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Blutrausch

Blutrausch

Titel: Blutrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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davon, für wen ich arbeite. Entweder Blut oder Geld. Leider hatte ich schon eine ganze Weile keinen Job mehr. Blut könnte ich schon irgendwo auftreiben. Hier einen halben Liter, da einen halben Liter. Mit dem Geld ist es kniffliger. Angenommen, ich schlage einen Typen nieder, schleife ihn in eine Seitenstraße und zapfe ihn an. Mit einem Liter komme ich leicht davon. Aber seine Brieftasche kann ich vergessen, die ist höchstwahrscheinlich leer. Die Typen mit der dicken Kohle sind die letzten, mit denen ich mich anlegen will. Die würden sofort Zeter und Mordio schreien. Außerdem will ich nicht, dass einer von denen nach dem Aufwachen die Einstichstellen in seinem Arm entdeckt und seinen Arzt fragt, was zum Teufel das wohl sein könnte. Und jemanden auszurauben, ohne ihn anzuzapfen, wäre ziemlich dämlich. Ohne Blut lohnt sich die Mühe nicht. Tja, Geld ist Geld, aber Blut ist Blut.
    Ein echter Raubüberfall kommt nicht infrage. Soll ich mich mit einer Knarre in einen Schnapsladen stellen? Irgendwo einbrechen? Ich würde überall Spuren hinterlassen. Die Cops würden eine Akte anlegen und mich in ihre Datenbank aufnehmen. Ich darf auf keinen Fall auf dem Radar der Cops erscheinen. In einer Gefängniszelle gibt’s keine zugemauerten Fenster. Und bei der Essensausgabe wohl auch kein Blut. Eine Woche, und ich wäre verhungert oder von der Sonne gegrillt.
    Also brauche ich einen anständigen Auftrag. Ein dickes Ding, das sich in beide Richtungen auszahlt, anders als der Kleinscheiß, mit dem ich mich jetzt schon seit einem Jahr mehr schlecht als recht durchschlage. So lange ist die Koalition jetzt schon stocksauer auf mich. Früher habe ich für sie die Drecksarbeit erledigt. Irgendwie war mir nie bewusst, wie sehr ich auf ihre Almosen angewiesen war. Und jetzt ist es für Reue zu spät.
    Zum tausendsten Mal überlege ich, ob ich sie nicht anrufen soll. Ich müsste Dexter Predo nur eingestehen, dass ich einen Fehler gemacht habe. Ich kann alles wieder ausbügeln, Mister Predo, und jawohl, ich tue alles, was Sie wollen. Aber der Griff zum Telefon unterbleibt auch diesmal.
    Scheiß auf diese Arschlöcher.
     
    Ich verlasse meine Bude und spaziere runter zur Avenue A. Am Kiosk an der Ecke kaufe ich mir eine Schachtel Luckies und ein Bier. Ich überquere die Avenue, erspähe eine freie Bank im Tompkins Square Park. Dort trinke ich mein Bier, rauche und lasse mir alles noch mal durch den Kopf gehen. Mein Problem ist, ich brauche einen Job.
    Normalerweise lebe ich von Mundpropaganda. Das Dumme ist nur, dass in letzter Zeit nicht viel über mich geredet wird. Kein anständiger Bürger beauftragt mich, seinen verschollenen, nichtsnutzigen Vater aufzuspüren. Kein Unabhängiger, den ich für einen der kleineren Clans aus ihrem Revier beseitigen darf. Alles, was ich habe, ist ein Rausschmeißerjob im Niagara, und gelegentlich drehe ich für einen Kredithai ein paar Arme um. Drecksarbeit. Beschissene Koalition. Vielleicht hätte ich damals doch nicht so hart mit ihr umspringen sollen. Beiß niemals die Hand, die dich füttert.
    Die Koalition ist die einzige Chance für mich, einen richtig fetten Auftrag an Land zu ziehen. Blöderweise lassen sie es einen immer so richtig spüren, dass man nur Bittsteller ist. Da kann man schon mal aus der Haut fahren, wenn man sich überlegt, dass sie der einzige Clan sind, der die Macht und die Ressourcen besitzt, jemandem regelmäßig ein paar Tausender und literweise Blut zukommen zu lassen. Predo? Der hasst mich. Das passiert, wenn man sich mit dem Geheimdienstchef der Koalition anlegt und seine Pläne nach Strich und Faden durchkreuzt. Er will deinen Kopf. Er legt eine Akte mit geheimen Informationen über dich an.
    Ich trinke mein Bier aus, werfe die leere Dose in einen Mülleimer und stehe auf. Die Koalition ist der einzige Clan, der mich auf Dauer beschäftigen könnte. Aber es gibt schließlich noch andere Clans, und man weiß ja nie, ob die nicht auch ein bisschen Drecksarbeit zu erledigen haben. Ich habe mich lange aus dem ganzen Spiel herausgehalten, aber der eine Liter im Kühlschrank ist Grund genug, in den sauren Apfel zu beißen. Also gehe ich nach Osten in Richtung Avenue C und dem Hauptquartier der Society. Ein verdammt saurer Apfel ist das.
     
    – Hey, Hurley.
    – Joe.
    – In letzter Zeit ein gutes Buch gelesen?
    – Leck mich.
    – Ja, das hat mir auch gefallen.
    Es sieht zwar aus wie ein stinknormales Mietshaus in Alphabet City, ist es aber nicht. Es ist eine Festung.

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