Blutprinz (German Edition)
gaben ihm allerdings keine weiteren Hinweise auf den Verfasser.
Mein Blutprinz
,
ich beglückwünsche Euch, dass es Euren Schergen gelungen ist, eine unserer Rekrutierungsveranstaltungen für den Widerstand aufzudecken und zu zerschlagen. Doch lasst mich Euch sagen, es war nicht die Einzige in dieser Nacht
.
Dabei ereilte mich vor wenigen Tagen die überaus erfreuliche Nachricht, dass auch Ihr Euch eine Blutsklavin haltet. Werdet Ihr Euch nun selbst verurteilen? Am besten zum Tode, wie ihr es in Euren neuen Gesetzen fordert
.
Euer Verächter
.
Im Schritttempo lenkte André den Porsche über die gepflasterte Zufahrtsstraße, die durch einen kleinen Park führte. Die Bäume und Hecken erschienen wie überdimensionale Bauklötze, die so penibel geschnitten waren, dass sie perfekte Kegel, Würfel und Pyramiden bildeten. Der Park umgab ein kleines, aber prachtvolles Barockschloss, das auf den niedergebrannten Ruinen einer Burg erbaut worden war. Die Wände waren in Gelb und Rotbraun gehalten, mit kunstvoll gestalteten Mauervorsprüngen und Reliefs.
Je ein Dutzend Fenster erstreckten sich über die breite Front des einstöckigen Landsitzes, von dem aus einst die Geschicke des Vampirclans geleitet wurden. Doch die Zeit hatte auch nicht vor den Vampiren halt gemacht. Mit der Gründung des Rates Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts durch die mächtigsten Vampirfamilien unter seinem Vorsitz, verlor das Schloss zunehmend an Bedeutung. Allmählich wurde es zu einer Residenz jener, die sich aus dem modernen Leben zurückziehen wollten.
André parkte den Wagen, überquerte den Vorplatz und stieg die Treppen zum Eingangstor hinauf. Noch ehe er die Pforte in das Reich der Barovs erreichte, schwang der schwere Torflügel auf. Ein hagerer Mann erschien, der André mit gebückter Haltung erwartete. Das Gesicht seines Vaters war von tiefen Brandnarben zerfurcht und glich der Rinde eines uralten Baumes. Bartolomeos hob die knochigen Hände und umarmte André, während der lippenlose Mund ein angedeutetes Lächeln formte.
„Komm, ich hab uns Kaffee gemacht.“
„Du hast gewusst, dass ich komme?“
„Ich bin dein Vater“, antwortete Bartolomeos mit einer Selbstverständlichkeit, die ein beinahe siebenhundert Jahre langes Leben mit sich trug. „Eines Tages wirst auch du verstehen, dass man seine Kinder niemals aus den Augen lässt, mein Sohn.“
André folgte seinem Vater, der durch seine unheilbaren Kampfverletzungen hinkend, das marmorverflieste Foyer des Schlosses entlang schlich und André in den Speisesaal führte. Selbst für einen Reinblüter waren die sechshundertsechsundsechzig Jahre, die sein Vater zählte, ein beachtliches Alter. Das Blut ließ Vampire langsameraltern, erfüllte ihre Körper mit immer neuer Lebensenergie. Dennoch starben Vampire entgegen den Legenden der Menschen. Manche wurden kaum älter als ein Mensch, andere überlebten mehrere Jahrhunderte. Während die Reinblüter, Vampire, deren direkte Vorfahren Vampire waren, die Energie des Blutes am besten zu nutzen wussten, konnten Halbblüter, jene die durch Metamorphose vom Mensch zum Vampire geworden waren, dem Blut nur einen Teil der Lebensenergie entziehen. An die dritte Gattung, die Bastarde, gezeugt durch die unreine Vereinigung zwischen Mensch und Vampir oder Vampir und Tier, wollte André nicht denken. Zu wenig war über die Bastarde bekannt. Letztere wurden gar als Wertiere in den Geschichten der Menschen genannt, entstanden durch einen Vampir, der durch das Trinken von Tierblut dem Wahnsinn verfallen war.
Die Stille des Schlosses wirkte beruhigend und dennoch erschien der lange Raum einsam und verlassen, erfüllte ihn mit Wehmut und weckte die Erinnerungen an die großen Zeiten dieses Schlosses. Damals war er als Junge, später als Mann durch diese Räume gewandelt, stets begleitet von Dienern und seinen Lehrern. Er hatte seine erste Liebe mit einer jungen Zofe namens Irina in diesem Schloss erlebt, doch zugleich auch das Leid der Vergänglichkeit des Lebens. Irina starb während eines nächtlichen Spaziergangs in den Wäldern, die das Schloss umgaben, durch das Rapier eines Jägers. Die Erinnerung führte ihm vor Augen, dass das Schicksal ihm Zeit seines Lebens kein Liebesglück gegönnt hatte. Auf der Tafel im Speisesaal, an der für jeden der noch lebenden dreiundzwanzig Mitglieder Platz war, lagen nur zwei Gedecke.
„Ist außer dir noch jemand im Schloss?“
„Nur noch Anthony Rose, und natürlich Maria.“
Anthony Rose war der
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