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Blutrausch

Blutrausch

Titel: Blutrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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Gemeinschaft. Also, drück mal ein Auge zu und lass den Mann rein.
    – Scheiße. Bestimmt nicht. Ich bin ordnungsgemäß gewählt worden und nehme meine Aufgabe ernst. Es gibt Grenzen. Kein Termin, kein Gespräch. Besonders nicht für so ein Sicherheitsrisiko wie den hier.
    Terry setzt die Brille wieder auf.
    – Grenzen. Oha. Grenzen. Klar, hab ich vergessen. Du und Joe, ihr könnt nicht so gut miteinander. Ihr habt da, na ja, ein paar ungelöste Konflikte. Aber ist schon in Ordnung. Pass mal auf. Warum gehst du nicht los und kontrollierst den Sektor? Nimm Hurley mit.
    – Was?
    – Du weißt schon, zieh los und check mal die Umgebung. Sieh zu, dass alles sicher ist und so.
    – Meine Aufgabe ist...
    – Tom, geh jetzt los und check die gottverdammte Umgebung. Hör auf, dich wie ein Scheißnazi aufzuführen.
    Tom öffnet und schließt den Mund ein paarmal, schaut von mir zu Terry und dann wieder zu mir.
    – Du stehst auf der Liste, Pitt. Und zwar ganz oben.
    Er stürmt die Treppen runter, wobei er nicht vergisst, mich dabei mit der Schulter anzurempeln.
    – Was für ’ne Liste?
    – Leck mich, Schwanzlutscher. Hurley, komm mit.
    – Führst du jetzt Buch, wie oft du dich zum Vollidioten gemacht hast?
    – LECK MICH!
    Er stampft die Straße hinunter. Hurley folgt ihm in angemessener Entfernung.
    Ich wende mich Terry zu.
    – Bist du sicher, dass du die beiden alleine losziehen lassen solltest?
    – Er ist schon in Ordnung, Joe. Er erledigt seinen Job gut. Meistens ist er auch ganz umgänglich, außer, du bist in seiner Nähe. Dann wird er immer ziemlich aufbrausend.
    – Komisch, anders kenn ich ihn gar nicht.
    – Glaubst du, da gibt’s einen Zusammenhang?
    – Hab nicht die leiseste Ahnung.
    Er lächelt.
    – Aha. Na gut. Du wolltest mich sprechen?
    – Ja.
    – Dann komm mal rein. Ich mach mir gerade einen Chai-Tee.
    – So ein Glück.
     
    – Die Sache ist die, Joe. Ich dachte, ich würde dich jetzt öfter sehen. Nach unserem letzten Treffen meinte ich, so etwas wie eine Neuausrichtung unserer Beziehung gespürt zu haben. Etwas von dem Vertrauen, von den positiven Schwingungen, die wir mal miteinander geteilt haben.
    – Wie in den guten alten Zeiten, meinst du?
    Er schnuppert an dem Gebräu aus Zweigen und anderem Unkraut, das er auf dem Herd stehen hat.
    – Ja, die guten alten Zeiten sind wohl endgültig vorbei. Aber ich dachte, wir hätten so etwas wie ein Übereinkommen am Laufen. Etwas, auf das man aufbauen kann. Und dann lässt du dich überhaupt nicht mehr blicken. Warum nicht, Joe?
    – Gute Frage, Terry. Vielleicht, weil ich dich nicht leiden kann?
    Er lacht und schüttet das Gebräu aus dem Topf durch ein Sieb in eine Tasse.
    – Tja, das wäre wohl eine Erklärung. Willst du wirklich keinen Tee? Sehr entspannend und die Basis einer gepflegten Konversation.
    – Ich will keine gepflegte Konversation.
    – Und das, Joe, ist sehr schade. Wirklich schade.
    Mit der Tasse in der Hand durchquert er die armselige Küche und setzt sich auf den Stuhl neben mir.
    – Also, mein Freund. Was gibt’s?
    – Ich brauch einen Job.
    Man kann durchaus sagen, dass Terry mir das Leben gerettet hat.
    Vor über zwanzig Jahren hat er mich auf dem Klo des CBGB gefunden. Ich lag am Boden und war gerade dabei, zu verbluten. Schuld war das Loch in meinem Hals, das mir ein Typ reingebissen hatte, der wirklich von der ganz alten Schule war. Es ist nicht einfach, in aller Öffentlichkeit mal eben so über jemanden herzufallen. Da muss man entweder voll drauf stehen oder kurz vorm Verhungern sein. Auf jeden Fall hat er sich richtig Zeit mit mir gelassen. Ich war aber auch naiv und ziemlich leichte Beute. 1978 lebte ich auf der Straße. Ich war siebzehn, ein echter Punk, immer auf der Suche nach Moneten oder einem Fick. Der Kerl hat mir einen Zwanziger angeboten, wenn er mir einen blasen dürfte. Ein Angebot, über das ich zu jener Zeit nicht lange nachdenken musste. Dann hat mich Terry gefunden, vom Boden aufgekratzt und in ein Versteck der Society gebracht. Nicht in das große Haus, das sie jetzt haben, sondern in eines von den kleinen Löchern, in denen sie sich versteckten, bevor sie ihr Gebiet vollständig unter Kontrolle gebracht hatten. Ich hing mit Terry ein paar Jahre lang ab. Er hat mich sozusagen angelernt und mir gezeigt, wie der Hase läuft.
    Mann, war ich damals noch grün hinter den Ohren.
     
    – Ich will dir jetzt nicht blöd kommen, Joe. Aber wir sind nicht gerade das Arbeitsamt.
    – Ohne Scheiß, Terry?

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