wusste nicht, was sie tun sollte.
Plötzlich flog etwas an ihr vorbei. Auf einmal stand Levantin vor ihr - und stemmte sich gegen den Angriff, die Arme ausgebreitet, als wollte er die Energien auffangen.
XXVI. KAPITEL
20. November
Syrien, Damaskus
Das Dämonenfeuer prasselte auf Levantin ein und brannte ihm die Kleidung vom Körper.
Ein Funkensturm umspielte ihn, die Trudelnden roten Pünktchen hagelten auch über Saskia hinweg und stachen in ihre nackte Haut. Doch das war nichts im Vergleich zu dem, was ohne Levantin als lebenden Schutzschild mit ihr geschehen wäre.
Noch während Saskia sich verwundert die Augen rieb, endete die Attacke, und das Brüllen Beluas erklang, lauter und wütender diesmal.
Das schlagartig einsetzende Fiepen in den Ohren kannte sie noch aus der Zeit, als sie in Clubs gegangen war; die Geräusche um sie herum wurden dumpfer, wie durch einen Filier. Taubheit durch Dämonengeschrei war in ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung nicht eingeschlossen. »Schließ es!«, herrschte Levantin sie an. Sein Gesicht war, wie der Rest seines Körpers, vom Ruß schwarz gefärbt; Verbrennungen hatte das Feuer nicht angerichtet. »Er wird sich gleich etwas Neues einfallen lassen, um mich auszuschalten, nachdem ich mich ihm in den Weg gestellt habe.«
Saskia warf alles in die Waagschale, um die Entscheidung zu ihren Gunsten zu erwirken. Aber der Widerstand hatte sich verstärkt, drängte ihre Gabe zurück und schob sie weg. »Schließ es!«, brüllte Levantin mehrstimmig.
Emotionen sind der Schlüssel! Sie rief die schönen Erinnerungen ab, um aus ihnen mehr Kraft zu schöpfen.
Das erste offizielle Gefecht auf der Planche.
Patrick und sie am Abend der Restauranteröffnung.
Der Moment, als ihr der Vater den Knopf ihres Vorfahren in die Hand drückte. Zunächst schien gar nichts zu passieren - doch dann zogen sich die Ränder des Portals tatsächlich zusammen. Saskia hatte die Oberhand errungen, auch wenn ihr Kopf zu platzen drohte. Ihr Hals schien nur noch so dünn wie eine Stricknadel zu sein.
Wieder erschien das Auge, glotzte diesmal Levantin an und verschwand wieder. Dann wurden gleich mehrere Gestalten nacheinander durch das Loch geschleudert: perfekte Menschenkörper, Männer und Frauen, doch ihre Gesichter waren leer. Sie besaßen keine Nasen, keine Münder und keine Augen, nichts, was aus ihnen ein Individuum gemacht hätte.
Die Wesen warfen sich sofort auf Levantin, zwei weitere sprangen auf Saskia zu, die sich anstrengen musste, das Loch weiter zu schließen. Die Waffe in ihrer Hand schien Tonnen zu wiegen, und sie röchelte wie eine Ertrinkende. Gegen diese Dämonenwesen würde sie verlieren. »Avatare«, rief Levantin über die Schulter und stürzte sich in das Handgemenge. Unvermittelt sprang Justine in ihrer Halbform an Saskia vorbei und warf sich den anderen Feinden in den Weg. »Du weißt, was du tun musst«, knurrte sie und schnappte einen Avatar an der Kehle, einem zweiten rammte sie die Klauen in die Brust und warf ihn nieder. Noch mehr schöne Erinnerungen sollten ihr Macht geben. Saskias Kopf dröhnte unter der Belastung, die Bittermandel brannte in ihrem Mund und in der Nase und rottete sämtliche Geschmacksnerven aus. Anscheinend ätzte sie sich durch die Zunge. Warm lief ihr das Blut über die Lippe, und der Druck in ihrem Schädel steigerte sich mit jedem Gedanken an ihre Gabe. Der Widerstand, den ihr der Dämon von der anderen Seite bot, war gewaltig.
Die graue Welt verlor all ihre Konturen, aus ihren Mitstreitern und Gegnern wurden wabernde, zuckende Gestalten, und der kreisrunde Riss überstrahlte alles wie eine explodierende Sonne. Ihre Netzhaut schien sich abzulösen, das Bild bekam Flecken wie ein Film, der vor der heißen Projektorlampe verbrannte.
Saskia hatte das Gefühl, als breite sie die Arme aus. Sie legte den Kopf in den Nacken und ließ all die Angst, den Schmerz, die Schrecken, gegen die sie ankämpfte, in sich strömen, ließ den Bittermandelgeschmack sie einhüllen wie eine brennende Decke. Sie gab den letzten
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