Blutportale
haben, bevor dieses Wesen auftauchte und uns angegriffen hat«, sagte er so freundlich, als würde er einem kleinen Kind erklären, dass es heute schon genug Süßigkeiten bekommen hätte. »Wenn ich merke, dass du lügst, stampfe ich dich in die Erde«, erläuterte er. »Das meine ich, wie ich es sage.« Der gelbe Sari war schmutzig und mit Blutflecken besudelt, Ines' Gesicht war voller Kratzer und Schnitte. Die Glasscherben der Vitrine hatten sie gezeichnet, und weitere waren dazugekommen, als er sie während des Angriffs des Geisterwesens aus dem Fenster werfen musste. Sie hatte geschrien und wahrscheinlich gar nicht begriffen, dass er so ihr jämmerliches Leben rettete; Levantin hatte sofort gewusst, dass ein Mensch gegen das Wesen nicht bestehen konnte, auch nicht, wenn Ines von ihrem Herrn gesegnet worden war. Trotzdem war ein Sturz aus dem ersten Stock für einen normalen Sterblichen kein Vergnügen, selbst wenn er vom lockeren Kies des Wegs abgefedert wurde. Dennoch war ihre rechte Schulter gebrochen, wie er an der unnatürlichen Haltung erkannte, und das linke Knie hatte es ebenfalls schwer erwischt.
»Gib dich keiner Illusion hin: Dein Herr hat dein Schicksal in meine Hände gegeben. Deswegen überlege dir gut, was du mir sagen möchtest. Wenn es dein Wunsch ist, zu sterben, dann schweige oder lüge. Ich stelle meine Fragen genau ein Mal.«
Sie sah ihn aus angstvoll aufgerissenen Augen an. »Ja«, flüsterte sie.
»Wem dienst du?«
»Dem mächtigen Belua«, erwiderte sie mit Stolz in der Stimme. Levantin lachte beim Klang des Namens auf. »Sieh an, Belua. Wie viele wart ihr heute Nacht?« »Vier.«
»Und was habt ihr in der Villa gewollt?«
»Die Tür. Wir müssen sie endlich öffnen, um den Weg für den Herrn vorzubereiten.« Belua will in diese Welt kommen? Das war ebenso unverständlich wie unerfreulich - Ersteres für Levantin, Letzteres für die Menschheit. »Wie lange versucht ihr das schon?«
»Ich bin erst seit vier Jahren in der Jüngerschaft, doch es gibt einige von uns, die seit einer Dekade und länger danach streben«, antwortete sie. »Wir haben alles versucht, um in dieses Haus zu kommen. Aber die verfluchten Consciten konnten uns stets daran hindern, sooft wir sie auch bei anderen Aufgaben geschlagen haben. Aber dann, vor einer Woche, brachen ihre magischen Schutzschilde - und wir bereiteten uns vor. Heute sollte der große Tag sein. Wir wollten nach Hinweisen im Haus suchen, wie wir das Bannsiegel des Portals brechen und in das defensorium gelangen können.« Sie warf ihm einen scheuen Blick zu.
An dem Glitzern in ihren Augen erkannte Levantin, dass sie -trotz aller Angst - fasziniert davon war, einem höheren Wesen zu begegnen. Menschen.
»Und was verbirgt sich hinter dem Portal?«
»Ein Ar...«
Der gebündelte Strahl einer Taschenlampe fiel erst auf sie und schwenkte dann auf Levantin. »Hey! Wer sind Sie, und was machen Sie hier?«
Levantins Rechte schnellte in die Höhe, packte die Gürtelschnalle und riss den Mann zu sich, während die Linke zuschlug und den Kopf so weit nach hinten schnappen ließ, dass das Genick mit einem trockenen Knacken brach. Der zuckende Leichnam fiel neben Ines zu Boden. So ruhig, als wäre nichts geschehen, schaltete Levantin die Lampe aus. »Du wolltest mir eben sagen, was sich hinter dem Portal befindet, Ines.«
»Ein Artefactum«, antwortete sie, nun wieder unter Tränen. »Wir benötigen es, um die Sphäre unseres Herrn zu öffnen und Belua in diese Welt zu bringen.«
Levantin spürte die Erregung, die Besitz von ihm ergriff. Saskia Lange war eine Option; hier tat sich eine zweite auf. Das Schicksal meinte es endlich wieder gut mit ihm! »Wie setzt man es ein?«
Sie presste die Lippen zusammen.
»Ines, glaubst du, deine Seele wird an mir vorbeigelangen, wenn ich dir das Leben nehme?« Er ließ das gelbe Leuchten in seinen Augen aufflammen. Ines wimmerte; Krümel der schwarzen Erde hingen auf ihren Lippen und wurden von Blut aus ihrem Mund geschwemmt. »Allein nützt es nichts. Es ist eines von fünfen.« Sie bedachte ihn mit einem hasserfüllten Blick. »Die Dinge nehmen ihren Lauf. Nichts mehr wird uns aufhalten. Auch du nicht. Belua wird dich als Ersten vernichten, wenn er in diese Welt gelangt.« »Wer sagt denn, dass ich euch aufhalten möchte?«, gab er belustigt zurück. »Es hat den Anschein, dass ihr gerade dabei seid, mir einen Gefallen zu tun. Aber wer sind diese Consciten? Nach was trachten sie?«
Das Funkgerät des toten
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