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Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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dahinter.
    Mit etwas zeitlichem Abstand kehrte ihre Neugier zurück. Dazu war das Erlebte zu einschneidend gewesen. Sie hielt sich nicht für abergläubisch, hatte aber keine vernünftige Erklärung für das Geschehen.
    Allerdings beabsichtigte sie nicht, nochmals in den Garten zu gehen. Dazu hätte sie den Festsaal durchqueren müssen, vorbei an den vielen erwartungsvollen Augenpaaren. Erst wollte sie sich beruhigen, ehe sie sich Will stellte und ihm erklärte, warum sie Groening einen Zahn ausgeschlagen hatte. Sie musste sich auf alle Fälle bei ihm entschuldigen. Saskia verließ die Toilette, wartete, bis niemand in ihre Richtung schaute, und ging einfach einen Gang entlang, der weg von der Halle führte.
    Sie gelangte in einen menschenleeren Korridor mit einigen Türen. An den Wänden hingen abstrakte Bilder eines ihr unbekannten Malers, dem es Freude bereitet hatte, Farben wild durcheinander auf die Leinwand zu schmieren. Sie passten nicht wirklich in diese Villa. Wenn sie sich richtig orientiert hatte, müsste sich auf dieser Seite des Gebäudes der Raum mit der zweiten Innenmauer befinden. Ihr Herz schlug schneller, als sie einen Türgriff nach dem anderen ausprobierte.
    Sie entdeckte ein kleines Bad, ein Schlafzimmer mit einem Wandschrank, dessen Tür aussah, als wäre sie von einer Dampfwalze nach innen befördert worden, einen Work-out-Raum, aber nicht die Kammer, die sie zu finden gehofft hatte.
    Enttäuscht trat Saskia den Rückweg an. Sie passierte einen hässlichen, finsteren Wandteppich, der von einer Glasplatte geschützt wurde - und roch plötzlich verbranntes Fleisch. Ihre Nase war geschult, sie täuschte sich nicht: Es war der graue Stoff mit den roten und schwarzen Ornamenten, der den wunderlichen Geruch absonderte. Sie schaute sich das genauer an.
    Der Teppich entwickelte unversehens eine regelrechte Anziehungskraft auf sie, als wollte er von ihr berührt werden. Die Ornamente schienen in Bewegung zu geraten, lösten ihre Knoten, verschlangen sich neu und lockten sie auf unerklärliche Weise. War das gar kein Teppich, sondern irgendein moderner Bildschirm mit einer merkwürdigen Oberfläche? Saskia rieb sich die Augen, ignorierte das Brennen ihrer Wunden, blickte den Korridor entlang und lauschte.
    Als sie sicher war, allein zu sein, streckte sie die Hand aus und löste die Bolzen, bis sie das Plexiglas entfernen konnte. Nun spürte sie die Wärme des Gewebes und berührte den Stoff. Aber sie fühlte keine Befriedigung dabei, nicht den erlösend-mitreißenden Effekt, den sie erwartet hatte.
    Vielleicht kam die Wärme von der Wand hinter dem Teppich? Ihre Finger griffen nach dem rechten Rand, um ihn zur Seite zu schieben. Sie atmete unbewusst schneller.
    »Ach, hier steckst du!«
    Sie schreckte zusammen, zog den Arm zurück und erkannte Patrick. »Meine Güte«, stöhnte sie erleichtert. »Musste das sein?«
    »Ich habe mir Sorgen gemacht und dich gesucht.« Er kam näher. »Was treibst du hier?« Er sah interessiert aus, musterte die Bolzen und die zur Seite gestellte Glasscheibe. »Du willst den doch wohl nicht klauen?«
    Sie wusste nicht recht, was sie sagen sollte. Patrick lupfte den Teppich und pfiff leise. »Da ist eine Tür!« Er grinste dreckig. »Ist bestimmt was Besonderes dahinter. Zweifellos die Treppe zum Sexkeller!«
    Saskia kämpfte mit der Neugier und dem immer weiter anwachsenden schlechten Gewissen. Der Drang, die Tür öffnen zu wollen, war stärker; deswegen legte sie kein Veto ein, als Patrick den Teppich von den letzten Halterungen löste.
    Er berührte die uralte Tür. »Die sieht irgendwie falsch aus. Passt nicht zum Rest des Hauses, oder?« Er legte die Hand auf den Türknauf und rüttelte daran. »Abgeschlossen. Mist.« Saskias Wunden begannen wieder, stärker zu schmerzen, und je länger sie vor der Tür stand, umso mehr kam es ihr vor, als sei diese der Grund dafür.
    Patrick bückte sich, um den Knauf zu betrachten. »Es gibt kein Schloss.« Er riss wieder dran, doch es geschah nichts. »Sag mal, ist was mit dir? Du guckst so komisch.« Er wandte sich ihr zu.
    Hinter seinem Rücken schienen die Zeichen und Einlegearbeiten aufzuflammen, die Symbole gerieten in Bewegung und ordneten sich neu an, wie auf dem Teppich. Saskia starrte das merkwürdige Schauspiel an, das sie einerseits anzog, sie aber auch einschüchterte; sie spürte die gleiche Angst und Beklemmung wie beim Anblick der KaliStatue oder dem zerbrechenden Fenster.
    Und doch verspürte sie diesen Zwang! Saskia

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