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Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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beruhigend. »Kein Gift. Das ist der Schweiß, Rapier. Und Desinfektionsmittel.« Er begutachtete ihre Wunden, dann setzte er eine Spritze für die lokale Betäubung. »Das kann ich klammern, und da müssten es ein, zwei Stiche tun«, erklärte er und wirkte beim Sprechen merkwürdig abgelenkt. »Es gibt gute Salben, die eine Narbenbildung verhindern.«
    Er klammerte die Wunden, nähte, bedeckte die Stellen mit einer Lage Mullbinden, und sie hielt geduldig still. Schließlich nahm er eine Karte aus seiner Tasche und schob sie ihr heimlich in den Schuh. »Meine Telefonnummer. Wenn Sie die Nummer eines Schönheitsspezialisten haben wollen, der sicherheitshalber nach den Wunden schauen soll, oder es Komplikationen gibt, rufen Sie mich an.«
    Sie legte sich die Reste des BHs um, und er tackerte die durchtrennte Stoffstelle mit einem Lächeln. »Gut. Versuchen Sie, sich aufzurichten«, sagte er dann, und sie tat es. Es schmerzte wie die Hölle, aber es ging. Auch an ihrem Bein hatte er nähen müssen.
    Saskia erhob sich mit seiner Hilfe, ihre Knie fühlten sich wacklig an. »Danke, Professor«, sagte sie und nahm das Glas Wasser, das ihr von der Dame im dunkelrosafarbenen Kleid gereicht wurde, entgegen.
    »Keine Ursache. Ich schaue nach dem Maitre.« Er nickte ihr zu, ließ den Verschluss seiner Tasche einrasten und ging hinaus.
    Der Leiter des Kampfgerichts schaute sie mitleidig an. »Sie hatten das Wunder beinahe geschafft. Und dann das.«
    Saskia leerte das Glas und glaubte, dass das Wasser auf dem Weg in den Magen in ihrer Kehle verdampfte, so heiß war ihr. »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
    »Es war gegen die Regel.« Die Frau reichte ihr noch mehr zu trinken. »Er hat Ihren Schnittschutz zerstört, und das ist nicht erlaubt. Der Treffer wäre nicht gezählt worden, und nach genauer Prüfung hätten wir ihm den Sieg aberkennen müssen.«
    »Da Sie jedoch aufgegeben haben«, sprach der Vorsitzende weiter, »sind Sie uns zuvorgekommen. Damit ging der Sieg an den Maitre.« Aus dem Mitleid wurde ein Vorwurf. »Sie standen so dicht davor, Rapier. So dicht! Sie hätten ihn geschlagen!«
    »Beim nächsten Mal ...«
    »... wird alles anders? Glauben Sie das wirklich?« Er schüttelte den Kopf. »Gehen Sie nach Hause, und ruhen Sie sich aus. Die Behandlungskosten erstattet Ihnen die union gegen Vorlage der Rechnungen. Bringen Sie sie das nächste Mal mit.« Er reichte ihr die Hand, dann verschwanden er und die anderen. In ihren Blicken war deutlich ihr Bedauern und ihre Enttäuschung zu sehen.
    Saskia blieb allein im Saal zurück und schaute zu ihrer Maske und zu ihrer Waffe hinab, die auf den Dielen lagen. Der Säbel ihres Vaters. Die Traditionsklinge hatte ihr kein Glück gebracht. Sie spürte, dass ihr eine Träne die Wange hinablief. Vor Schmerz? Vor Wut? Vor Enttäuschung und Frustration? Zu viele Gefühle tobten in ihr. Eines wusste sie: Sie hätte den geschenkten Sieg, der durch einen Regelverstoß des Maitre erlangt worden war, niemals angenommen. Und dieser Gedanke weckte ihren Ehrgeiz von neuem. Saskia wollte eine Revanche, sie wollte ihn erniedrigen und ihm ihre Initialen in die Haut schneiden! Sie würde ihn zeichnen, wie er es mit ihr getan hatte. Sie wusste nun, wie er kämpfte, und sie konnte daraus eine Taktik entwickeln, um beim nächsten Kampf gegen ihn zu bestehen.
    Es war keine Schande, gegen einen solchen Kämpfer zu verlieren, aber bei einem weiteren Duell würde das nicht mehr geschehen. Zuerst musste sie jedoch den Zweifel an ihren Fertigkeiten abschütteln, den sie verspürte. Zum ersten Mal, seit sie mit dem Fechten begonnen hatte, war sie unsicher.
    Ächzend hob sie ihre Sachen auf, um in die Umkleide zu gehen. Der Weg dorthin erschien ihr viel weiter als auf dem Hinweg; die Verletzungen, der Blutverlust und die lokale Betäubung machten ihr zu schaffen.
    Es dauerte lange, bis sie ihre Straßenkleidung trug. Sie zerrte die Tasche hinter sich her, aus der Garderobe, durch den Gang, bis zum Ausgang und von dort zu ihrem Passat. Der Aufpasser war verschwunden, nur der Zigarillostummel in der Pfütze erinnerte an ihn.
    Saskia atmete die frische Luft tief in ihre Lungen und stellte sich gerade hin, so gut es die Wunden zuließen. Die Betäubung der behandelten Stellen ließ nach. Der Professor hatte scheinbar Salzsäure zum Reinigen benutzt, und sie keuchte vor Schmerzen. Mit der Linken musste sie sich am Wagendach festhalten.
    Eine silberfarbene Limousine fuhr in Schrittgeschwindigkeit vorbei; die

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