Blutprinz (German Edition)
Fesseln, versuchte sich loszureißen, strampelte und trat mit dem gesunden Bein nach der Kreatur. Die Ferse traf die Bestie am Hals und Natalies zufällige Treffer stießen die Schreckensgestalt vom Bett. Der Erfolg verlieh ihr neue Kraft und Natalie gelang es, ihre linke Hand aus der Fessel zu befreien und nach der Nagelschere zu tasten, um die zweite Fessel zu zerschneiden. Doch die Bestie war bereits wieder auf den Beinen, war blitzschnell über Natalie. Sie hörte nur ein lautes Knacken, dann spürte sie einen fürchterlichen Schmerz und sah, wie ihr zweites Bein und die linke Hand auf grausame Weise verdreht und bestimmt mehrfach gebrochen waren.
„Warum?“, fragte Natalie, hörte ihr eigenes Wort nur als schmerzverzerrtes Zischen. „Was willst du von mir, du Scheusal?“ Ihr Verstand glitt immer weiter ab, in eine Art Trance.
„Du bist nur der Köder in der Mausefalle.“
Die Bestie deutete auf Natalies Schreibtisch. Ihr Computer war hochgefahren und das kleine, grüne Lämpchen an der Webcam, die auf dem Bildschirm stand, leuchtete, während die Linse der Kamera auf das Bett blickte.
Die Kreatur ließ Natalie jedoch keine Zeit, über die Bedeutung des eingeschalteten Computers nachzudenken. Stattdessen kroch die Bestie auf das Bett. Wie schwarzer Rauch senkten sich die Stofflumpen über Natalie. Der Gestank nahm ihr die Luft. Angeekelt schloss sie die Augen, drehte ihren Kopf zur Seite. In ihren Gedanken formte sich plötzlich Andrés Antlitz und sie sah, wie er die Treppenstufen zu ihrer Wohnung empor eilte. Die Kreatur krächzte auf.
„Ja, Kleines, dein Vampirfürst wird dir zu Hilfe eilen.“
Verwirrt starrte Natalie in die verzerrte Fratze. Vampir … was?
„Ach“, hallte es in ihrem Kopf. „Der Blutprinz hat dir kein Wort darüber erzählt, wer er wirklich ist?“ Die Bestie hielt inne. „Nein, er hat es nicht verraten … wie traurig.“
Ein zorniger Aufschrei erschütterte den Raum. Die Kreatur ließ von Natalie ab. Sie spürte einen Luftzug und sah nur einen schwarzen Umriss, der in den Raum schoss und das Ungeheuer vom Bett stieß. Wie ein loser Mantel im Wind wirbelte die Bestie durch den Raum und prallte gegen den Kleiderschrank. Holz splitterte und im nächsten Moment regneten Kleider und Regalbretter auf den Lumpenberg nieder.
André spürte Natalies flehenden Blick mehr, als dass er ihn sah. Doch der Assassine war noch nicht besiegt und jede Unaufmerksamkeit konnte ihnen das Leben kosten. Die Bestie rollte unter den Brettern hervor. Blitzschnell war sie wieder auf den Beinen und stand plötzlich hinter ihm. Aber André wusste um die Schnelligkeit eines Assassinen, wirbelte herum, schlug auf die Bestie ein und trieb sie in eine Ecke des Raumes, um ihr die Möglichkeit zur Flucht zu nehmen. Gezielt prasselten seine Hiebe auf den knochigen Körper ein, trafen mit lautem Knirschen. Die Wut über Natalies Folter und Romains Tod strömten mit ungemeiner Befriedigung aus ihm heraus, ließen seine Schläge noch härter und gezielter treffen. Wieder entkam der Assassine und näherte sich der offenen Balkontür. André hatte nun mehr Platz und setzte auch seine Knie und Füße ein, um den Bastard auf Distanz zu halten, seinen Pranken zu entkommen. Der Assassine stolperte hinaus auf den Balkon.
„Ihr seid in die Falle gegangen, mein Blutprinz“, fauchte die Bestie. Für einen Augenblick war André durch die Worte des Assassinen abgelenkt. „Lebt wohl, André Barov.“
Der Assassine nutzte den Moment und sprang mit einem Rückwärtssalto über das Geländer vom Balkon. André fasste dem Assassinen hinterher, doch seine Finger griffen ins Leere und die Bestie landete etliche Meter unter ihm sicher auf dem Asphalt. Hinkend rannte sie die Straße entlang. André befürchtete das Schlimmste, als er sich umwandte und Natalie auf ihrem Bett liegen sah.
Aber die Bestie hatte ihr kein Haar gekrümmt.
Sie musste in einem Schockzustand sein, denn sie zitterte am ganzen Leib. André musste sie von ihren Fesseln befreit haben, denn er nahm ihre Hand und legte sie auf die Matratze.
„Es tut mir leid“, sagte er mit leiser Stimme.
Natalie musterte ihn misstrauisch. Jeden Moment erwartete sie, dass er zu einer in Lumpen gehüllten Bestie mutierte.
„Er ist fort … geflohen.“ André berührte ihre Finger. Sie zuckte zurück.
„Beruhige dich …“, sagte er.
Im Gegensatz zu den Berührungen der Schreckensgestalt fühlte Natalie Wärme und einen pochenden Pulsschlag. Als der
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