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Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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dass sie Opfer eines Gewaltverbrechens werden konnten.
    »Herr Levantin, hören Sie?«
    »Ja, ich höre.«
    »Das Haus gehört dem gleichen Herrn de Lavall, mit dem telefoniert wurde«, eröffnete ihm die Frauenstimme. »Und zwar seit dem 10. Dezember 2006. Vorherige Besitzerin war eine Claire Jeanne Chassard, die es von einem Johann Christian Hans von Kastell vor mehr als dreißig Jahren überschrieben bekommen hatte. Diese Frau ist die Mutter jener Justine Marie Jeanne Chassard, die Sie fotografiert haben. Allerdings wird sie im System als verstorben geführt.« »Interessant. Wie kann das sein?«
    »Hier steht, dass der Sohn des Herrn von Kastell seine Halbschwester Justine Anfang 2006 für tot erklären ließ.« Die Frauenstimme verstummte. »Das ist merkwürdig«, sagte sie kurz darauf, und er hörte die Verwunderung deutlich heraus. »Auch er ist kurz danach verstorben.« Levantin sah durch das Fenster zum Haus. »Überprüfen Sie alles, was mit den Chassards, den Kastells und diesem Herrn de Lavall zu tun hat. Ich möchte jedes Detail. Und stellen Sie mir ein Dossier über diesen Orden zusammen.«
    »So schnell wie möglich, Herr Levantin.«
    Er legte auf. Es hatten sich Entwicklungen ergeben, die gar nichts mit ihm zu tun hatten, aber doch von Bedeutung für sein Vorhaben waren. Levantin war unschlüssig, wie eindringlich er diese neuen Rätsel verfolgen sollte. Er würde sich entscheiden, wenn seine Agenten mehr Informationen für ihn hatten. Wenn man dazu gezwungen war, sich so lange auf der Erde zu bewegen wie er, konnte man ein Netzwerk flechten, das Jahrhunderte überdauerte und ein Vermögen besaß, das sich mit dem Bankkonto eines Ölscheichs messen ließ.
    Levantin nahm sein Handy und fuhr mit den Daumen über das Display. Er hinterließ einen Abdruck, aber keine feinen, in sich gedrehten Linien, wie man sie von einem Menschen erwartete.
    Sollte er die zweite Stufe zünden?
    Levantin legte das Telefon zur Seite und wählte eine Flasche Champagner aus dem Kühler, das Getränk, das mit Abstand am schönsten prickelte, wie er fand. Geschmack und Alkoholgehalt waren für ihn unerheblich; von beidem bekam er nichts mit.
    »Wir warten«, sagte er zu seinem Fahrer und goss sich ein. Früher oder später würden sich Ines' Freunde blicken lassen. Sie würden nicht einmal bis zur Tür des Anwesens gelangen. Über wen er wachte, dem konnte nichts Irdisches Schaden zufügen.
    Sein Blick schweifte die Straße hinauf. Einige Meter von ihm entfernt sah er eine dicke Frau, die mit einem Mops an der Leine tippelnd den Bürgersteig entlangging. Auf Höhe des Chryslers geriet sie ins Stolpern und knickte um, dann stürzte sie neben Levantins Tür.
    Er nippte amüsiert an seinem Glas und beobachtete, wie sie versuchte, sich aufzurichten, während der Mops hechelnd vor ihr stand und sie anglotzte.
    Menschen, dachte Levantin verächtlich und mitleidig zugleich. Mal bewunderte er sie für ihre Zielstrebigkeit und die Ausdauer, ihre Hartnäckigkeit selbst in ausweglosen Situationen, dann wiederum ekelten sie ihn an. Die Krone der Schöpfung waren sie sicherlich nicht. Niemand, der sich einen Titel selbst verlieh, besaß diesen zu Recht.
    Die Frau strengte sich an, wieder hochzukommen, und er hatte das Bild eines Käfers vor Augen. Eines trägen, fetten Käfers. Man konnte Insekten mögen, sie ignorieren und als Teil der Welt begreifen oder sie in Terrarien halten und gut für sie sorgen. Oder auf sie treten, wenn sie zu sehr nervten. Das alles hatte er schon getan. Menschen und Insekten standen für ihn auf derselben Stufe.
    Er leerte das Glas in einem Zug und öffnete die Tür. Heute hatte das Mitleid gesiegt. »Darf ich Ihnen helfen?«
    Sie hob umständlich den Kopf, der auf dem feisten Hals saß, und keuchte: »Ich ... habe ... Asthma.«
8. November
Deutschland, Hamburg, Bergedorf 
    »Die sind miteinander verbacken.« Will betrachtete den Ausdruck der alten Fotografie sowie die kopierten Seiten. »Deshalb haben wir nur die oberste.« Er langte nach dem Satellitentelefon, drückte die Wahlwiederholung, doch wie bei den letzten zehn Versuchen auch kam der Hinweis, dass die Verbindung nicht möglich sei. Wo steckte der Sir?
    Bei der nächsten Bewegung fuhr ein Stechen durch sein Rückgrat jagte ihm einen heißen Schmerz bis hinters Auge und ließ ihn keuchen. Das Andenken an die Dämonenattacke. Vorsichtig senkte er den Arm und drehte den Oberkörper; der Schmerz verschwand. Justine stand zwischen den Kisten, wühlte

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