Blutprinz (German Edition)
mit dunkelroter Flüssigkeit. Zwei blecherne Spindtüren, die in eine Seite des Raumes eingearbeitet war, hätte sie beinahe übersehen. Sie hoffte, hinter den Türen auf das zu stoßen, was sie in diesem Panikraum vermisste. Ein Telefon, einen Computer oder Monitore. Nach kurzem Zögern stand Natalie vom Boden auf. Es steckte kein Schlüssel in dem winzigen Schloss, das kaum größer als der Umfang ihres kleinen Fingers war. Als Natalie jedoch den Daumennagel in den schmalen Schlitz zwischen den Blechen schob, bewegte sich eine Türseite einen Spalt breit und Natalie konnte den Schrank öffnen. Wie sie vermutet hatte, verfügte der Panikraum über eine Überwachungsanlage. Entgegen Natalies Hoffnung war in dem Schrank jedoch weder eine Sprechanlage, noch ein Telefon oder irgendeine andere Möglichkeit, um mit der Außenwelt zu kommunizieren. Es gab lediglich ein Dutzend Flachbildschirme, die von Kameras mit Bildern versorgt wurden. Ein Bild der Verwüstung zeichnete sich auf den Schirmen ab. Eingetretene Türen, zerbrochene Gläser, Lampen und Stühle. Einige der wertvollen Bücher aus Andrés Bibliothek lagen zerrissen und zertreten auf dem Boden verteilt und auch Gemälde waren dem Vandalismus zum Opfer gefallen.
Auf zwei Monitoren sah Natalie, wie Alexej, Jasper und Death jede Ecke der Wohnung durchsuchten. Ihren Gesten zufolge hatten sie keine Ahnung, wohin Natalie verschwunden war. Die Wut über ihr Verschwinden ließen sie an Andrés Einrichtung aus. Natalie musste mit ansehen, wie sie weitere Gemälde zerstörten und das edle Bösendorfer Klavier von einem Polsterstuhl der Sitzgruppe getroffen in sich zusammenbrach. Mit einem mittelalterlichen Streitkolben, der in einem Gang an der Wand gehangen hatte, drosch Death auf die Stereoanlage und das Plattenregal ein. Er fegte durch eine Reihe von CDs, die in einer Wolke aus Kunststoffsplittern zerbrachen. Auf einem weiteren Bildschirm entdeckte Natalie ihre Handtasche, die sie im Gästezimmer zurückgelassen hatte. Die Tasche und der Inhalt lagen unter dem Esszimmertisch verteilt und Natalie schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass die drei Schläger keine ihrer Visitenkarten fanden.
Allerdings schienen diese derart mit der Zerstörung des Penthauses beschäftigt zu sein, dass sie kaum Rücksicht auf Dinge nahmen, die bereits auf dem Boden lagen. Der Reihe nach beobachtete Natalie die Monitore. Zwei von ihnen waren auf das Wohnzimmer gerichtet, drei weitere blickten in die Korridore, das Treppenhaus und das Foyer. Auf einem Monitor erschienen nur schemenhafte Umrisse von Andrés Schlafgemach.
Ein eisiger Schauer kroch Natalies Rücken hinunter, als sie auf einem der Bildschirme die Tiefgarage sah. Von tiefem Entsetzen gepackt, starrte sie auf den leblosen Körper von Simona. Wie eine achtlos weggeworfene Puppe lag sie in der Lache ihres eigenen Blutes. Arme und Beine waren auf unnatürliche Weise verdreht. Das waren nicht einfach nur brutale Schläger, sondern kaltblütige Mörder, die vor nichts und niemanden zurückschreckten. Die lebenslustige Simona. Tot. Ihr wurde übel und sie konzentrierte sich auf ihre Atmung. Jetzt zusammenzubrechen würde nichts nützen. Sie dachte an Alexejs unmöglichen Sprung und an den Moment, als Death innerhalb eines Lidschlages das Wohnzimmer durchquert hatte. Irgendwas ging hier nicht mit rechten Dingen zu. Vor ihrem inneren Auge sah sie erneut die scharfen, gebogenen Eckzähne. Sie zweifelte an ihrem Verstand, doch ihre Sinne hatten während der Verfolgungsjagd mit unglaublicher Schärfe gearbeitet. Etwas stimmte hier nicht.
Sie zog den Stuhl herbei, der ebenso wie der Klapptisch nicht so recht zur Einrichtung des Penthauses passen wollte. Für sie war dies aber auch ein Zeichen dafür, dass André nicht sehr viel Zeit in diesem Raum verbrachte und die Überwachungsanlage nicht missbrauchte, um ahnungslose Gäste zu beobachten. Die Kammer schien lediglich der Katze als ruhiges Versteck und als Lagerraum für pürierten Fruchtsaft zu dienen. Da sie Smoothies seit ihrer Kindheit hasste und die breiige Konsistenz Brechreiz bei ihr auslöste, müsste sie schon sehr lange hier eingesperrt sein müssen, bis sie es über sich brachte, davon zu trinken.
Ein Blick auf die Monitore verriet, dass die Kerle immer noch ihr Unwesen in der Wohnung trieben. Da nirgends ein Lautsprecher zu sehen war, konnte sie nicht hören, was sie sagten. Irgendwann würden sie hoffentlich verschwinden und wenn Natalie hier raus kam, dann musste sie die
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