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Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Gänsehaut am ganzen Körper. War sie von dem Spuk ereilt worden, über den sie vorher einen Scherz gemacht hatte? Saskia, reiß dich zusammen - so etwas gibt es nicht! Tief atmete sie ein und zwang sich zur Ruhe. Das Ziehen der Schnitte ließ nach. Sie fasste sich langsam wieder, ohne dass sie das Fenster aus den Augen ließ. Was, um Gottes willen, war dort geschehen? Hatte sie irgendein merkwürdiges Alarmsystem ausgelöst? Oder ohne zu wissen, wie, ein instabiles Mauerstück zum Einsturz gebracht? Und die wichtigste Frage von allen: Sage ich es Will oder nicht?
    Sie musste sofort mit Patrick sprechen.
    Saskia kehrte aufgeregt und so schnell wie möglich in den Saal zurück, nahm sich im Vorbeigehen ein Glas Sekt und steuerte auf Patrick zu, der immer noch kauend und mit einem schon wieder vollen Teller am Stehtisch auf sie wartete.
    »Wo warst du denn?« Er sah an ihr herunter und deutete mit der Gabel auf die Schuhe und die Hosen. »Hast du bei deiner Flucht vor Groening Pfützenspringen gemacht?«
    Saskia blickte nach unten: Bräunlicher Schlamm und Reste von Mulch hafteten an Kleidung und Stiefeletten. »Ich war im Garten«, sagte sie fahrig und stürzte den Sekt hinab. »Mich beruhigen.«
    »Hat nicht geklappt, was?« Patrick grinste. Er schob sich eine Gabel Curry-Nudelsalat in den Mund. »Sag mal: Was sollte das mit Groening? Es wäre besser gewesen, wenn du geschwiegen hättest.«
    »Komm mir jetzt nicht mit dem, bitte. Ich muss dir etwas erzählen. Da draußen ...« »Da sind Sie ja wieder.« Groening schob sich vor sie, eine Schale mit Curry in der Hand. In ihrer direkten Umgebung stand außer Patrick niemand, der ihn hören konnte, als er sagte: »Haben Sie draußen ein bisschen geweint, weil Sie genau wissen, dass Ihre Frechheiten Ihnen nichts nutzen werden und ich Sie jederzeit fertigmachen kann?« Er lächelte wieder schmierig. »Es gibt natürlich eine Möglichkeit, die Katastrophe für Ihr Restaurant zu stoppen.« Dazu machte er eine Bewegung mit dem Mund und den Lippen, die einen Blowjob imitieren sollte. »Arschloch!«
    Ohne nachzudenken, holte Saskia aus - und schlug mit der geballten Faust und all ihrer aufgestauten Wut zu.
    Der Hieb traf Groening auf die Lippen; quiekend stolperte er rückwärts, dabei flogen die Schale mit dem Essen und ein einzelner Zahn in hohem Bogen auf den Marmorboden, der dort augenblicklich vom Absatz einer Tänzerin zermalmt wurde. Der Kritiker hielt sich die Hand an die aufgesprungenen Lippen und wurde bleich. Die Gäste sahen nach ihnen; Getuschel setzte ein.
    Jetzt war ihr wesentlich wohler. Das hätte ich früher tun sollen.
    Groening wimmerte, zog ein Taschentuch heraus, presste es sich gegen den Mund und lief aus dem Saal.
    Saskia wurde bewusst, was sie mit ihrer mutigen, aber sinnlosen Tat angerichtet hatte: Groening konnte sie wegen Körperverletzung anzeigen und würde darüber hinaus mit noch mehr Erregung auf dem Bon Goût herumhacken, bis es einstürzte.
    »Arschloch«, sagte sie trotzig und eilte durch eine andere Tür hinaus. Sie wollte sich den Blicken der Besucher, die alle ein eindeutiges Urteil über sie fällten, nicht länger aussetzen. Die Toilette war dafür der richtige Ort.
    Levantin erhob sich und betrachtete seine Hand, die Opfer eines Schutzzaubers geworden war. Die Finger kribbelten noch immer, und die verbrannte Haut war durchzogen von Haarrissen, aus denen sein Blut quoll und sich zu Rinnsalen zusammenschloss. Etwas davon war auch auf die Fliesen getropft. Sein Körper regenerierte sich aber bereits. Einen schwächlichen Menschen hätte diese Energie getötet, ihm hatte sie einige Sekunden Ohnmacht eingebracht. Selbst das war erheblich, wenn er bedachte, was er üblicherweise ertragen konnte, bevor er in die Knie ging.
    Sein erstaunter Blick richtete sich auf die Tür. Dass sie ihm derart zusetzen konnte! Das war sein Problem mit der Magie der Menschen: Er bemerkte sie zwar, konnte ihre Macht aber nicht einschätzen, bevor sie ihn traf. An der hölzernen Oberfläche verkohlten soeben letzte Hautreste und vergingen zu weißen Ascheflocken, die sich vom dunklen Untergrund lösten und zur Decke schwebten.
    Levantin befestigte den Teppich und die Scheibe in ihren alten Positionen und schwor der Frau namens Ines bereits jetzt, dass sie - im Gegensatz zu Armin - mit ihm sprechen würde. Die Menschen ertrugen Schmerzen unterschiedlich gut, und die meisten Frauen waren aufgrund ihrer physischen Beschaffenheit schneller zum Reden zu bewegen als

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