Blutprinz (German Edition)
hatte Natalie der Spanierin die wahrscheinlich interessanteste Information entlockt, nämlich dass es keine Señora Barov gab.
Der Kaffeeplausch wurde von Simonas Handy unterbrochen. „Entschuldigen Sie kurz“, sagte sie und nahm den Anruf entgegen.
Natalie konnte nicht hören, was der Anrufer sagte, doch an Simonas stummer Miene erkannte sie, dass etwas nicht in Ordnung war. Als Simona schließlich auflegte, war sie bleicher als das Serviettenpapier neben ihrer Kaffeetasse.
„Stimmt etwas nicht?“
Simona kaute auf ihrer Unterlippe und schüttelte gleichzeitig den Kopf. „Es gibt Probleme mit Pablo, meinem Sohn.“ Sie fuhr sich über ihr Gesicht und murmelte eine Reihe von spanischen Gebeten und bekreuzigte sich dabei mit Blick zum Himmel.
„Vielleicht sollten Sie zu ihm und sich darum kümmern. Ich komme hier schon allein zurecht“, meinte Natalie.
Simona nickte. „Sie haben recht.“
„Ich wollte ohnehin gehen“, sagte Natalie.
„Nein, bitte.“ Simonas Stimme klang beinahe flehend. „Señor Barov hat mich ausdrücklich gebeten, Ihnen Gesellschaft zu leisten, bis er wiederkommt. Wenn Sie nun gehen, dann …“
„Bekommen Sie Ärger?“
„Ich denke, Señor Barov wäre nicht erfreut.“
„In Ordnung“, gab Natalie nach, denn sie wollte Simona nicht unnötig in Schwierigkeiten bringen. „Ich warte solange.“
„Danke … ich danke Ihnen.“ Simona berührte Natalies Schulter. „Es wird noch einige Stunden dauern, bis Señor Barov wiederkommt. Sie haben bestimmt schon den Pool entdeckt? Señor Barov hätte nichts dagegen.“
„Aber ich habe keinen Badeanzug bei mir.“
„Aber wer sollte Sie sehen?“, meinte Simona achselzuckend. „Ich komme wieder, sobald die Sache geklärt ist.“
Damit verschwand sie im Durchgang neben der Küche und ihre spanischen Worte, von denen Natalie nicht wusste ob es Stoßgebete oder Flüche waren, hallten noch durch die Gänge. Natalie leerte die Teetasse und beschloss, Simonas Vorschlag zu folgen.
In einen flauschigen Gästebademantel gehüllt stieg Natalie die gefliesten Stufen hinunter ins Untergeschoss, in dem der Pool lag, als sie das Geräusch polternder Schritte innehalten ließen. Wahrscheinlich hatte die Haushälterin etwas vergessen.
Im nächsten Moment erschütterte ein Knall die Wohnung. Glas splitterte und einen Augenblick später wurde das Foyer von grölenden Männerstimmen erfüllt. Wie festgefroren und mit pochendem Herz starrte Natalie nach unten. Was immer das zu bedeuten hatte, sie glaubte nicht, dass es Freunde von André waren, die zum Kaffee kamen.
„Seht euch die Bude an“, brüllte eine Männerstimme. Lautes Gelächter folgte.
„Seid mal leise“, befahl der Mann. „Hier ist jemand. Ich rieche Angst.“
Natalies Herz schlug so heftig, dass es wehtat. Die Männer kamen näher, sie wollte flüchten, doch Panik lähmte ihre Muskeln. Wie in einem dieser Alpträume, in denen sie ihre Beine nicht bewegen konnte.
„Wen haben wir denn da?“ Ein Mann war am unteren Ende der Treppe erschienen. „Death, guck mal … Jackpot“, rief der Kerl.
Das Gesicht eines zweiten Mannes erschien in ihrem Blickfeld und ein Faustschlag konnte kaum heftiger sein als die Erinnerung, die sein Antlitz in ihr weckte.
„Na sieh mal einer an …“, sagte Death. „Kein Wunder, dass unser Prinz heute Nacht so böse auf uns war.“
Hinter den beiden erschien ein dritter Kerl und vervollständigte das Trio, das Natalie in der vergangenen Nacht überfallen hatte. Dabei hätte Natalie die beiden anderen beinahe nicht wiedererkannt, denn anstatt alter, schmutziger Kleidung waren die beiden Penner nun in lederne Bikerklamotten gehüllt. Eigentlich konnte sie nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob es genau dieselben Männer waren, die Death begleitet hatten.
„Das nenn ich Luxus“, sagte Death. „Will uns vorschreiben, was wir zu tun haben, und selbst hält er sich eine Blutsklavin. Diese verlogenen Reinblüter …“ Er schnalzte mit der Zunge. „Alexej, Jasper, schnappen wir uns die Lady und kosten ihr süßes Blut.“
Alexej war jener der drei, den Natalie zuerst bei der Treppe gesehen hatte. Ein eher kleiner, hagerer Kerl mit kurzen, schwarzen Haaren. Jasper stand ganz hinten. Er war ein hoch gewachsener junger Mann, so wie Death, wirkte jedoch im Gegensatz zu dem durchtrainierten Anführer der Schlägertruppe schlaksig.
Als Alexej losstürmte, erwachte auch Natalie aus ihrer Starre. Wie eine Horde wildgewordener Stiere polterten die drei
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