Blutportale
bei dem ich das Haus ersteigerte.« »Der oder die Einbrecher scheinen im Gegensatz zu uns genau gewusst zu haben, dass der Panzerschrank ein Geheimnis hat.« Will musste daran denken, was Hansen ihm über das Haus erzählt hatte, über die Morde, das rätselhafte Verschwinden von Personen. Und jetzt wurde noch etwas aus dem Tresor geklaut, von dem er und sein Chef immer gedacht hatten, er wäre leer. »Warten Sie, ich werde mir das genauer ansehen.« Er nahm die Mini-Taschenlampe aus der Schreibtischschublade und leuchtete in das Fach. »Es ist leer, Sir.«
Beim Zurückziehen der Hand rutschte ihm die Lampe aus den Fingern und fiel hinter das Bänkchen, das vor dem Tresor stand. Als er sie wieder hervorziehen wollte, machte er einen unerwarteten Fund. »Hier ist etwas! Es sind ... zwei Seiten Papier sowie drei Postkarten, die irgendwie zusammenkleben. Sie lagen auf dem Boden. Wahrscheinlich sind sie dem Einbrecher aus der Hand gefallen, als wir ihn überrascht haben.«
»Und? Was erkennen Sie?« Der Mann am anderen Ende der Leitung klang aufgeregt. »Auf den Blättern stehen handschriftliche Aufzeichnungen, die unten links durchnumeriert worden sind. Es sind die Seiten achtundneunzig und neunundneunzig, und auf Letztere ist ENDE geschrieben worden. Den Rest haben die Einbrecher wohl mitgenommen.« »Hören Sie, Gul, Sie werden mir die Blätter faxen, danach schicken Sie sie per Express zusammen mit den Postkarten an folgende Adresse.« Der Mann nannte ihm einen Namen, ein Postfach und eine Stadt in Mexiko. »Machen Sie das so schnell wie möglich, Herr Gul.«
In diesem Moment kehrten die Wachleute zurück. »Der Kerl ist uns entwischt, er war einfach zu schnell«, entschuldigten sie sich. »Wir haben uns nun im Haus und auf dem Grundstück umgesehen; hier ist nun niemand mehr außer uns. Sollen wir die Polizei anrufen, Herr Gul?« »Ja. Und wenn Sie das bitte von draußen machen - ich muss hier ein dringendes Gespräch führen.« Will wartete, bis die Männer sich wieder entfernt hatten, dann wandte er sich wieder an seinen Auftraggeber. »Sir, was soll ich den Beamten sagen?«
»Sagen Sie, dass im Tresor zehntausend Euro lagen. Kein Wort von den Blättern und Karten.« »Verstehen Sie mich nicht falsch«, sagte Gul, der sich um sein Karma sorgte, »etwas verschweigen ist eine Sache, aber eine weitere Lüge ...«
»Im Tresor waren zehntausend Euro, nichts anderes«, sagte der Sir scharf. »Haben Sie mich verstanden?«
Einen Moment überlegte Will, ob er widersprechen sollte. »Ja, habe ich, Sir.« »Gut. Sehr gut, Herr Gul. Ich kann mich wie immer auf Sie verlassen.« Der Mann klang erleichtert. »Machen Sie alles so, wie wir es besprochen haben, und versuchen Sie, nach diesem Tag doch noch etwas Ruhe zu bekommen.« Das Gespräch wurde beendet.
Will wunderte sich. Früher hatte er geglaubt, der Mann sei ein reicher Exzentriker, der aus Spaß um die Welt jettete, aber nach der Sache mit Hansen und der Schlägertruppe und dem Tresor dachte er anders darüber. Der Mann hatte einen Grund, sich zu verbergen; es musste etwas Persönliches und Geheimnisvolles sein. Das Haus spielte dabei anscheinend eine Rolle. Eine ungewohnte Aufregung packte Will. Er war in etwas hineingeraten, das von Unerklärlichem strotzte und auch etwas unheimlich war ... genau das Richtige für ihn! Waren die Unterlagen im Safe der Grund für das Kaufangebot? Er würde herausfinden, was auf den gefundenen Seiten stand; es war besser, vorbereitet zu sein, wenn er schon unfreiwillig an die vorderste Front geraten war.
Will ging zum Faxgerät und versandte die Seiten. Bevor er sie in den Umschlag steckte, kopierte er sie für sich. Die Postkarten entpuppten sich als Fotografien. Die obere zeigte das Innere eines Raumes mit einer merkwürdigen Mustertapete, aber ohne eine digitale Aufarbeitung war so gut wie nichts mehr zu erkennen. Mit Gewalt wollte er die zusammenklebenden Fotos nicht voneinander trennen, um sie nicht zu beschädigen. Er lichtete das obere Foto mit seinem Handy ab, gab es, wie es war, zu den Seiten und klebte den Umschlag zu. Danach machte er mit einem Kurierdienst einen Termin für den nächsten Morgen aus.
Motorengeräusche ließen ihn aufblicken. Will sah einen Streifenwagen die Auffahrt hinaufkommen und eilte zum Eingang. Er öffnete die Haustür für die Polizisten und die beiden Wachschutzleute, die, gerade aus dem Garten kommend, zu ihnen stießen. Die Polizisten stellten sich vor und erklärten, dass ihre Kollegen
Weitere Kostenlose Bücher