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Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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ließ.
    Saskia schob sich weiter durch den Pulk der Gäste, aber sie hatte den Maitre bisher nicht entdecken können. Also änderte sie die Richtung und steuerte auf die Treppe zu, die hinauf zum DJ führte. Das leichte Schwindelgefühl und die unnatürliche Heiterkeit, die sie den Pillen verdankte, waren zum Glück endlich verflogen, aber dafür brannten ihre Verletzungen nun wieder ohne jede Milderung. Umso glücklicher war sie, als sie die kleine Bar entdeckte, wo sie sich sofort einen Mojito bestellte. Alkohol gegen Schmerzen war ein probates Mittel.
    Sie nahm zwei, drei tiefe Schlucke, versuchte, sich auf die Musik und die Gäste unter sich zu konzentrieren, und hoffte, dass der Rum bald Wirkung haben würde. Unwillkürlich legte sie die freie Hand sachte auf die Brust. Die Klammern waren heute von ihrem Hausarzt entfernt worden, die Schnitte mit Salbe bestrichen und die Mulllagen wieder angebracht worden. Er hatte ihr eine gute Wundsalbe gegeben, die hoffentlich verhindern würde, dass sich unschöne Narben bildeten; wenn doch - die union bezahlte das Weglasern. Die Schmerzen machten sie dennoch unruhig. Saskia schwor sich, dass sie am nächsten Tag wieder zum Arzt gehen würde, um die Verletzungen begutachten zu lassen. Oder noch besser: Sie würde den Professor anrufen.
    Der Gedanke an ihn brachte die Erinnerungen an den Kampf und ihren Gegner zurück, der sich hier auf der Party befand. Oder habe ich mir den Maitre nur eingebildet, fragte sie sich missgestimmt. Sie ging wieder die Treppe hinunter und durch die Menge, um zu Patrick zurückzukehren.
    Plötzlich, völlig unerwartet, stand er vor ihr!
    »Frau Lange«, sagte Groening mit seinem schleimig-unterwürfigen Tonfall, der an Falschheit nicht zu überbieten war. »Wollen Sie heute endlich lernen, wie man ein richtiges Büfett zusammenstellt? Oder sind Sie hier, um Rezepte zu stehlen? Haben Sie etwa ein paar Tupperschalen für die Pröbchen in Ihrer Handtasche?« Er trank von seinem Bier und grinste gekünstelt. Saskia war normalerweise eine sehr beherrschte Person; das hatte das Fechttraining mit sich gebracht. Aber nicht an diesem Abend. »Lassen Sie mich bloß in Ruhe«, schnarrte sie. Besser hätte man den Kritiker nicht herausfordern können.
    »Ach? Sind wir dünnhäutig, wenn wir auf das eigene Unvermögen angesprochen werden?« »Wenn Sie von Unvermögen sprechen - meinen Sie damit, dass Sie nicht mehr Geschmack haben als ein Pavian?«, konterte sie lauter als beabsichtigt. Sie hatte den Schlagabtausch nicht gewollt, aber der Alkohol, die Schmerzen, was auch immer, machten sie äußerst gereizt. Die Gäste um sie herum verfolgten die Auseinandersetzung mit wachsendem Interesse. »Oh, Frau Lange, manchmal wünschte ich mir wirklich, ein Primat zu sein - anders ist das, was Sie in Ihrem Lokal anbieten, kaum zu ertragen.« Er bleckte die Zähne. »Manchmal glaube ich, dass ich in meiner beliebten Kolumne noch viel zu sanft mit Ihnen umgehe, denn es verirren sich doch immer noch einige Ahnungslose zu Ihnen, wie ich höre?«
    »Ach wissen Sie, man hört so viel - zum Beispiel, dass Sie nie Küchenchef waren, sondern als Pâtissier aus zwei Restaurants wegen Unfähigkeit rausgeflogen sind«, gab sie zurück. »Ohne den Job als Pseudokritiker wären Sie heute Bratwurstdreher, Groening. Und ein mieser dazu.« Groening errötete. »Ich kam mit den Inhabern nicht zurecht.«
    »Und die nicht mit Ihren Nachspeisen«, setzte Saskia nach und schlürfte laut an ihrem Mojito. »Wie die Gäste, die nach Ihrer île flottante das Kotzen bekamen.« Das Gelächter der Umstehenden tat ihr gut.
    »Besser als Salmonellen in der Küche. Oder das uralte Fett in der Fritteuse«, giftete er zurück. »Ganz zu schweigen von den illegal Beschäftigten, die Sie für einen Hungerlohn schuften lassen, und den abgelaufenen Zutaten, die Sie benutzen!«
    »Das sind Lügen!«, brauste sie auf. »Sie erfinden ...«
    »Ich bin dabei, Beweise dafür zu sammeln, Fotos und Aussagen von Ihren ehemaligen Mitarbeitern.« Er kniff die Augen zusammen. »Glauben Sie mir, ich schreibe Ihr schäbiges, verranztes Bon Goût in die Gosse. Sie werden nicht mal mehr in einer Imbissbude stehen dürfen!«
    Saskia ballte die Finger zur Faust und hatte das Bedürfnis, Groening auf sein verlogenes Maul zu schlagen. So weit wollte sie sich jedoch nicht herablassen; obwohl es sie immense Beherrschung kostete, ging sie einfach an ihm vorbei. »Sammeln Sie alles, was Sie wollen, Groening«, sagte sie, mehr zu

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