Blutprinz (German Edition)
Schock etwas nachließ schwappte eine Schmerzwelle durch ihren geschundenen Körper. Sie schloss für einen Moment die Augen.
„Es tut so weh“, sagte sie.
„Bist du verletzt?“
War er blind? Sie musste aussehen, wie vom Bus überfahren. „Meine Beine und mein linker Arm … bei Gott, sieht man das nicht? Sie sind gebrochen.“
Sein besorgter Blick wich einem wissenden. Er schüttelte den Kopf. „Nein, er hat dich nicht wirklich verwundet.“
Vorsichtig berührte er ihre Stirn, schloss seine Augen. Wärme floss durch ihren Körper, besänftigte die Schmerzen.
„Wovon redest du?“ Sie betrachtete ihre verdrehten Gliedmaßen, sah die Knochen, die sich wie Beulen unter dem Fleisch abbildeten. Natalies Magen krampfte sich zusammen und sie spürte, wie die Schmerzen heiß und pochend durch ihren Körper peitschten. „Ich brauche einen Arzt … bitte.“
„Diese verdammte Bestie.“
Er strich über ihr Gesicht und sie spürte den schweren Ring an seinem Finger.
„Es tut mir so schrecklich leid, dass du in meine Angelegenheiten hineingezogen wurdest.“
„Sag mir endlich die Wahrheit.“
Sie entfloh seinen tröstenden Zärtlichkeiten. Sie fühlte sich schwach, müde, einer Ohnmacht nahe. Die Schmerzen machten es schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Dennoch musste sie wissen ob André tatsächlich in all diese Vorfälle verstrickt war. Angefangen von dem Überfall, über die merkwürdigen Mordfälle in den Medien, Simona, bis hin zu Death.
„Ich habe keine Zeit, dir das jetzt zu erklären“, wich er ihrer Frage aus. „Wir müssen weg von hier.“
„Nein, ich gehe nirgendwo hin“, antwortete Natalie. Sie konnte sich mit den gebrochenen Gliedern wohl schlecht eine Treppe hinunter schleppen. „Nicht bevor du mir die Wahrheit gesagt hast. Was meintest du mit deinen Angelegenheiten und warum nannte dich diese Bestie einen Vampirfürsten? Was ist mit den Morden und verdammt noch mal, wer oder was bist du, André?“
André seufzte. „Nicht hier und nicht jetzt“, sagte er mit aller Härte, die er in Natalies Gegenwart aufbringen konnte. „Ich muss dich von hier wegbringen, zu jemandem, der dir Helfen kann.“
Der Augenblick war denkbar ungünstig. Die Zeit drängte und wenn er um drei Uhr nicht in Paris war, dann würde die Versammlung ohne ihn stattfinden und er wäre dem Assassinen tatsächlich in die Falle gegangen. Er schaute auf die Uhr. 1:18. Selbst wenn er sofort zum Flughafen fuhr, würde er trotz Überschalljet nur knapp vor Beginn der Versammlung in Paris sein und er hatte keine Ahnung, wie man die Trugbilder, mit denen der Assassine Natalie gefoltert hatte, brechen konnte und welche Folgen sie auf Natalies Psyche hatten. Natalie wartete auf eine Antwort. Wenn er seine Augen schloss, konnte er ihre imaginären Schmerzen spüren. Einmal mehr begriff André, dass die Verbindung zu Natalie viel stärker war, als er sich eingestehen wollte, und solange sie nicht in Sicherheit war, konnte er keinen klaren Gedanken fassen. Auch wenn das bedeutete, dass er nicht bei der Versammlung in Paris anwesend war. Er hoffte, sein Vater kannte sich mit der Macht der Assassinen aus, und beschloss, sie auf der Stelle nach Bratislava zu bringen, ehe der Wahnsinn, den diese Bestie gesät hatte, vielleicht nicht mehr aufzuhalten war.
„Ich werde dir alles erzählen. Aber nicht hier“, sagte er, schloss noch einmal die Augen, ließ seine Energie in Natalie fließen und versetzte sie in einen künstlichen Tiefschlaf. Es war eine Fähigkeit, die ihm viel Kraft abverlangte und die er nur kontrollieren konnte, solange er in ihrer Nähe war.
18.
Paris, 30. Mai. 2007 2:55 Uhr
Z acharias beobachtete aus der hintersten Reihe des Versammlungssaales, wie sich die letzten Plätze des ehemaligen Kinos allmählich füllten. Nur ein Platz an der ihnen zugewandten Seite der Tafel, an der die acht Mitglieder des inneren Rats saßen, blieb unbesetzt. Wie erhofft war André Barov abgereist und nicht wieder zurückgekehrt. Auch wenn die Mitglieder des Inneren Rates Andrés Abwesenheit noch vor einer Stunde abgestritten hatten. Der erste Teil seines Planes hatte funktioniert. Er betrachtete die Leinwand hinter den hohen Ratsmitgliedern. Das Kino war zwar seit mehr als zwanzig Jahren geschlossen und der Saal soweit umgebaut worden, dass er einem Parlamentssaal glich, jedoch war die Leinwand nach wie vor in Betrieb und wurde während der Besprechungen genutzt, um Bilder und Statistiken an die Wand zu
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