Blutportale
und besten Attacken in kein Resultat mündeten, begann eine immer größer werdende Unsicherheit, ihr zu schaffen zu machen. Das hatte sie schon sehr, sehr lange nicht mehr erleben müssen.
Ihr Duell ging quer durch den Raum. Es war ein wildes Klingenkreuzen, das kaum noch etwas mit der Eleganz eines Fechtturniers gemein hatte. Saskias Schnittwunden schmerzten bei jeder Bewegung, und ihr Oberschenkel fühlte sich geschwollen an, als sei ihr ein Fußball unter die Haut geschoben worden. Ihr Säbelarm wurde schwer und schwerer. Der Maitre dagegen erlaubte sich den Spaß, die Hand ständig zu wechseln, was es für sie noch kniffliger machte, seine Attacken vorherzusehen. Umso erstaunlicher war es, dass es ihr doch immer noch gelang; Saskia verließ sich fast vollständig auf ihre Reflexe und ihre Gabe.
Der Gegner setzte zu einem Hieb auf ihren Hals an, vor dem der Professor sie gewarnt hatte. Der Ansatz dazu war schlecht verborgen, und sie wich aus, schlug seinen Arm zur Seite - und schlitzte seine linke Seite auf. Sie sah die dünne Fettschicht unter der Haut schimmern, ehe das Blut hervorquoll, und stieß einen triumphierenden Schrei aus ...
... aber der Maitre kümmerte sich gar nicht darum! Das Rapier zischte mit einem peitschenhaften Sirren heran und traf ihre Fechtmaske mit solcher Wucht, dass Saskia zur Seite stolperte und nur den Säbel nach oben reißen konnte. Dass ihr Punkt gegen ihn gewertet wurde, nahm sie gar nicht mehr wahr. Wenn der Gegner eine schwere Holzkeule in der Hand gehalten hätte, wäre der Einschlag mindestens von gleicher Heftigkeit gewesen. Sie hatte keine Erklärung für die ungebrochene Kraft in diesen Armen. Ein Wunder, dass das Metall des Rapiers und der Stahldraht ihres Helms hielten!
Die Heftigkeit eines erneuten Aufpralls schleuderte sie zu Boden. Sie fiel auf den Ellbogen, es stach im Gelenk, und die Finger öffneten sich. Scheppernd fiel die Waffe auf die Dielen; sofort zuckte die Spitze der feindlichen Waffe auf ihre Brust zu.
Saskia schnappte sich ihren Säbel mit der anderen Hand, schlug das Rapier weg und verhinderte den tödlichen Stoß gegen sie. Aber schon sirrte die Klinge des Maitre wieder heran. Eine neue Abwehr war ihr nicht mehr möglich!
»Aufhören! Ich ergebe mich!«, schrie Saskia in Todesangst und reckte den Säbel nach oben. Die Spitze fuhr dennoch blitzartig nieder, schnitt über ihre Haut, zerschlug sogar die eiserne Panzerung über ihren Brüsten und zeichnete sie peinigend bis zum Nabel hinab mit einer unruhigen Linie. Der Maitre erlaubte sich, die Kontrahentin für ihre Anmaßung, ihn gefordert und dreimal verletzt zu haben, zu bestrafen. Wieder hatte er sich übermenschlich schnell bewegt. »Aufhören!« Saskia lag trotz der Angst, durchbohrt zu werden, vor Schmerzen regungslos auf den Dielen. Sie fühlte, dass ihr Oberkörper entblößt worden war, Blut lief über ihren Bauch. Sie keuchte und starrte auf das blutige Rapierende, das einen Millimeter vor ihrer Kehle schwebte. Dann erkannte sie auf dem verspiegelten Plexiglas ihr eigenes bleiches Gesicht. Sie sah verängstigt aus, glich nicht mehr im Entferntesten der Saskia Lange, die ausgezogen war, um an die Spitze der union zu gelangen.
»Nein«, schrie der Mann, der dem Kampfgericht vorsaß. Die Männer und Frauen waren aufgesprungen.
Der ausgestreckte Arm des Maitre verlor die Spannung, der Kämpfer richtete sich auf, grüßte zuerst sie, dann die anderen Männer und Frauen, und verließ, ohne sich noch einmal umzusehen, den Saal durch die Tür, durch die er eingetreten war. Eine Spur aus roten Tropfen markierte seinen Weg.
Der Professor eilte zu ihr, kniete sich neben sie und griff in seine Tasche. »Bleiben Sie liegen, Rapier«, befahl er, streifte Latexhandschuhe über und holte ein Desinfektionsmittel aus der Tasche, mit dem er ihre Wunden auswusch.
Saskia streifte die Maske ab und ließ ihren Säbel los, stützte sich auf die Ellbogen und wurde gleich wieder vom Arzt nach unten gedrückt. Ohne darüber nachzudenken, wollte sie die Hände vor ihre Brüste legen, um sie vor den Blicken der Fremden zu schützen.
»Liegen bleiben«, fuhr er sie an. »Und seien Sie vor mir nicht genannt, Rapier. Ich bin Arzt.« Sie nahm die Hände weg und wunderte sich selbst über ihre Reaktion. Dennoch war sie froh, dass er so saß, dass das Kampfgericht sie nicht sah. »Ich glaube, er hat Gift benutzt«, flüsterte sie und spürte Schwindel. »Die Schnitte ... brennen so sehr.«
Der Professor lächelte
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