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Blutrausch

Blutrausch

Titel: Blutrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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des Waggons schreit sich ein Mann, der zu klein ist, als dass ich ihn sehen könnte, die Seele aus dem Leib. Offensichtlich wurde er aus seiner Wohnung geworfen und braucht jetzt zehn Dollar und siebenundvierzig Cent, um sich ein billiges Hotel leisten zu können. Ich muss an Terry denken.
    Toms Überfall kann zweierlei bedeuten. Entweder er hat Terry erzählt, dass ich herumschnüffle, und Terry hat die Aktion gegen mich abgesegnet, oder Tom bildet sich ein, als Sicherheitschef auf eigene Faust vorgehen zu können. Wäre schon möglich, dass Terry ihn von der Leine gelassen hat, einfach um zu vertuschen, dass ich im Geheimen für ihn arbeite. Und um seine Pläne, wie auch immer sie aussehen, nicht zu gefährden. Aber wahrscheinlicher ist, dass Tom eigenmächtig gehandelt hat. Nach meinem langen Gespräch mit Terry kapiert vermutlich sogar Tom, dass irgendwas im Busch ist. Und er weiß mit Sicherheit, dass Phil mein Informant Nummer eins ist. Wahrscheinlich war er anfangs gar nicht hinter mir, sondern hinter Phil her. Und nachdem er alles aus ihm herausgeprügelt hat, ist er zum Grafen gegangen.
    Ruckelnd kommt die Bahn an der Haltestelle 34th zum Stehen. Die Pendler, die über die Manhattan Bridge oder durch den Tunnel weiter müssen, steigen aus, und endlich habe ich etwas Luft zum Atmen. Nicht lange natürlich, dann steigen die Arbeiter ein, die von Midtown in die Bronx oder nach Queens fahren.
    Wahrscheinlich brauchte Tom dem Grafen nicht mal zu drohen. Verflucht, der Graf gehört zu seinen Leuten. Tom musste ihn nur fragen, was ich von ihm wollte. Wahrscheinlich bin ich ihnen zu dicht auf den Pelz gerückt. Hab zu schnell zu viel über die Frischlinge herausgefunden, die sich dieses seltsame Vyrus-Zeug spritzen. Danach musste er einfach nur meine Wohnung im Auge behalten. Von dort aus ist er mir dann zur Enklave gefolgt. Die ganze Geschichte scheint diesen Armleuchter reichlich nervös zu machen.
    42nd Street, Times Square. Aus dem Bauch der Waggons quillt eine Heerschar von Arbeitsdrohnen, und ebenso viele steigen auch wieder ein. Die Türen schließen sich. Die Haltestelle 59th Street ist die nächste. Dort bin ich einigermaßen in Sicherheit. Die Linie A fährt über die 59th direkt zur 125th, die schon tief im Hood liegt. Nach der 59th muss jeder Agent der Koalition höllisch aufpassen, keinen Fehler zu machen.
    Ohne Zweifel ist Tom irgendwie in die ganze Sache verstrickt. Andererseits könnte das alles auch von Terry inszeniert sein. Er selbst könnte Tom auf mich gehetzt haben. Vielleicht bin ich zu schnell zu weit vorgedrungen, als ich mit dem Grafen geredet habe. Oder Terry hatte es einfach satt, mich weiterhin auf seinem Gebiet dulden zu müssen, und das Ganze ist der Anfang einer großen Intrige mit dem Ziel, mich ein für alle Mal loszuwerden.
    Ein Duft steigt mir in die Nase.
    Blut.
    Irgendjemand in dem Waggon blutet. Frisches Blut. Kein Menstruationsblut oder eine alte Schnittwunde, die sich wieder geöffnet hat. Nein. Frisches Blut aus einer frischen Wunde.
    Ich sehe nicht auf. Das ist der älteste Trick der Welt, und ich werde mich jetzt bestimmt nicht umschauen. Wahrscheinlich hat irgendjemand Nasenbluten, einem kleinen Kind ist gerade ein Zahn ausgefallen, oder eine alte Dame hat sich zufälligerweise mit der Nagelfeile in den Finger gestochen. Auf jeden Fall blicke ich nicht auf. Könnte nämlich genauso gut sein, dass sich jemand mit einer kleinen Lanzette in die Hand gepikst hat und jetzt aufmerksam beobachtet, ob sich plötzlich jemand umwendet, weil er frisches Blut gewittert hat. Wie gesagt, der älteste Trick der Welt.
    Ich behalte also den Kopf unten und schnüffle die Luft ein. Irgendjemand ist in einen Hundehaufen getreten. Ein Geschäftsmann musste nach seinem vierten Martini zum Lunch kotzen und hat versucht, den Gestank mit einer Handvoll Pfefferminzpastillen zu übertünchen. Ein anderer hat sich gerade einen CD-Player gekauft. Ich rieche das Plastik, als er die Verpackung aufreißt. Shampoo. Die Tinte eines dicken Filzstifts, mit dem ein Jugendlicher seinen Namenszug auf den Fenstern hinterlässt. Eine Frau hatte, kurz bevor sie eingestiegen ist, Sex. Sperma läuft die Innenseite ihrer Unterschenkel herunter. Fußpulver. Tigerbalsam. Ein Schokoriegel. Pommes. Eine Wolke aus Deodorant, als jemand den Reißverschluss seiner Jacke öffnet. Haarspray, Haargel, Pomade, Haarschaum, Haarwachs. Über ein Dutzend verschiedener Parfums, dazu doppelt so viele Cremes und Lotionen. Wenn ich

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